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Ebbe und Glut

Ebbe und Glut

Titel: Ebbe und Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Burkhardt
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zu dicht neben ihr.
    »Weil so viel Unerledigtes im Raum hängt. Ich meine, diese ganze Blow-Job-Geschichte, und meine idiotische Bemerkung vorhin, und ...«
    »Darüber zerbrichst du dir immer noch den Kopf?« Trotz seiner sichtbaren Müdigkeit strahlte er eine geradezu unverschämte Attraktivität aus. Wie schaffte er das bloß? Wenn Mia erschöpft war, sah sie alt und hässlich aus.
    »Ich habe das längst vergessen, und das solltest du auch.«
    Sie glaubte ihm nicht. Schweigend starrte sie ihn an. Und diesmal war er es tatsächlich, der die Augen zuerst senkte.
    »Also gut«, sagte er leise. »Du hast recht. Das ist alles ein bisschen heikel. Darum habe ich auch gezögert, dir den Job anzubieten. Ich vermische solche Sachen normalerweise nie. Aber nachdem wir uns zufällig wieder über den Weg gelaufen waren, dachte ich, es könnte vielleicht klappen. Zumal ich ja weiß, dass das letzte Jahr finanziell nicht so gut für dich gelaufen ist. Da dachte ich, bevor das Geld jemand kriegt, der schon genug hat, gebe ich es lieber dir.«
    Er räumte die Papiere zusammen. »Überleg ganz in Ruhe. Die Sache eilt nicht.«
    Er stand auf und verzog dabei das Gesicht, als hätte er Schmerzen. Seine Bewegungen waren etwas steif, als er zur Tür ging. Mia war das früher schon manchmal aufgefallen. Eigentlich, überlegte sie, passte das gar nicht zu dem so durchtrainiert wirkenden Arthur. Langsam folgte sie ihm zur Tür. Zum Abschied drückte Arthur ihr eine Visitenkarte in die Hand. Sie nahm das kleine Kärtchen und drehte es behutsam hin und her wie einen Rohdiamenten.
    »So viele Informationen auf einmal habe ich ja noch nie von dir gekriegt. Soll das heißen, dass die Zeiten vorbei sind, in denen totales Frageverbot herrschte?«
    »Es soll heißen, dass ich an einer guten Zusammenarbeit mit dir interessiert bin«, entgegnete Arthur gewohnt souverän. Er reichte ihr die Hand und verabschiedete sie höflich.
    Mia trat auf die Straße hinaus. Die frostige Luft tat ihrem erhitzten Gemüt gut. Es begann zu schneien, als sie langsam durch den Schnee heimwärts stapfte.
     
     

16
     
    Arthur verfluchte sich selbst. Was er auch tat, er richtete nur noch Chaos an. Er verstand das nicht. Früher hatte er sein Leben perfekt im Griff gehabt. Es war doch eigentlich ganz einfach. Arthur verhielt sich seiner Umwelt gegenüber klar und eindeutig, und daher verhielt sich auch alle Welt ihm gegenüber klar und eindeutig. Er begriff nicht, warum das plötzlich nicht mehr funktionierte.
    Natürlich war es ein Riesenfehler, Mia diesen Auftrag anzubieten. Allein in Hamburg gab es eine Million guter Texter, und er musste sich ausgerechnet die Frau aussuchen, mit der die Zusammenarbeit am kompliziertesten war. Dämlicher hätte er sich nicht anstellen können.
    Ständig schmierte Mia ihm neu aufs Brot, was für ein Arschloch er war. Er verstand sie sogar. Aus ihrer Sicht war er ein mieses Schwein, das sich Frauen kaufte und sie nach Belieben wieder fallen ließ. Aus der Nummer kam er nicht mehr raus. Aber statt mal ein paar Dinge klarzustellen, wich er Mia immer wieder aus. Er wusste einfach nicht, was er sagen sollte. »Ich brauchte das damals so dringend, und du warst die Beste, keine Frau hat mich so geil befriedigt.« Oder doch lieber so: »Du warst seit langem der erste Mensch, den ich länger als fünf Minuten in meiner Nähe aushalten konnte. Das werde ich nie vergessen.«
    Nun, inzwischen hatte er seine sexuellen Obsessionen besser im Griff und steckte seine frei werdende Energie lieber wieder in Arbeit. Das war auf eine andere Art befriedigend. Vor allem aber nahm es deutlich mehr Zeit in Anspruch und hielt ihn vom Nachdenken ab.
     
    Mia nahm den Auftrag zu seiner Verwunderung an.
    »Das wird aber teuer«, sagte sie, und er nickte ergeben. Er hatte nichts anderes erwartet.
    Der Betrag im Angebot machte ihn dann allerdings doch sprachlos. Mias Kalkulation war maßlos und unverschämt. Aber Arthur schluckte seinen Ärger hinunter und verstand das Projekt als eine Art Wiedergutmachung. Er versuchte nicht, Mias Honorar auch nur um einen Cent zu drücken.
    Dafür lieferte sie eine professionelle, sehr gute Arbeit ab. Aber auch das hatte er nicht anders erwartet. Sie war eine Perfektionistin, genau wie er, das wusste er von Anfang an. Was er von Ulrich Hampel und seinem Team über Mia hörte, bestätigte seine Einschätzung nur. Zumindest in dieser Hinsicht hatte Arthurs Menschenkenntnis nicht versagt.
    Der Auftrag war eine schnelle Sache. Mia

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