Echo des Blutes: Thriller (German Edition)
vor«, sagte er. »Haben Sie auch mal am Hafen gearbeitet?«
»Mein Vater«, erwiderte Byrne. »Fünfunddreißig Jahre.«
Der Alte schnippte mit den Fingern. »Paddy Byrne.«
Byrne nickte.
»Sie sehen genauso aus wie er.« Er drehte sich zu seinem Kumpel um. »Kanntest du Paddy?«
Der Mann mit dem Anglerhut schüttelte den Kopf.
»Dieser Typ war eine Legende am Pier 96.« Er wandte sich wieder Byrne zu. »Wie geht es ihm?«
»Gut«, sagte Byrne. »Danke der Nachfrage.«
»Und warum sind Sie nicht in seine Fußstapfen getreten und haben sich eine ehrenwerte Arbeit gesucht?«
»Der Hafen ist mir zu gefährlich«, erklärte Byrne ihm. »Mit Kleinkriminellen gebe ich mich nicht ab.«
Der Strickjackenmann lachte. »Ja. Sie sind Paddys Sohn.«
»Was können Sie mir noch über das andere Opfer sagen?«, fragte Jessica, um das Gespräch wieder auf ihr Thema zurückzulenken.
Beide Männer zuckten mit den Schultern. »Nicht viel, nur dass es eine Frau war«, sagte der eine. »Das Haus war viele Jahre verschlossen. Selbst der Besitzer konnte es nicht betreten. Er hat gesagt, er hätte Angst vor Geistern. Er hat es an einen Mann aus Pittsburgh verkauft, der es wieder an jemand anderen weiterverkauft hat.«
Jessica schaute sich um. »Welches Viertel ist das hier?«
»Einige sagen Queen Village, aber die haben keine Ahnung.«
»Und was sagen Sie? «
»Wir sagen Pennsport, weil hier Pennsport ist . Wir sind südlich von Washington , verdammt.«
»Hat ein Detective mit Ihnen über den Fall von 2002 gesprochen?«
»Nur mit mir«, erwiderte der Strickjackenmann.
»Erinnern Sie sich an den Namen des Detectives?«
Der Mann schüttelte den Kopf.
»Er erinnert sich nicht einmal an die Namen seiner Kinder«, warf sein Kumpel ein. »Und er hat nur vier.«
»Kannten Sie das Opfer?«
»Nein. Ich hab aber gehört, es soll ein ganz steiler Zahn gewesen sein. Eine Schande ist das.«
Sich die Informationen zu beschaffen war kein Problem, aber vermutlich waren sie nicht relevant. Jessica bedankte sich bei den beiden Männern, schrieb sich ihre Namen, Adressen und Telefonnummern auf und gab ihnen ihre Karte mit der Bitte, sie anzurufen, falls ihnen noch etwas einfiel.
»Sie können jederzeit zu uns kommen«, sagte der Alte mit dem Anglerhut. »Wir haben immer Zeit, mit hübschen jungen Mädchen zu sprechen.«
Jessica lächelte. Hübsche junge Mädchen. Okay, sie würde gleich morgen wiederkommen.
Jessica und Byrne kehrten ins Roundhouse zurück, verglichen ihre Zeugenaussagen und hefteten sie in die Akte. Während sie auf den vorläufigen Bericht des Rechtsmediziners und auf die Ergebnisse der Spurensicherung warteten, wandten sie sich anderen wichtigen Dingen zu.
Beide Detectives arbeiteten noch an anderen Fällen. Die Ermittlungen waren ins Stocken geraten, und für einen Detective gab es kein schlimmeres Gefühl als die Angst, dass ihm ein Fall entglitt. Byrne telefonierte mit vier Zeugen, die er für die Verhandlung vor der Grand Jury im Robles-Fall brauchte, damit es mit der Sache irgendwie weiterging. Währenddessen suchte Jessica ein paar Adressen heraus und glich die Zeugenaussagen in einem anderen Fall ab.
Vor zwei Wochen hatten sie am Schauplatz eines Mordes im Drogenmilieu eine Waffe sichergestellt. Die Waffe konnte zu einer Frau namens Patricia Lentz, einer bekannten Drogenabhängigen und Prostituierten, zurückverfolgt werden.
Die Wohnung dieser Frau lag in der Neunzehnten Straße in der Nähe der Cecil B. Moore Avenue. Als Jessica und Byrne eintrafen, stand die Tür offen, der Fernseher lief mit voller Lautstärke, und auf dem Herd kochte etwas. Stinkender Rauch vernebelte das Erdgeschoss, in dem es aussah wie auf einer Müllhalde: verdreckte Matratzen, kaputte Möbel, leere Crackröhrchen und leere Schnapsflaschen.
Patricia Lentz lag im Keller bewusstlos unter einem Berg Kleidung. Zuerst befürchtete Jessica schon, sie hätte das Zeitliche gesegnet, doch die Frau war nur besinnungslos. Nachdem die Sanitäter sie wiederbelebt hatten, wurde sie ohne weiteren Zwischenfall in Gewahrsam genommen.
Während die Streifenbeamten die benommene Frau ins Roundhouse brachten, durchsuchten Byrne und Jessica die Wohnung. Jessica kannte den Schnitt dieser Reihenhäuser und wusste, dass im ersten Stock zwei Zimmer waren. Sie stieg die Treppe hinauf und schaute in das kleine Schlafzimmer und das Bad. Als sie das zweite Zimmer betrat, fiel ihr Blick sofort auf den großen Wandschrank. Vorsichtig öffnete sie die
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