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EB1021____Creepers - David Morell

EB1021____Creepers - David Morell

Titel: EB1021____Creepers - David Morell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Morrell
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zurückkehren würde. Danach hatte sie ein Taxi
    zum Bahnhof genommen und eine Fahrkarte nach Baltimore
    gekauft, aber sie war dort niemals angekommen.
    Furchtbar gesprächig, der Ermittler, dachte Balenger. Er
    hatte viel zu viele Informationen preisgegeben. Fragen stellen,
    keine Einzelheiten erwähnen. Lass den anderen die Details
    liefern.
    Im Hotel hatte man keine Ahnung gehabt, was aus Iris ge‐
    worden war, nachdem sie abgereist war; auch das ging aus
    dem Dokument hervor. Einen Monat später war ein Privatde‐
    tektiv aus Baltimore eingetroffen, der die gleichen Fragen ge‐
    stellt hatte. Die Notizen des Angestellten erweckten den Ein‐
    druck, dass er alle Einzelheiten festgehalten hatte, um nach‐
    weisen zu können, dass das Hotel keine Schuld traf.
    Balenger spürte, wie sein Herzschlag schneller wurde bei
    dem plötzlichen Gedanken, dass es vielleicht Carlisle selbst
    gewesen war, der das Dokument verfasst hatte. In der Dun‐
    kelheit, die jenseits des Geländers lastete, konzentrierte er sich
    auf die verblasste, fast purpurfarbene Tinte.
    Der Strahl der Taschenlampe durchleuchtete das brüchige
    gelbe Papier und warf einen Schatten der Schrift auf seine
    Hand. Gab es da einen Hinweis auf das Alter des Schreibers in
    der Schrift, einen Mangel an Präzision in den Buchstaben, der
    vielleicht auf die arthritischen Finger eines Mannes Ende acht‐
    zig hinwies? Vinnie und der Professor kehrten zurück. Wäh‐
    rend Conklin die Plastikflasche in seinem Rucksack verstaute
    und den Reißverschluss schloss, fragte Balenger: »Hat Carlisle
    sein Tagebuch handschriftlich geführt?«
    »Ja. Warum?«
    »Sehen Sie doch mal, ob Ihnen diese Schrift vertraut vor‐
    kommt.« Balenger reichte ihm den Bericht. Das grelle Licht
    ließ Conklin hinter seinen Brillengläsern die Augen zusam‐
    menkneifen. Er sah konzentriert aus. »Ja. Das ist Carlisles
    Handschrift.«
    »Lassen Sie mich mal sehen«, sagte Vinnie. Er betrachtete
    die Schrift, als sei sie ein Rätsel, das er lösen wollte. Dann gab
    er die Blätter an Rick und Cora weiter. »Das gibt einem das
    Gefühl, man wäre ihm ein bisschen näher gekommen«, sagte
    Rick. »Sie haben gesagt, Carlisle wäre eine… wie haben Sie’s
    genannt? – eine eindrucksvolle Erscheinung gewesen. Wegen
    der Steroide und des Trainings. Aber wie war sein Gesicht?
    Seine ganze Art? War er attraktiv oder unscheinbar? Reizend
    oder aufdringlich?«
    »In seinen besten Jahren hat man ihn mit einem Filmstar
    verglichen. Seine Augen hatten die Farbe von Aquamarinen.
    Funkelnd. Charismatisch. Die Leute waren wie hypnotisiert
    von ihm.«
    Rick gab Balenger den Bericht über die vermisste Frau zu‐
    rück und zeigte auf eine vergilbte Zeitungsseite. »Ich hab ei‐
    nen von den Morden gefunden. Der dreizehnjährige Junge,
    der seinen Vater mit einem Baseballschläger erschlagen hat,
    als der Mann geschlafen hat. Er hat zweiundzwanzig Mal zu‐
    geschlagen, hat ihm richtiggehend den Schädel zertrümmert.
    1960 ist das passiert. Der Name des Jungen war Ronald Whi‐
    taker. Es hat sich herausgestellt, dass die Mutter des Jungen tot
    war und der Vater ihn jahrelang sexuell missbraucht hatte.
    Seine Lehrer und die Mitschüler haben ihn als still und ver‐
    schlossen beschrieben. Düster.«
    »Das ist die übliche Beschreibung für Opfer von Sexualver‐
    brechen«, sagte Balenger. »Sie sind in einem Schockzustand.
    Beschämt. Verängstigt. Sie wissen nicht, wem sie trauen kön‐
    nen, also wagen sie es nicht, mit jemandem zu reden, aus
    Angst davor, es könnte ihnen versehentlich herausrutschen,
    was ihnen angetan wird. Der Täter hat meistens damit ge‐
    droht, er würde ihnen etwas Fürchterliches antun – ein Haus‐
    tier töten, den Penis oder eine Brustwarze abschneiden –,
    wenn das Opfer jemandem etwas verrät. Zugleich versucht
    der Täter dem Opfer einzureden, das, was da passiert, wäre
    das Normalste auf der Welt. Irgendwann haben manche Opfer
    das Gefühl, auf irgendeine Art wäre jeder Mensch ein Täter, es
    ginge immer nur darum, andere zu manipulieren, und sie
    könnten sich auf niemanden verlassen.« Rick zeigte auf das
    Dokument. »In diesem Fall hat der Vater Ronald am Wochen‐
    ende des vierten Juli mit nach Asbury Park genommen. Ein so
    genannter Familienausflug. Ein Kinderpsychologe hat mehrere
    Wochen lang versucht, Ronald dazu zu bringen, dass er er‐
    zählt, was als Nächstes passiert ist. Und irgendwann kam alles
    in einem einzigen Wortschwall heraus

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