Echo gluecklicher Tage - Roman
Holzkiste neben der Spüle saß und auf einer Brotkruste kaute, als Mr Filbert, der Mann, der den Schuhladen unten führte, zu ihr hinaufrief.
»Miss Bolton, ein junger Mann hat gerade einen Brief für Sie abgegeben!«
»Ich komme sofort«, rief sie zurück, wusch sich die Hände und trocknete sie an ihrer Schürze ab. Sie war sicher, dass der Brief eine Absage enthalten würde, aber zumindest waren Mrs Langworthy oder ihre Haushälterin höflich genug, ihr dies schriftlich mitzuteilen.
»Keine schlechten Nachrichten, hoffe ich?«, sagte Mr Filbert, während Beth im Türrahmen zu seinem Laden stand und zu begreifen versuchte, was in dem Brief stand, den sie gerade geöffnet hatte. »Nein«, sagte Beth und blickte mit einem breiten Lächeln zu ihm auf. »Ganz im Gegenteil.« Sie konnte es kaum erwarten, dass Sam nach Hause kam, um ihm die guten Neuigkeiten zu berichten. Mrs Langworthy wollte, dass sie gleich morgen anfing. Sie schlug vor, dass Beth zwei Fünf-Stunden-Tage arbeiten sollte, weil es dann einfacher für sie sein würde, jemanden zu finden, der sich um das Baby kümmerte. Und sie sollte dafür zehn ganze Schillinge als Lohn erhalten! Beth hatte nur sieben Schillinge und ein Sixpence für eine ganze Woche Arbeit im Strumpfwarenladen bekommen.
»Unser Glück hat sich endlich gewendet, Sam«, rief sie überschwänglich, als ihr Bruder durch die Tür kam. Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht, und er umarmte sie.
»Mrs Bruce muss deinem Charme erlegen sein«, sagte er, als sie ihm erzählte, dass sie ihrer Meinung nach viel zu viel geredet hatte. »Ich hoffe nur, dass Mrs Craven es nicht leid wird, auf Molly aufzupassen.«
»Sie sagte, sie würde es gerne machen«, erwiderte Beth. »Molly macht ja auch nicht viel Arbeit, und ich gebe ihr einen Schilling pro Tag.«
Alles, was Beth über die Oberschicht wusste, war das, was ihre Mutter ihr von ihren Erfahrungen als Küchenmädchen erzählt hatte, aber ihr wurde schon am ersten Tag bei den Langworthys klar, dass deren Haushalt höchst ungewöhnlich war.
Sie kam wie bestellt um acht Uhr, und Mrs Bruce bot ihr in der Küche in der unteren Etage eine Tasse Tee und eine Scheibe Toast an. »Mit leerem Magen kannst du nicht arbeiten«, sagte sie, »und ich bin ziemlich sicher, dass du ohne Frühstück hergelaufen bist. Jetzt warten wir, bis Mr Edward – das ist der junge Mr Langworthy – ins Büro gegangen ist, und dann bringe ich dich rauf zur Herrin.«
Zwanzig Minuten später stand Beth im Esszimmer im Erdgeschoss, wo Mrs Langworthy gerade frühstückte. Es lag im hinteren Teil des Hauses mit Blick auf den Garten, neben dem Zimmer der Haushälterin, wo Mrs Bruce am Tag zuvor mit ihr gesprochen hatte.
Beth war überrascht von Mrs Langworthy. Sie hatte eine Frau mittleren Alters mit grauen Haaren erwartet, keine relativ junge Frau mit flammend rotem Haar, strahlend grünen Augen und einem so freundlichen Lächeln.
»Willkommen, Beth«, sagte sie, erhob sich vom Tisch und streckte ihr die Hand entgegen. »Es tut mir leid, dass ich gestern nicht hier war, als du kamst, aber Mrs Bruce hat mir alles über dich und deine Lebensumstände erzählt. Dein kürzlicher Verlust tut mir so leid, und ich hoffe, dass es deiner kleinen Schwester nichts ausmacht, dich mit mir zu teilen.«
Beth war so verblüfft über diese unerwartet herzliche Begrüßung, dass sie ausnahmsweise sprachlos war. Sie schüttelte ihrer neuen Arbeitgeberin die Hand und blickte Mrs Bruce an, weil sie nicht wusste, was sie jetzt tun sollte.
»Molly ist bei einer Nachbarin, die sie gut kennt«, erklärte Mrs Bruce.
»Dann bin ich sicher, dass es ihr dort gut geht«, sagte Mrs Langworthy. »Mrs Bruce zeigt dir alles und sagt dir, was heute erledigt werden muss. Ich muss mich jetzt um meinen Schwiegervater kümmern, aber wir sehen uns später am Vormittag noch.«
Eine kleine schlanke dunkelhaarige Irin um die zwanzig machte das Bett in Mrs Langworthys Schlafzimmer, das nach vorne zum Falkner Square hinaus lag. Mrs Bruce stellte sie als Kathleen vor und erklärte Beth, als sie den Raum verlassen hatten, dass Kathleen im Haus wohne und ein Zimmer im obersten Stock habe. »Sie ist das Hausmädchen – sie putzt und zündet die Kamine an. Wir haben eine Köchin, die täglich ins Haus kommt – die lernst du später noch kennen –, und dann bin da noch ich selbst. Es gibt nur wenig Personal, aber die Langworthys führen auch kein großes Haus, und außerdem kümmert sich Mrs Langworthy um
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