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Echo gluecklicher Tage - Roman

Echo gluecklicher Tage - Roman

Titel: Echo gluecklicher Tage - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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bedeuteten hier nichts. Männer bändelten mit Tänzerinnen an, eine Frau konnte ohne männliche Begleitung in einen Saloon gehen und trinken, und selbst die Huren wurden respektvoll behandelt. Man konnte hier alles sein, was man wollte; woher man kam, spielte keine Rolle. Diejenigen, die reich geworden waren, halfen denen, die nichts hatten. Es war fast, als würden die Leute in dem Moment, in dem sie das Schiff verließen, ihre alte Haut abstreifen und in eine neue, bequemere schlüpfen.
    Doch im Moment passte Beth das gut. Wenn sie Geige spielte, konnte sie all das vergessen, was sie verloren hatte, und dass sie kein wirkliches Zuhause hatte.
    Die tiefe Traurigkeit in ihrem Innern schien ihrer Musik eine neue Dimension zu geben, und sie hatte festgestellt, dass sie sie benutzte, um mit den Emotionen ihrer Zuhörer zu spielen. Wenn eine ihrer Melodien sie an ihre verflossenen Liebhaber, an ihre Mütter oder ihre Kinder erinnerte, dann warfen sie Geld in den Hut. Beth hatte nicht das Gefühl, dass sie irgendjemanden ausbeutete; schließlich gab sie all das Geld, das sie verdiente, weiter, an die Frau, die das Brot backte, an den Jungen, der Eier verkaufte, und das Paar aus Idaho, das ein Restaurant führte. Es würde sie auch eines Tages zurück zu Molly bringen.
    Am späten Nachmittag des 3. Juli war Beth in der Front Street und sah zu, wie Jack und ein paar von ihm engagierte Männer die Fassade ihres Saloons bauten. Das Tempo, mit dem Jack sich an die Arbeit gemacht hatte, war erstaunlich. Innerhalb einer Woche stand der Rohbau des Saloons; am Ende der zweiten war das Dach gedeckt, und er verlegte die Böden im ersten Stock. Die langen Tage und die Anzahl der Männer, die Arbeit suchten, halfen ihm dabei. Jetzt war das Gebäude fast fertig, hatte oben drei Zimmer, unten einen großen Raum für den Saloon sowie eine Küche und Lagerräume im hinteren Teil des Hauses.
    »Das sieht gut aus, Jack«, rief Beth ihm zu. »Aber morgen arbeitest du doch nicht, oder? Dann ist Unabhängigkeitstag.«
    Obwohl Dawson City in Kanada lag, gab es eine große Feier mit Tanz, gebratenen Schweinen und Feuerwerk, weil die meisten Einwohner aus Amerika kamen. Beth hatte sich eine gute Schneiderin gesucht und sich aus der pinkfarbenen Seide, die sie über den Pass mitgebracht hatte, ein neues Kleid nähen lassen.
    Jack hörte auf zu arbeiten und grinste sie an. »Ich schätze, ein freier Tag wird mich nicht umbringen! Hast du Theo heute schon gesehen? Ich könnte Hilfe gebrauchen.«
    »Er ist zur Post gegangen«, rief Beth zurück. »Du weißt doch, wie es dort ist.«
    Die Zustellung der Post war ein großes Problem in Dawson. Sie wurde auf vielen Booten hin und her transportiert, aber oft aus Versehen nach Juneau, Haines oder in eine der kleinen Städte an der Inner Passage gebracht. Bei den vielen tausend Leuten, die hier lebten, waren die Schlangen vor der Post oft so lang, dass es Tage dauern konnte, das Ende zu erreichen, und die meisten wurden enttäuscht, denn es gab keine Briefe für sie. Beth hatte sich noch nie in die Schlange gestellt, denn die einzigen Leute, die ihr schrieben, waren die Langworthys, und selbst wenn der Brief mit ihrer wahrscheinlichen Ankunft in Dawson, den sie vom Lake Lindemann aus geschickt hatte, schon angekommen war, konnte es Monate oder noch länger dauern, bis die Antwort sie erreichte.
    Sie hatte noch einen Brief geschrieben, als sie hier angekommen waren, in dem sie von Sams Tod berichtete, aber der würde noch immer auf einem Dampfer auf dem Weg nach Seattle sein.
    Theo jedoch hatte sich in die lange Schlange gestellt, um seiner Familie ein Telegramm zu schicken und sie wissen zu lassen, wo er war. Lachend hatte er erklärt, dass sich sein Vater und sein älterer Bruder nicht dafür interessieren würden, aber seine Mutter und seine jüngeren Schwestern schon. Beth glaubte allerdings eher, dass er es eigentlich tat, um damit angeben zu können, wie gut es ihm ging, denn er wusste, dass es sich bei seinen alten Freunden herumsprechen würde.
    »Wenn du ihn siehst, dann sag ihm, ich brauche ihn«, sagte Jack. »Er ist ein fauler Hund und nur in der Nähe, wenn es ihm gerade passt.«
    Beth kommentierte das nicht. Theo half nicht genug mit, aber das hatte er ja nie getan. Er schien zu glauben, dass sein Teil der Arbeit mit dem Gewinn des Grundstücks und dem Geld, das er Jack für Holz und andere Materialien gegeben hatte, abgegolten war. Jack musste sich um alles kümmern, vom Bau des Saloons bis

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