Echo des Blutes: Thriller (German Edition)
umher, aber sie sah nichts.
Jessica stellte das Funkgerät auf Lautlos, überquerte den Hof hinter dem Haus und stieg die hintere Veranda hoch.
Die Schiebetür aus Glas war geschlossen. Jessica lief die Stufen hinunter und um das Haus herum zum Ostflügel. Sie versuchte, die Fenster zu öffnen, doch sie waren alle fest verschlossen.
Jessica hatte keine andere Wahl. Sie suchte im Garten einen schweren Stein, stellte sich auf die Klimaanlage und zerschlug das Fenster des Badezimmers im Erdgeschoss.
Nachdem sie das Badezimmer betreten hatte, rubbelte sie sich mit einem Handtuch durchs Haar und trocknete sich das Gesicht ab. Sie öffnete die Tür. Vor ihr lag ein langer Flur, der zu einer großen Eingangshalle und der Haustür führte. Sie verließ das Badezimmer und ging langsam den Gang hinunter. Linker Hand war der Eingang zu einer kleinen Vorratskammer, dahinter befand sich die Küche.
Irgendwo im Haus spielte leise Musik.
In den meisten Zimmern brannten Kerzen, Dutzende von Kerzen, die ein mattes gelbes Licht in die großen Räume warfen.
Vorsichtig schlich Jessica den Flur entlang. Die toten Vorfahren auf den großen Ölgemälden an den Wänden verfolgten sie mit den Blicken. In dem schummerigen Kerzenlicht nahmen Gegenstände Gestalt an und verblassten wieder – ab und zu ein Sideboard, ein Beistelltisch, ein Schrank. Alles konnte Gefahren bergen. Jessica zog die Waffe und drückte sie an die Hüfte.
Sie näherte sich einem Zimmer, dessen Tür angelehnt war und in dem Dunkelheit herrschte. Jessica pirschte sich an die Tür heran und stieß sie leise mit dem Fuß auf.
In dem Kerzenlicht, das ins Zimmer fiel, erkannte sie ein paar Umrisse. Zwei Bücherschränke, eine Nähmaschine, ein Stuhl und zwei Türen. Jessica fehlte die Zeit, sie zu überprüfen. Sie musste das Risiko eingehen.
Im Schutz der Wand ging sie weiter. Schweiß rann ihr über Schultern und Rücken.
Ehe Jessica um die Ecke bog und – wie sie vermutete – die Eingangshalle betreten würde, blieb sie stehen und lauschte auf jedes Geräusch. Die Musik spielte noch. Es war ein Streichquartett. Sie hörte auch die Stimme einer Frau, die die Melodie summte.
Jessica holte tief Luft, rollte sich bis zur Ecke und richtete die Waffe in den Raum.
Jemand stand am Fuß der großen Treppe, keine fünf Meter von ihr entfernt. Es dauerte einen Moment, bis Jessicas Augen sich an das trübe Licht gewöhnt hatten.
Kevin Byrne.
Er stand unten an der Treppe und sah in dem dunklen Anzug und dem weißen Hemd mit der burgunderroten Krawatte großartig aus. Über ihm hing ein gewaltiger Kristallleuchter. Jessica schaute auf Byrnes Hände. Er hielt eine weiße Rose in der Hand.
Nicht, Kevin.
Bitte nicht.
Als Jessica etwas sagen wollte, hob sie auch den Blick und sah Christa-Marie oben an der Treppe stehen. Sie trug ein langes schwarzes Kleid und eine Perlenkette. Ihr seidiges Haar schimmerte silbern. Sie sah bezaubernd aus. Während ihre schmale Hand über das Geländer glitt, stieg sie langsam die Treppe hinunter und wandte den Blick nicht von dem Mann ab, der unten stand.
Als Christa-Marie die letzte Stufe erreichte, blieb sie stehen. Kevin Byrne reichte ihr die Rose.
93.
Es gibt eine Schönheit, die so selten und so flüchtig ist, dass sie die Dichter seit Jahrhunderten in tiefe Verwirrung gestürzt hat. Byron, Shakespeare, Keats, Wordsworth – sie alle haben versagt. Diese Schönheit haftet Christa-Marie an. Von der ersten Sekunde an, als ich sie sah, gehörte ihr mein Herz. Sie nahm es mit rund um die Welt und dann in die tiefsten Abgründe der Hölle.
Ich habe nie etwas dafür verlangt.
Ich habe immer gewusst, dass wir diesen letzten Moment, wenn unsere Herzen wieder vereint sind, gemeinsam erleben werden.
94.
Christa-Marie und Byrne standen sich gegenüber.
Wie hypnotisiert beobachtete Jessica dieses Bild, als Byrne Christa-Marie die Hand reichte und sie in die Mitte der großen Halle unter den prunkvollen Kronleuchter führte.
Ein neues Lied setzte ein, ein Walzer. Sie tanzten.
Kevin Byrne und Christa-Marie Schönburg drehten sich zur Musik der Streichinstrumente mit harmonischen, fließenden Bewegungen, als hätten sie schon ihr ganzes Leben miteinander getanzt. Nach dem Tanz nahm Byrne Christa-Marie in die Arme und küsste sie.
Es war eine so surreale und unerwartete Szene, dass Jessica den Atem anhielt, doch sie fasste sich schnell wieder. Sie hatte einen Job zu erledigen.
Als sie den Mund öffnete, um etwas zu sagen, flog die
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