Echo gluecklicher Tage - Roman
gewagt, weil sie so schrecklich stanken. Sie fragte sich, wie Krankenschwestern Tag für Tag mit so etwas fertig wurden und ob sie sich wohl jemals daran gewöhnen und es ihr nichts mehr ausmachen würde.
Aber sie hatte sich selbst auf dem Nachhauseweg gesagt, dass der schreckliche Teil nur höchstens zwanzig Minuten dauerte. Die restlichen vier Stunden und vierzig Minuten waren mit angenehmen Pflichten angefüllt. Es machte ihr nichts aus, die sauberen Laken auszuwringen und durch die Mangel zu drehen. Sie im Hof zum Trocknen aufzuhängen war toll. Und sie hatte die letzte Stunde damit verbracht, Mr Edwards Socken zu stopfen, und dabei in der Küche gesessen und sich mit Mrs Cray, der Köchin, und Kathleen, dem leise sprechenden irischen Hausmädchen, unterhalten. Außerdem hatte sie eine dicke Scheibe Fleischpastete für das Abendessen dabei, und Mrs Cray hatte ihr auch noch ein bisschen Gebäck für zu Hause eingepackt.
»Mit der Zeit gewöhnt man sich an alles«, sagte Mrs Craven philosophisch. »Und ich liebe es, Molly bei mir zu haben, also ist es gut für uns beide.«
Mrs Craven hatte recht. Beth stellte fest, dass sie sich daran gewöhnte, die Windeln zu waschen. Oder vielleicht war es auch nur so, dass die guten Dinge der Arbeitsstelle die schlechten bei Weitem überwogen. Es war schön, zwei Mal in der Woche rauszukommen, mit anderen Leuten zu reden und zu wissen, dass sie Sam dabei half, über die Runden zu kommen.
Mr Edward sah sie fast nie. Er war meistens schon ins Büro gegangen, wenn sie kam, aber bei den wenigen Malen, wo sie sich begegneten, fand sie ihn sehr sympathisch. Er war groß und schlank, mit schütterem sandfarbenen Haar und einem militärisch aussehenden Schnurrbart, und er war mindestens zehn Jahre älter als seine Frau. Er wirkte auf Beth wie ein gebildeter, ruhiger Mann, der das Leben sehr ernst nahm.
Mrs Langworthy war das genaue Gegenteil. Sie war so freundlich und fröhlich, und sie fand immer Zeit, zu Beth zu kommen und ein bisschen mit ihr zu plaudern. Sie liebte es, von Molly zu hören, und es war klar, dass sie sich selbst ein Kind wünschte. Sie beherrschte die wundervolle Kunst, die Position der Hausherrin einzunehmen und doch mit denen mitzufühlen, die für sie arbeiteten. Beth verstand, warum Mrs Bruce ihr so ergeben war, und sie beschloss, dass sie sich, falls sie eines Tages auch mal Diener haben sollte, diese großartige Frau zum Vorbild nehmen würde.
Es schien, als hätte Beths und Sams Glück sich endlich gewendet, denn nur eine Woche später fanden sie zwei neue Untermieter, Ernest und Peter, beides respektable junge Männer, die für eine Versicherung arbeiteten und Freunde waren.
Sam fand es besser für Beth, dass die beiden Untermieter die Zimmer im oberen Stock bekamen, deshalb zog er runter in die Stube. Vom ersten Abend an erwiesen sich die jungen Männer als ideale Mieter, höflich, ordentlich und rücksichtsvoll gegenüber Beth und Molly.
Sie waren beide leidenschaftliche Radfahrer und unternahmen jeden Sonntag mit einem Fahrradclub Ausflüge aufs Land. Sie aßen, was immer Beth ihnen vorsetzte, sie waren dankbar dafür, dass sie ihre Wäsche wusch, und keiner von beiden trank. Sam genoss ihre Gesellschaft, und abends spielten die vier oft zusammen Karten. Manchmal baten sie Beth, für sie Geige zu spielen, und dann klatschten und stampften sie mit den Füßen auf, um sie zu begleiten. Das waren die besten Abende von allen, weil die Musik Beth für ein paar Stunden alle Sorgen vergessen ließ und sie sich so frei und sorglos wie ein Vogel fühlte.
Es kam ihr auch so vor, als würde Sam endlich etwas für Molly empfinden. Manchmal, wenn er von der Arbeit kam und sie auf dem Boden saß, beugte er sich zu ihr runter und streichelte ihr über den Kopf, wie Ernest und Peter es oft taten. Beth sagte nichts dazu – sie war sicher, dass er es nie wieder tun würde, wenn sie eine Bemerkung darüber machte –, aber sie beobachtete ihn aus den Augenwinkeln und sah, dass er Kuckuck mit Molly spielte oder sie kitzelte, um sie zum Lachen zu bringen.
Eines Abends im August, nachdem Beth Molly ins Bett gebracht hatte, war sie für ein paar Minuten zu Mrs Craven gegangen, und als sie zurückkam, hielt Sam das kleine Mädchen auf dem Arm.
»Sie ist aufgewacht und hat geweint«, rechtfertigte er sich. »Ich dachte, sie hat vielleicht Bauchschmerzen.«
Am folgenden Tag, als sie zum Falkner Square musste, wäre Beth den ganzen Weg am liebsten gehüpft, so glücklich
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