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EB1021____Creepers - David Morell

EB1021____Creepers - David Morell

Titel: EB1021____Creepers - David Morell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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19. Februar 1967.«
    »Unmittelbar nachdem er den Brief erhalten hat.«
    »Februar?«, fragte Vinnie. »Selbst wenn er sich umbringen
    wollte, im Winter reist man eigentlich nicht an die Küste von
    Jersey…«
    »Doch, wenn man vorhat, ins Wasser zu gehen und zu er‐
    frieren, bevor man ertrinken kann.« Rick zeigte auf den Zei‐
    tungsausschnitt. »Der Mann hatte nichts als Hemd und Hose
    an, und seine Leiche war vereist, als die Flut sie angespült
    hat.«
    Wieder fiel Balenger das Kreischen des Windes über ihnen
    auf. »Merkwürdig, zwei Zimmer nebeneinander, und beide
    waren von Selbstmördern bewohnt.«
    »Eigentlich nicht«, sagte Conklin. »Im Lauf der langen Ge‐
    schichte des Paragon haben viele Tausende von Gästen hier
    übernachtet. Alle paar Tage ein neuer Gast in jedem Zimmer.
    Jahrzehnte über Jahrzehnte. Irgendwann muss jedes einzelne
    Zimmer eine tragische Geschichte erlebt haben. Herzinfarkte,
    Fehlgeburten, Schlaganfälle. Tödliche Stürze in der Badewan‐
    ne. Überdosen. Alkoholisierte Amokläufe. Prügelnde Ehe‐
    männer. Vergewaltigungen. Sexuelle Übergriffe. Ehebruch
    und geschäftlicher Verrat. Finanzielle Katastrophen. Selbst‐
    morde. Morde.«
    »Richtig amüsant«, sagte Rick.
    »Eine Miniaturversion der Welt«, sagte Balenger. »Deshalb
    war Carlisle so fasziniert von seinen Gästen.«
    »Ein calvinistischer Gott, der die Verdammten beobachtet –
    er könnte eingreifen, aber er beschließt, es nicht zu tun.« Cora
    rieb sich die Oberarme. »Wenn wir heute Nacht fertig werden
    wollen, sollten wir besser weitergehen.« Rick sammelte die
    Seiten, die er gelesen hatte, wieder ein, heftete alles in dem
    Ordner ab und schob ihn in die Vordertasche seines Ruck‐
    sacks. »Wir müssen den wieder in seinen Aktenschrank stel‐
    len, bevor wir gehen«, sagte der Professor. »Ich wüsste nicht,
    wozu das gut sein sollte«, sagte Vinnie. »Das ganze Hotel ist
    demnächst nur noch ein Schutthaufen.«
    »Aber das ist eine der Regeln«, erinnerte Rick. »Wenn wir
    sie einmal brechen, werden wir irgendwann auch die anderen
    brechen. Dann sind wir nur noch Vandalen.«
    »Schön.« Vinnies Tonfall wurde ausdruckslos. »Wenn wir
    gehen, stellen wir den Ordner zurück.«
    22
    Sie leuchteten ringsum die Umgebung ab, als sie die Galerie
    verließen und weiter die Treppe hinaufstiegen. »Fühlt sich
    stabil an«, sagte Cora. »Aber nach dem, was Vinnie passiert
    ist, sollten wir sicherheitshalber vielleicht besser im Gänse‐
    marsch raufgehen. So üben wir weniger Druck auf die Stufen
    aus.«
    »Fabelhafte Idee.« Bei Cora war der Professor immer schnell
    mit Lob bei der Hand, stellte Balenger fest. »Und wahrschein‐
    lich wäre es auch ganz sinnvoll, wenn wir etwas Abstand zwi‐
    schen uns ließen.« Der Reihe nach stiegen sie weiter in die
    Schatten hinauf.
    Gelegentlich knarrten die Stufen, und Balenger erstarrte,
    aber das Holz hielt, und er kam zu dem Schluss, dass das Ge‐
    räusch auch nicht anders klang als das normale Knarren einer
    beliebigen alten Holztreppe. Der Professor keuchte, als ein
    Vogel auf einem Treppengeländer über ihnen in Panik geriet
    und unvermittelt aufflog, um den Eindringlingen zu entkom‐
    men. Er prallte gegen die Wand und flatterte noch panischer
    zur Seite, kreiste geblendet mit wild schlagenden Flügeln im
    Licht ihrer Stirnlampen. Dann verschwand er den Treppen‐
    schacht hinunter in die Dunkelheit. »Na, das hat die alte Pum‐
    pe in Gang gebracht«, sagte Conklin.
    Balenger drehte sich zu ihm um. »Sind Sie sicher, dass mit
    Ihnen alles in Ordnung ist, Professor?«
    »Hab mich nie besser gefühlt.« Der untersetzte Mann war
    wieder außer Atem. »Es sind nur noch zwei Stockwerke.«
    »Na, fantastisch.«
    Mit hallenden Schritten erreichten sie den fünften Stock.
    »Uh!« Rick fuhr zurück. »Was ist los?«, rief Cora.
    »Das da.« Rick zeigte mit der Hand. »Irgendwas hat mich
    am Kopf berührt.«
    Sie zielten mit den Stirnlampen in das Dunkel über Ricks
    Kopf.
    »Herrgott, das sieht ja aus wie –«
    »Wurzeln«, sagte Vinnie. Ein Gewirr, das aussah wie Seile
    und Schnüre, hing von der Galerie über ihnen. Fäden schienen
    daraus hervorzuwachsen: kleinere Wurzeln.
    »So was hab ich im ganzen Leben noch nicht… Was wächst
    da oben eigentlich?«
    Sie erreichten den Fuß der nächsten Treppe. Rick machte
    den Anfang, dann folgten Cora, Vinnie, Balenger und schließ‐
    lich der Professor, dessen langsameres Tempo es nur natürlich
    machte, dass er

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