Echo des Zorns (German Edition)
sich, knipste die Lampe aus und wandte den Kopf dann wieder ihr zu. »Du bist nicht die Einzige mit Albträumen.«
Er verstand es.
Max zog sie noch näher an sich. »Schlaf.«
Nein, er verstand es nicht, aber – wollte sie wirklich allein sein? War sie nicht in die Gaststätte gegangen, um jemanden zu finden? Um die warme Haut eines anderen zu spüren? Um sich zu vergewissern, dass jemand sie begehrte? Dass jemand sie nicht als gestrandetes Wrack wahrnahm?
Der Mond schien ins Zimmer und badete sie in seinem Licht. Sam drehte den Kopf zur Seite, damit Max ihr Gesicht nicht sehen konnte.
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und genoss seine Liebkosung. Gott, es fühlte sich doch beinahe so an, als sei sie in Sicherheit.
Sicher in den Armen eines Fremden.
Sie hatte augenscheinlich nicht mehr alle Tassen im Schrank.
***
Als er das Haus am Ende der Sycamore Lane betrat, schlug ihm der Geruch der Reinigungsmittel entgegen.
Er hatte die Hütte persönlich Zentimeter für Zentimeter gereinigt, um sicher sein zu können, dass es auch richtig gemacht war. Was er in die Hand nahm, erledigte er sorgfältig, und das hier war sehr wichtig.
Im Schlafzimmer wartete der Stuhl auf seinen nächsten Einsatz. Er war das einzige Möbelstück in dem 2,5 x 3 Meter großen Raum. Das Eichenholz blinkte jetzt, aber davor war es mit roten Flecken übersät gewesen. Auch auf den Holzboden war Blut getropft.
Jeremy Briar war nicht leicht gestorben. Er hatte ihm die Kehle aufgeschlitzt, nicht so tief, dass er die Halsschlagader verletzt hätte, aber tief genug, um den Idioten am Schreien zu hindern. Nicht weil er Angst gehabt hätte, jemand würde Jeremy hören. Nicht hier. Ihm waren einfach die Schreie und das Betteln auf die Nerven gegangen.
Durch Betteln ließ er sich nicht erweichen.
Nur Geld hielt ihn auf. Jeremys Vater hätte nur zahlen müssen …
Dann wäre es ihm erspart geblieben, die Überreste seines Sohnes von seiner Auffahrt zu kratzen.
Von draußen drang ein sanftes, schnurrendes Motorengeräusch an sein Ohr. Er sah zum Fenster hinaus. Gerade rechtzeitig.
Er wandte sich von dem Stuhl ab. Lange würde er nicht leer bleiben.
Sobald die Presse über Jeremys trauriges Schicksal berichtet hatte, würde er sich ein neues Opfer suchen, und diesmal würden die Eltern zahlen. Niemand würde es mehr wagen, ihn nicht ernst zu nehmen.
Er ging den Flur entlang und öffnete die Haustür. Im Osten wurde der Himmel gerade hell.
Seine Partnerin kam auf klappernden Absätzen auf ihn zugeeilt. Ihr Atem kondensierte in der kalten Luft. »Ich glaube, ich weiß, wen wir uns als Nächstes schnappen.«
Er lächelte. »Nein, ich habe schon jemanden.« Es war an der Zeit, das Ganze eine Nummer größer aufzuziehen.
Er hatte das nächste Opfer bereits im Visier. Eigentlich hatte er alle Opfer schon vor Monaten ausgewählt. Er hatte jeden Schritt geplant, und nichts würde ihn aufhalten. Nicht, bis die Liste abgearbeitet war und er bekommen hatte, was ihm zustand.
Die Schweine würden entweder zahlen oder bluten.
3
»Ich brauche Geld.«
Der gleichmäßige Schlag dröhnender Hämmer erfüllte die Luft rund um Max. Elektrische Sägen durchschnitten Metall, Funken stoben in die Luft. Es dauerte einen Moment, bis die Forderung bei all dem Lärm zu ihm durchdrang, doch dann schob Max seinen Schutzhelm in den Nacken, wischte sich den Schweiß aus den Augen und blinzelte überrascht. »Quinlan? Scheiße, was machst du denn hier?«
Sein Stiefbruder hatte sich noch nie für Max’ Baufirma interessiert. Soweit Max das beurteilen konnte, machte er sich nicht gern die Finger dreckig. Schicke Partys waren schon eher sein Ding.
Für Max dagegen gab es quasi nichts anderes als Baustellen. Seit über einem Jahrzehnt waren sie sein Leben. Schon lange bevor seine Mutter sich mit ihrem dann doch nicht so märchenhaften Prinzen zusammengetan hatte, war er seinen Weg gegangen und hatte rund um die Uhr gearbeitet, um mit seiner Baufirma Erfolg zu haben.
Quinlan zog den Kopf ein und betrat den Raum, der einmal eine Luxusküche werden sollte, und zwar sehr bald, jedenfalls, wenn es Max gelang, das noch fehlende Material rechtzeitig aufzutreiben.
»Du hast mich schon verstanden, Mann.« Quinlan sah sich um und musterte nervös die Bauarbeiter, aber die nahmen kaum Notiz von ihm. »Ich brauche Geld.«
Es war nicht das erste Mal, dass Quinlan deswegen zu ihm kam. »Wie viel?« Seine Baufirma hatte sich im Laufe der Jahre trotz der
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