Echo des Blutes: Thriller (German Edition)
schüttelte den Kopf. Der Officer tippte gegen den Schirm seiner Dienstmütze, worauf die acht Polizisten hintereinander das Haus verließen.
Als die Streifenwagen die Auffahrt hinunterfuhren, schlüpfte Michael Drummond in seinen Mantel. Er warf Jessica einen Blick zu, sagte aber nichts. Wortlos ging er durch die Tür und schloss sie hinter sich.
Im Haus herrschte Stille.
Jessica war allein.
97.
Lucy stellte die Petroleumlampe auf die Werkbank und schaute sich in dem kleinen, fensterlosen Raum um. Das einzige Fenster war vor langer Zeit zugemauert worden. Überall hingen Spinnweben, und alles war von Staub bedeckt. Mäuse huschten an der Mauer entlang.
Peggy.
Lucy schloss die Augen und versuchte, alles zu verdrängen.
Ihr Blick wanderte zu dem Türknauf, auf dem ebenfalls eine dicke Staubschicht lag. Sie nahm einen alten Lappen und säuberte ihn. Es handelte sich um einen dieser altmodischen Türknäufe aus weißem Porzellan, die in eine gusseiserne Platte eingelassen waren. Lucy tastete über den Hals des Knaufs, bis sie die Schraube fand. Dann richtete sie den Schraubenzieher hinter dem Knauf auf die Schraube und drehte sie vorsichtig. Ein paar Sekunden später fiel sie heraus. Behutsam zog sie den Knauf ab und hielt den Vierkant fest. Lucy musste aufpassen, dass der Knauf auf der anderen Seite nicht auf den Boden krachte. Anschließend begann sie, die Metallplatte abzuschrauben. Vier Schrauben. Im matten Licht der Petroleumlampe sahen die vier Schrauben in der Platte stark abgenutzt aus. Sie hatte nur einen Versuch.
Lucy schaute auf die Spitze des Schraubenziehers, die durch den jahrelangen Gebrauch rund geworden war. Sie steckte ihn in den Schlitz, wendete ihre ganze Kraft auf und achtete darauf, den Schraubenzieher senkrecht zur Tür zu halten.
Lucy atmete tief ein und begann, die Schraube zu drehen, doch sie lockerte sich nicht. Sie trat zurück und versuchte es erneut. Jetzt spürte sie, dass der Schraubenzieher griff.
Die Schraube drehte sich. Nicht viel, aber sie drehte sich.
Ja, dachte Lucy.
Ein Schloss war auch nur eine Vorrichtung mit beweglichen Teilen, nicht wahr? Wenn es sich um bewegliche Teile handelte, kam Lucy Doucette damit zurecht.
Sie machte sich an die Arbeit.
98.
Im Haus herrschte eine so absolute, bedrückende Stille, wie sie in einem kleinen Raum niemals möglich wäre. Nur der Regen, der ab und zu an die riesigen Fenster in dem großen Zimmer prasselte, störte die Stille, und hin und wieder schlug ein Zweig gegen die Dachrinne.
Jessica hatte den größten Teil ihres Lebens in zu kleinen Häusern gelebt, wo schon ein Wandschrank oder ein winziger Raum, die für zusätzlichen Platz sorgten, ein großer Segen waren. Leute, die in Philadelphia in Reihenhäusern wohnten, kannten dieses Problem nur allzu gut. Aber dieses Anwesen mit den hohen Decken, den breiten Türen und den riesigen Räumen war zu groß. Jessica konnte sich nicht vorstellen, in einem so herrschaftlichen Haus zu wohnen, obwohl die Wahrscheinlichkeit, dass das jemals geschah, nicht nur gegen null tendierte, sondern de facto bei null lag.
Jessica hatte es eilig, ins Roundhouse zurückzukehren. Als sie einen Blick aus dem Fenster warf, klingelte ihr Handy. Sie zuckte zusammen und hoffte, Josh würde sie informieren, dass er sich auf den Weg gemacht hatte. Es war nicht Josh, sondern eine ihr unbekannte Nummer. Jessica meldete sich.
»Hallo?«
»Eigentlich wollte ich Detective Byrne sprechen.«
Es war die Stimme eines Mannes.
»Mit wem spreche ich?«, fragte Jessica.
»Mein Name ist Robert Cole. Ich versuche, Kevin Byrne zu erreichen. Er hat mir zur Sicherheit diese Nummer gegeben.«
»Ich bin seine Partnerin, Detective Balzano. Kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen?«
»Ich habe diese Untersuchung für ihn durchgeführt.«
»Welche Untersuchung?«
»Er bat mich, für ihn am Dienstweg vorbei einen DNA-Test durchzuführen. Es geht um einen ungelösten Fall.«
»Verzeihung, bei welcher Behörde arbeiten Sie?«
Cole erklärte ihr, dass er ein privates, unabhängiges Labor betrieb und dass er diese Untersuchung für Byrne inoffiziell durchgeführt hatte. Es handle sich um den zwanzig Jahre zurückliegenden Mord an Gabriel Thorne, fügte er hinzu.
»Welche Unterlagen liegen Ihnen vor?«, fragte Jessica.
»Ich habe Kopien der ganzen Akte.«
»Auch die Tatortfotos?«
»Ja.«
»Könnten Sie mir die Ergebnisse des DNA-Tests und die Tatortfotos mailen?«
»Klar«, sagte Cole. »Die Fotos kann ich Ihnen
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