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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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um zu sehen, wer da war. Drüben an der Bar sah sie Phil Parhatka mit hochgezogenen Schultern vor einem Bier und einer Tüte Chips stehen. Sie drängte sich durch die Menge und zog einen Barhocker heran.
     
    »Ich nehme ’n Bacardi Breezer«, sagte sie und stieß ihn in die Rippen.
    Phil raffte sich auf, machte den geplagten Barkeeper auf sich aufmerksam und bestellte, dann lehnte er sich gegen die Theke.
    Phil war immer besser drauf, wenn er in Gesellschaft war statt allein, dachte Karen. Niemand entsprach weniger als er dem Fernseh-Klischee des einzelgängerischen, einsamen Polizisten, der allein die Probleme der Welt löst. Er war nicht das, was man eine Stimmungskanone nennt, sondern er war einfach gern mit anderen zusammen. Und es machte ihr nichts aus, ihm diese Menge zu ersetzen. Wenn sie sich so gegenüberstanden, würde er vielleicht sogar bemerken, dass sie eine Frau war. Karen ergriff ihr Glas, sobald es kam, und nahm einen kräftigen Schluck. »Das ist schon besser«, keuchte sie. »Das hab ich wirklich gebraucht.«
    »Arbeit, die durstig macht, all die Kartons mit Beweisstücken durchsuchen. Ich hatte nicht erwartet, dich heute Abend hier zu sehen, ich dachte, du würdest direkt nach Hause gehen.«
    »Nein, ich musste noch mal ins Büro und ein paar Sachen auf dem Computer überprüfen. Das iss ’n Elend, aber so geht’s eben.«
    Sie trank noch einmal und lehnte sich verschwörerisch zu ihrem Kollegen hinüber. »Und du wirst nie erraten, wen ich beim Herumschnüffeln in meinen Akten erwischt hab.«
    »Lawson«, sagte Phil, ohne auch nur so zu tun, als habe er es erraten müssen.
    Karen setzte sich abrupt zurück, etwas verärgert. »Wieso wusstest du das?«
    »Wer sonst macht sich ’n Dreck draus, was wir tun? Außerdem hat er dich, seit diese Wiederaufnahme läuft, viel mehr gedrängelt als sonst jemanden. Er scheint es persönlich zu nehmen.«
    »Na ja, er war der erste Polizist am Fundort.«
    »Ja, aber er war ja nur bei der Streife damals. War ja nicht sein Fall oder so was.« Er schob die Chips in Karens Richtung und trank sein erstes Bier aus.
    »Ich weiß. Aber ich nehme an, er hat das Gefühl, mit diesem Fall mehr verbunden zu sein als mit den anderen. Trotzdem war es komisch, reinzukommen und ihn über meinen Akten sitzen zu sehen. Gewöhnlich ist er um diese Zeit schon lange weg. Ich dachte, er würde vor Schreck umfallen, als ich ihn ansprach. Er war so vertieft, als ich reinkam, dass er mich nicht hörte.«
    Phil holte sich noch ein Bier und nahm einen Schluck. »Er ist vor kurzem bei ihrem Bruder gewesen, oder? Hat ihm doch von dem Malheur mit den Beweisstücken erzählt?«
    Karen schüttelte ihre Finger, womit sie ausdrückte, dass sie um eine unangenehme Pflicht herumgekommen war. »Ich kann dir sagen, mir war es mehr als recht, dass er das übernommen hat. Das wäre kein Gespräch gewesen, das ich gern geführt hätte. ›Hallo, Sir. Leider haben wir die Beweisstücke verloren, die endlich den Mörder Ihrer Schwester hätten überführen können. Na ja, so was passiert eben mal.‹« Sie zog eine Grimasse. »Also, wie kommst du voran?«
    Phil zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht. Ich dachte, ich hätte was, aber jetzt sieht es auch wieder wie eine Sackgasse aus. Außerdem quatscht mir jetzt noch der hiesige Parlamentsabgeordnete von wegen Menschenrechten dazwischen. Es ist einfach eine Schinderei, diese Arbeit.«
    »Hast du einen Verdächtigen?«
    »Drei. Aber keinen richtigen Beweis. Ich warte immer noch auf die DNA-Ergebnisse vom Labor. Das ist meine einzige wirkliche Chance, weiterzukommen. Und du? Wer, glaubst du, hat Rosie Duff umgebracht?«
    Karen breitete die Hände aus. »Ich würde auf einen der vier tippen.«
    »Du glaubst also wirklich, dass es einer der Studenten war, die sie gefunden haben?«
     
    Karen nickte. »Alle Indizien weisen darauf hin. Und außerdem gibt es da noch etwas.« Sie hielt inne und wartete auf ein Stichwort.
    »Also gut, Sherlock. Lass hören. Was denn noch?«
    »Die Psychologie. Egal, ob es sich um einen Ritual-oder einen Sexualmord handelt, die Psychologen sagen, dass solche Morde nicht als Einzelfall begangen werden. Man müsste davon ausgehen, dass es vorher schon ein paar Versuche gab.«
    »Wie bei Peter Sutcliffe?«
    »Genau. Er ist nicht über Nacht zum Yorkshire Ripper geworden. Und das bringt mich gleich zum nächsten Punkt.
    Sexualverbrecher sind ein bisschen wie meine Oma. Sie wiederholen sich.«
    Phil stöhnte. »Ach, sehr

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