Echo des Zorns (German Edition)
da wusste ich, was er vorhatte.« Sie sprach jetzt so leise, dass er sie kaum noch verstand. »Ich habe nur nicht gedacht … dass er mich so oft wiederbeleben würde.«
Er musste sich verhört haben und schüttelte ungläubig den Kopf. Sie konnte unmöglich meinen …
»Nachdem er mich das fünfte Mal in diesem See ertränkt und mich dann wiederbelebt hatte – sein Mund auf meinen Lippen, sein Atem in meinen Lungen –, habe ich aufgehört mitzuzählen. Ich habe ihn nur noch angefleht, mich sterben zu lassen.«
Er zog sie an sich und nahm sie fest in die Arme. Nein. Großer Gott, nein!
»Weißt du, wie es ist, wenn man ertrinkt?« Sie flüsterte immer noch, aber weniger zu ihm als vor sich hin.
»Nein«, stieß er aus und umarmte sie noch fester. Er legte ihr die Hände um den Kopf und spürte, wie sie ihren Körper, diesen weichen, warmen, lebendigen Körper, an ihn presste.
»Die meisten glauben, Ertrinken sei ein schneller und leichter Tod, aber das stimmt nicht. Jede Sekunde kommt einem endlos vor, dein Hals macht dicht, deine Lunge brennt, und du willst nichts als atmen.« Die Worte sprudelten jetzt nur so aus ihr heraus, lebhafter und klarer. »Deine Schläfen platzen, die Schmerzen rollen über dich hinweg wie Wellen, wie das Wasser, und dann … gehst du unter. Dein Körper gehorcht dir nicht mehr. Du kannst nicht mehr um dich treten oder schlagen, du gehst unter, das Wasser wird dunkler und …«
»Sam!« Er schüttelte sie, dass ihr Kopf nach hinten flog. Sie blinzelte ein paarmal, dann kam sie augenscheinlich wieder zu Sinnen.
Sie presste die Lippen aufeinander, und erst nach einer Weile sprach sie weiter: »Beim zweiten Mal ist es auch nicht leichter. Oder beim dritten oder …«
Tränen strömten ihr übers Gesicht, und er bedeckte ihre Wangen mit Küssen und schmeckte die salzige Flüssigkeit.
»Du hast es überlebt.«
»Nein.«
Er hob den Kopf und blickte ihr in die Augen, die wie geheimnisvolle Seen schimmerten.
»An dem Tag starb ich, und egal, was ich in den Monaten danach auch tat, ich konnte nicht mehr zurück. Ich konnte nicht leben.« Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich hatte die Kontrolle über mein Leben verloren. Ich hatte pausenlos Angst und wollte ausbrechen. Ich wollte tun, als sei ich eine ganz normale FBI -Agentin.«
Er erinnerte sich an eine schöne Frau, die in eine rauchgeschwängerte Bar trat. Kurzer Rock, lange Beine und ein Lächeln, das jede Sünde wert gewesen wäre. Aber in ihren Augen hatte Angst gefunkelt.
Damals hatte sie nur Sex gewollt. Keine Vergangenheit, keine Zukunft, nur sie beide in der Finsternis.
Nach nur wenigen Stunden hatte sie ihn verlassen. Sie war fortgegangen, aber sie war zurückgekommen und hatte ihn auf dieser Party wiedergefunden … und danach war die Welt um sie herum zum Teufel gegangen.
»Ich hatte nie vor, mit dir etwas Längeres anzufangen«, gab sie zu und wiederholte förmlich seine Gedanken. »Ich habe das Ganze als Chance betrachtet, die Kontrolle über mich wiederzuerlangen und mir zu beweisen, dass ich mehr als nur eine beschädigte Puppe bin.«
Eine Frau, die sich nahm, was sie wollte.
Langsam schüttelte sie den Kopf. Die Tränen auf ihren Wangen waren getrocknet. »Aber ich brauchte dich. Nur einmal, aber ich brauchte dich, und dann musste ich dich wiederfinden.«
Er ließ sie nicht los. Er wollte nicht. »Gut«, sagte er schlicht, »denn wenn du nicht zurückgekommen wärst, hätte ich dich gesucht.«
Ihr Gesichtsausdruck schien sich etwas aufzuhellen. »All die anderen haben mich angesehen, als rechneten sie jede Sekunde mit einem Kollaps, mit meinem Versagen.« Sie sah ihm in die Augen. »Du hast mich in dieser Bar gemustert und einfach eine Frau gesehen.«
Eine Frau, die er mehr begehrte als alles andere auf der Welt. »Diese Frau sehe ich auch jetzt.« Nein, das stimmte nicht. Nein, er sah, dass sie stark war. So viel stärker, als ihm klar gewesen war.
»Ich muss meinen Job erledigen, Max.« Sie hob den Kopf. »Ich muss demonstrieren, dass ich meine Arbeit bewältigen kann, egal, was auf mich zukommt.«
Warum klang das wie eine Warnung?
»Meine Arbeit hat mich zu dir geführt. Sie hat mich in diese Bar geführt.« Sie lächelte gezwungen. »Aber das hatte ich nicht erwartet. Ich hatte nicht mit Problemen gerechnet, sondern gedacht …«
… niemand würde es erfahren. Sie sprach den Satz nicht zu Ende, dennoch standen die Worte zwischen ihnen. »Dann war plötzlich der Teufel los«,
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