Ebbe und Glut
einmal war Mias Stimme nicht mehr leise und nervös, sondern sehr klar. »Mir scheint, du verfügst über zu viel freie Zeit, um dir so viel Mist auszudenken.«
Sie hatte recht. Verdammt noch mal, und wie sie recht hatte! Ihm sank der Mut. Eben noch dachte er, dass er sie rumkriegen würde, aber nun entglitt sie ihm. Warum konnte er sie auch nicht wie jeder normale Mensch einfach ins Kino einladen?
»Zufällig habe ich aber mittlerweile Erfahrung mit deinen schrägen Inszenierungen.«
Er zuckte innerlich zusammen. Wie gut sie ihn durchschaute.
»Und«, fuhr sie überraschend freundlich fort, »ganz zufällig habe ich am nächsten Samstag viel Zeit, mit der ich nichts anzufangen weiß. Ich erwarte dann also ein umwerfendes Zweihundert-Euro-Geschenk und noch eine Menge anderer Dinge. Und sag jetzt ja nicht, dass du am Samstag schon ein anderes Date hast.«
»Nein, nein, keine Sorge. Samstag ist perfekt.«
Als er auflegte, war er erleichtert – und überwältigt.
Das Spiel gewann an Fahrt.
Mia war sehr nervös, als sie am Samstag vor Arthurs Tür stand. Heute würde sie sich endlich mit ihm hemmungslos durch die Laken wälzen. Seltsam. Warum maß sie dem so große Bedeutung bei?
Etwas war in den vergangenen Wochen passiert. Arthur hatte sich verändert, das war deutlich. Er trug zwar immer noch seine ganzen widerlichen Statussymbole demonstrativ zur Schau und war immer noch weit davon entfernt, ein herzlicher Mensch zu sein. Aber er war längst nicht mehr so kalt und leblos wie noch vor einem Jahr. Und er strahlte eine sexuelle Energie aus, die beängstigend war. Musste Mia trotzdem gleich mit ihm ins Bett gehen?
»Ich habe dir doch gesagt, dass er scharf auf dich ist«, sagte Annika, als Mia ihr von ihrem bevorstehenden Date berichtete.
»Ach, weißt du«, sagte Mia wegwerfend, »er strahlt so etwas aus, dass man meinen könnte, er sei auf jede Frau scharf. Er … Himmel, ich hätte nie gedacht, dass ich so was mal sagen würde, aber er sieht wahnsinnig sexy in seinen Anzügen aus. Das ist so unglaublich männlich.«
»Er ist nicht nur scharf auf dich. Du bist auch scharf auf ihn. Das ist alles«, bemerkte Annika, unbeeindruckt von Mias Schilderungen. »Ich habe dir schon vor Monaten gesagt, dass du ihn dir schnappen sollst. Komm schon, ein bisschen unverbindlicher Sex wird dir gut tun. Das hilft dir, endlich über Frank hinweg zu kommen.«
Annika hatte recht. Es würde Mia gut tun, sich auf ein unverbindliches Abenteuer einzulassen. Sie holte tief Luft und klingelte. So oft hatte sie schon vor dieser Tür gestanden. Aber noch nie war sie so angespannt gewesen.
Arthur begrüßte sie zu ihrer Überraschung mit einem Kuss auf die Wange. Das fing gut an. Sehr gut sogar. Aufgeregt folgte sie ihm ins Wohnzimmer. Statt eines eleganten Anzugs trug Arthur eine modisch geschnittene Jeans und ein schwarzes, langärmliges Shirt, unter dem sich sein durchtrainierter Oberkörper abzeichnete. Mia fand, dass er umwerfend aussah.
Er reichte ihr ein Glas Champagner. »Ich hoffe, du hast ein bisschen Zeit mitgebracht. Wir haben ein umfangreiches Programm abzuarbeiten.«
»Aha. Und womit fangen wir an?«
Arthur ließ sich Zeit mit seiner Antwort und trank erst mal Champagner, während er zusah, wie vor dem Fenster dichtes Schneetreiben einsetzte. »Ladies first, würde ich sagen.«
Mia runzelte die Stirn. Was sollte das nun wieder bedeuten?
»Ich sagte ja schon, dass wir ein umfangreiches Programm haben«, fuhr Arthur fort. Der kalte Banker war verschwunden. An seine Stelle trat ein frecher Junge, der Verführungen liebte und schelmisch grinste. »Zur Erinnerung - mein Programmteil lautet: Ich kriege Sex und du eine Geschichte. Dein Programmteil heißt: Du kriegst Sex und ein Geschenk.«
Mia musste auf einmal lachen. Was war dieser Arthur doch für ein verrückter Kerl. »Na dann«, sagte sie fröhlich, »her mit dem Zweihundert-Euro-Geschenk.«
Arthur grinste breit. »Du willst es wirklich haben?«
»Ja, klar. Darum bin ich hier.«
»Okay. Dann starten wir, und zwar in der Küche.«
Neugierig folgte Mia ihm die Stufen hinauf zur Küche. Er hatte auf seinem Esstisch Teller und Schälchen mit Fingerfood aufgereiht.
»Vielleicht magst du eine Kleinigkeit essen. Später gibt es noch mehr, aber ich dachte, voller Bauch … ähm …« Er zögerte.
»Vögelt nicht gern?«, half Mia übermütig weiter und erwiderte sein freches Grinsen.
»Genau.«
Sie sahen sich an und lachten beide gleichzeitig. Die
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