Echo gluecklicher Tage - Roman
Neuigkeit berichtet hatte. Er flüsterte, dass es das Letzte sei, was sie jetzt gebrauchen konnten, aber er war diplomatisch genug, ihrer Mutter nicht zu zeigen, wie er darüber dachte.
Jetzt, wo sie allein waren und er Zeit gehabt hatte, darüber nachzudenken, reagierte er etwas weniger hart. »Ich kann nicht behaupten, dass mir der Gedanke an ein plärrendes Balg im Haus gefällt«, gestand er. »Aber zumindest erklärt es, was mit Mama los war. Ich dachte schon, sie endet in der Klapsmühle.«
»Es muss sehr beängstigend für sie gewesen sein«, sagte Beth. »Vor allem, weil ihre eigene Mutter sie ohne Mann bekommen haben muss, denn sonst hätte sie sie nicht ausgesetzt. Dieses Haus, in dem sie aufwuchs, lag direkt neben einem Armenhaus. Ich nehme an, sie hatte Angst, dass sie dort endet.«
»Das werde ich nicht zulassen«, erklärte Sam entschlossen. »Aber es nimmt uns jeden Freiraum.«
»Wie meinst du das?«, fragte Beth.
Er schürzte die Lippen und runzelte die Stirn. »Pa hat uns nicht viel hinterlassen, und das meiste davon ist für die Beerdigung und unseren Lebensunterhalt draufgegangen, bis ich Arbeit hatte. Unser Lohn reicht gerade aus, um uns durchzubringen. Aber ich hatte gehofft, dass Mama irgendwann wieder heiraten würde und dass wir dann beide frei wären.«
Beth konnte sich nicht vorstellen, dass ihre Mutter noch einmal heiraten würde, und sagte das auch.
»Na ja, dann fang besser an zu hoffen, dass sie es tut«, erwiderte er mit einem Anflug von Sarkasmus. »Wenn du einen Mann triffst, der dich heiraten möchte, dann wird er nicht auch noch deine Mutter und ihr Baby bei sich aufnehmen wollen. Und ich hatte auch nicht geplant, für immer hierzubleiben. Ich will die Welt sehen.«
Beth wollte mit ihm schimpfen, weil er so selbstsüchtig war, aber sie konnte nicht, weil sie wusste, dass er sie nicht wirklich im Stich lassen würde. »Wir sollten uns jetzt noch keine Sorgen um die Zukunft machen«, schlug sie vor. »Irgendetwas ergibt sich, du wirst sehen.«
Es war ein langer, heißer Sommer – die Milch wurde schon mittags sauer, Plumpsklos und Abwassergräben stanken zum Himmel, die Blätter an den Bäumen hingen schlaff herunter und waren mit Staub überzogen. Auch nach Sonnenuntergang kam die Stadt nicht zur Ruhe, denn es war so warm, dass die Leute nicht schlafen konnten. Babys schrien, Hunde bellten, Kinder spielten bis tief in die Nacht auf den Straßen, und vor den Wirtshäusern krakeelten mehr Betrunkene herum als sonst.
Beth hielt die Tage in Hooley’s Strumpfwarenladen nur unter großen Mühen durch. Gegen Mittag schien die Sonne voll auf die Fenster, und drinnen stieg die Temperatur auf über dreißig Grad. Die Kunden waren gereizt und oft unhöflich, während sie Schublade nach Schublade mit Socken und Strumpfhosen für sie aufzog. Beth musste sich oft auf die Zunge beißen, um nicht patzig zu werden. In ihrem hochgeschlossenen schwarzen Kleid mit dem Petticoat darunter schwitzte sie furchtbar, ihre Füße schwollen an und schmerzten, und sie fragte sich oft, warum sie früher geglaubt hatte, es wäre wunderbar, woanders zu arbeiten.
Sam ging es bei der Arbeit besser, denn das Gehilfenbüro lag zum Meer hinaus, sodass bei weit geöffneten Fenstern eine kühle Brise hereinwehte. Aber weil er einen steifen Stehkragen und ein Jackett tragen musste, schlief er in der Hitze oft ein oder blickte sehnsüchtig zu den Schiffen draußen auf dem Meer und wünschte sich, auf einem von ihnen zu sein.
Aber ihre Mutter litt noch mehr. Sie hatte keinen Appetit, fühlte sich in der Hitze ganz schwach, und ihre Knöchel und Beine waren mittags so geschwollen, dass sie nicht laufen konnte. Es beunruhigte Beth, wie dünn und ausgemergelt ihr Gesicht inzwischen war, doch ihr Bauch schien jeden Tag zu wachsen.
Ende September war das heiße Wetter endlich vorbei, und es regnete zwei Wochen ohne Unterlass. Nachts konnte man wieder schlafen, die Straßen wurden sauber gewaschen, und ihre Mutter aß wieder etwas mehr.
Alice hatte sich bei Mrs Craven für ihre Unfreundlichkeit entschuldigt, und die Nachbarin war nett genug, jeden Tag vorbeizukommen und ihr bei den schwereren Hausarbeiten zu helfen. Zusammen hatten die beiden eine Kiste mit alter Babykleidung von Sam und Beth vom Dachboden geholt, und eine andere Nachbarin lieh ihnen eine Wiege.
Der Winter begann erst Ende November, doch als er dann kam, brachte er heftigen Wind und bittere Kälte mit. In der zweiten Dezemberwoche fing es an zu
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