Echo gluecklicher Tage - Roman
flüsterte er.
Frank Jasper war ein riesiger, bulliger Mann mit einer Glatze, einem dicken Nacken, einer breiten Nase und pockennarbiger Haut. Er sah aus wie ein Mann, der sich auf die harte Tour nach oben gearbeitet hatte, aber sein eleganter Abendanzug zeugte von seinem Erfolg.
»Das ist also unsere kleine Geigenspielerin«, sagte er zu Theo, nachdem er Beth gemustert hatte. »Ich hoffe sehr, dass sie so gut ist, wie du behauptest, sonst werfen die Leute sie dem Bären vor.«
Beth hatte damals noch keine Ahnung, dass Frank die Angewohnheit hatte, den Bären, nach dem sein Saloon benannt war, als Witz zu benutzen. Sie glaubte, er wollte damit sagen, dass die Gäste hier sehr schwer zufriedenzustellen waren, und zitterte wie Espenlaub. Die Größe des Saloons bereitete ihr ebenfalls Sorgen – sie war nicht sicher, ob man sie über den Lärm von ein paar Hundert Gästen überhaupt hören würde.
Die Männer ließen sie für die letzten nervenaufreibenden zwanzig Minuten in Franks Büro allein. Frank hatte ihr nicht gesagt, wie lange sie spielen sollte oder was für Nummern, und während sie wartete, beschloss sie, dass sie lieber wieder Wäschemagd sein wollte, als diese Art von Panik zu durchleiden. Sie überlegte gerade, ob es irgendwo eine Hintertür gab, durch die sie verschwinden konnte, als Jack hereinkam, um sie zu holen.
»Ich habe zu viel Angst«, gestand sie. »Ich werde nicht eine Note spielen können.«
Sogar er sah fremd aus mit seiner gestreiften Barkeeper-Schürze und der Fliege, und der Lärm, der aus dem Saloon drang, wurde mit jeder Minute lauter.
Jack legte ihr den Arm um die Schultern. »Du schaffst das schon, Beth, du bist da oben nicht allein, Frank hat einen Kontrabassspieler und einen Pianisten für dich engagiert.«
»Hat er?« Beth fühlte sich sofort sicherer. »Aber warum hat er mir das nicht gesagt?«
»Vielleicht wollte er sehen, ob du die Nerven verlierst«, erwiderte Jack mit einem Grinsen. »Du gehst jetzt da rein und zeigst ihnen, was du draufhast.«
Beth schlüpfte aus ihrem Mantel und nahm die Geige und den Bogen vom Tisch, wo sie beides hingelegt hatte. »Ich bin bereit.«
Als Jack die Tür zur Bar öffnete, hörte sie jemanden eine Glocke läuten, um für Ruhe zu sorgen.
Dann sprach Frank, begrüßte die Gäste im Bear, und Jack hielt Beth zurück, bedeutete ihr, dass sie warten solle, bis sie vorgestellt wurde. »Die meisten von euch kennen bereits Herb am Klavier und natürlich Fred am Kontrabass«, sagte Frank. »Aber einige von euch haben gesagt, dass sie auch jemanden auf der Bühne sehen wollen, der gut aussieht. Also spielt heute Abend, zum ersten Mal in Philadelphia, ein lebendes englisches Püppchen für uns. Ich habe gehört, dass sie in New York ›Gypsy‹ genannt wurde, weil sie mit ihrer Geige alle Füße wippen lässt. Ein Applaus für Miss Beth Bolton!«
»Geh«, sagte Jack und gab ihr einen Schubs in Richtung Bühnenstufen.
Wieder Applaus zu hören war wie ein großer Schluck Rum, und Beth rannte die Stufen hinauf und verbeugte sich vor dem Publikum, dann wandte sie sich schnell an den Pianisten, einen älteren Mann mit einem traurigen Gesicht. »›Kitty O’Neill’s Champion‹?«, fragte sie.
»Sicher«, antwortete der Mann mit einem Lächeln und nickte dann dem Kontrabassspieler zu.
Die beiden Musiker spielten eine Einleitung, und Beth lächelte das Publikum an, während sie sich die Geige fest unter das Kinn klemmte und den Bogen hob. Die Angst war jetzt weg, sie stand wieder auf der Bühne, wo sie hingehörte, und spielte einen ihrer irisch-amerikanischen Lieblings-Folksongs. Sie würde von jetzt an Miss Frech sein und das Herz jedes Mannes im Saloon erobern.
Frank nahm die Zigarre aus dem Mund und beugte sich zu Theo über den Tisch. »Diesmal hast du mir keinen Bären aufgebunden – sie ist heiß.«
Theo nickte und lächelte. Seine Brust war vor Stolz geschwellt, denn Beth war nicht nur heiß, sie setzte die ganze Hütte in Flammen. Er hatte Angst gehabt, dass sie nach der Tortur im Keller ihr Feuer verloren haben könnte, aber sie spielte sogar noch besser als im Heaney’s.
Frank und er saßen an einem Tisch auf dem Podest an der Seite des Saloons und hatten eine exzellente Sicht auf die Bühne. Beth wirkte dort sehr klein, wie eine scharlachrote Flamme in ihrem roten Kleid. Sie hatte die Menge schon mit »Kitty O’Neill« erobert, aber dann hatte sie »Tom Dooley«, »Days of ’49« und »The Irish ’69« gespielt, alles Lieder,
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