Echo des Zorns (German Edition)
»Er soll Quinlan ans Telefon holen.« Fast unhörbar bewegte sie die Lippen. Unter ihren Augen lagen dunkle Ringe.
»Wie viel, glauben Sie, ist Ihr Bruder wert?«, fuhr die beißende Stimme fort.
Sam sah ihn durchdringend an. Max holte tief Luft, und statt einer Antwort sagte er brüsk: »Holen Sie meinen Bruder ans Telefon.«
Der Kidnapper lachte verächtlich. »Quinlan kann gerade nicht gut reden.«
»Verdammt – lebt er überhaupt noch?« Wie lange hatten sie Briar gefangen gehalten, bevor sie angefangen hatten, an ihm herumzuschnippeln?
»Quinlan lebt, und wenn Sie wollen, dass das so bleibt, haben Sie bis um zehn Uhr fünf Millionen Dollar bereit.«
»Wie bitte? Wie soll ich in so kurzer Zeit so viel Geld …«
»Ich weiß, dass Sie das nicht können, aber der Alte wird irgendwann seine fetten Äuglein öffnen, und der schafft das.«
Fünf Millionen. »Wir zahlen, dann bekommen wir Quinlan zurück? So soll es laufen?«
»Sie zahlen.« Der Mann hatte aufgehört zu lachen, seine Stimme war wieder ein beißendes Flüstern. »Wenn Sie nicht versuchen, mich auszutricksen, ja, dann kriegen Sie ihn zurück – sogar halbwegs unversehrt.«
»Ich will einen Beweis«, blieb Max hartnäckig, obwohl sein Herz wie verrückt hämmerte. »Ehe ich etwas unternehme, will ich einen Beweis. Ich will einen …«
Klick.
***
»… Beweis«, flüsterte er und warf das Handy in den nächstbesten Mülleimer. Immer wollten sie Beweise. Leise schnaufend eilte er zurück zu seinem Wagen. Als er die Tür öffnete, fiel sein Blick auf die dunklen Handschuhe, die er trug.
Beweis.
Er schmunzelte.
Er wusste, was für ein Beweisstück er diesem bescheuerten Ridgeway zukommen lassen würde. Genau die Sorte Beweis, die der Mann wollte.
***
»Anrufrückverfolgung«, sagte Sam. Max sah sie konsterniert an. »Wähl Stern 69«, befahl sie. »Dann zeigt es dir seine Nummer an.«
Max tat, wie ihm geheißen. »Unbekannte Nummer.«
»Vielleicht hat er die Nummer unterdrückt«, antwortete Sam und wandte sich ab. »Aber ich vermute, er hat von einem Wegwerfhandy aus angerufen.«
Max runzelte die Stirn. In seinen Schläfen hämmerte es. Überrascht blickte er sie an. Ihre Schultern waren gestrafft, ihr Schritt schnell und entschlossen, und die Art, wie sie sprach …
»Das Gespräch hat nur zweiundvierzig Sekunden gedauert«, fuhr Sam mit einem Blick auf die Uhr fort. »Er achtet genau auf die Zeit, damit man ihn nicht …«
»Wo ist … Quin?«, fragte Frank lallend. Er war endlich wach.
Max beugte sich über ihn. »Er ist nicht da. Er ist …«
Aber Franks Blick galt nicht ihm. Er war auf Samantha gerichtet. »K… Katie? I… ist … das …«
Max ballte die Fäuste. »Nein.«
»Er fragt immer nach ihr, wenn er aufwacht«, sagte Donnelley und zuckte die Achseln. »Lassen Sie ihm etwas Zeit, es dauert einen Augenblick, bis er ganz da ist, und dann können Sie ihm erzählen, dass …«
Dass sein einziger Sohn verschwunden war und vielleicht bald sterben würde.
Max schüttelte den Kopf. Fünf Millionen Dollar . »Beth, komm. Wir müssen die Bank anrufen.« Sie war Franks Assistentin, also musste sie auch Kontovollmacht haben.
»Das kann nicht dein Ernst sein«, widersprach Beth. »Wir müssen die Polizei anrufen. Das können wir nicht allein regeln! Wir brauchen die Polizei. Sie wird Quinlan finden.«
Aber nur seine Leiche . »Wir rufen niemanden an«, sagte Max und sah einen nach dem anderen eindringlich an, sogar Frank, der die Augen kaum offen halten konnte. »Niemanden, klar?«
Beth war das schwache Glied. Sie zitterte und machte einen völlig verängstigten Eindruck. Er würde sie im Auge behalten müssen. »Das hier kommt nicht in die Zeitung, denn wenn das passiert, sehen wir Quinlan nicht lebend wieder.«
»Sie glauben denen?«, fragte Donnelley skeptisch. »Sind Sie sicher, dass das nicht nur eine Finte ist?« Seine grünen Augen waren unbeirrt, doch die Falten in seinem Gesicht schienen sich in den letzten Minuten tiefer eingegraben zu haben.
»Sie müssen dir einen Beweis zukommen lassen.« Sam hatte die Hände in die Hüften gestemmt. »Wenn sie nicht beweisen können, dass er …«
»Sie waren im Core. Sie sahen uns, und dann haben sie Quinlan entführt.« Diese Entführung war nicht fingiert. Da war er völlig sicher.
Sam schüttelte den Kopf. »Du weißt nicht, was passiert ist, nachdem sie die Bar verlassen haben.« Sie schwieg einen Augenblick, dann fuhr sie fort: »Dein Bruder könnte versucht haben,
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