Echo gluecklicher Tage - Roman
sie betonte, wie gut ihre Herrin zu ihr gewesen war.
»Mein Herz habe ich in England zurückgelassen«, gestand sie. »Es war das Beste so, und Mrs Langworthy schreibt mir alle paar Wochen und erzählt mir, wie Molly sich entwickelt.«
»Du bist ein wirklich mutiges Mädchen«, sagte Theo nachdenklich. »Nicht viele schaffen es, in so jungen Jahren schon mit so viel fertig zu werden. Ich bin sicher, deine Eltern wären stolz auf dich.«
Beth lachte. »Ich bin nicht so sicher, ob sie es gutheißen würden, dass ich in einem Saloon Geige spiele.«
»Du benutzt dein gottgegebenes Talent, und du machst damit eine Menge Leute glücklich. Für mich ist das nicht verwerflich.«
»Ich habe früher davon geträumt, in einem eleganten Hotelfoyer Klavier zu spielen«, gestand sie. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich in einem stinkenden Mietshaus ende oder für einen Gangster arbeite.«
Theo schüttelte amüsiert den Kopf. »Ihr werdet euch bald hocharbeiten. Sam hat mir gestern Abend von seinen Plänen erzählt, in Spielsalons zu arbeiten. Ich glaube auch, dass er das kann – er ist schlau, er hat Charme, und er hat dich an seiner Seite. Ich wette, ihr beide macht ein Vermögen.«
»Man braucht Geld, um überhaupt anfangen zu können«, seufzte Beth.
»Nicht immer.« Theo lächelte und kitzelte sie unter dem Kinn. »Mit Charme und einer guten Idee findet man immer Unterstützer. Ich habe einen verrufenen Onkel, nach dem ich angeblich komme. Er erzählte mir einmal, dass man nie das eigene Geld in eine Geschäftsidee stecken soll. Er hat danach gelebt und auf diese Weise ein Vermögen gemacht.«
»Was sind deine Pläne?«, fragte sie.
»Im Moment will ich herausfinden, wie viel Geld ich in New York gewinnen kann, während ich mich nach einer aufblühenden Stadt umhöre.«
»Einer aufblühenden Stadt?«, rief Beth. »Was meinst du damit?«
Theo saugte seine Wangen ein. »Wie San Francisco im Jahr 1849 zum Beispiel. Es war damals ein kleines Fischerdorf, bis in der Nähe Gold gefunden wurde. Plötzlich fielen dort ganze Horden von Menschen ein, und viele machten ein Vermögen.«
»Nicht viele davon fanden Gold«, erwiderte Beth, die sich an ihren Geschichtsunterricht zu diesem Thema erinnerte.
»Die intelligenten Leute suchen nicht nach dem, was die Masse haben will, ob nun Gold, Diamanten oder Silber«, erklärte er schmunzelnd. »Das ist immer eine sehr schwere Arbeit, und nur ein paar haben Glück und finden etwas. Die wirklich schlauen Leute, solche wie du und ich, gehen dorthin und bieten etwas an, in Läden, Saloons, Hotels, Restaurants, Tanz- und Musiklokalen.«
Beth kicherte. »Und ich spiele Geige in einem dieser Saloons, und sie bewerfen mich mit Goldnuggets?«
»Genau.« Er lächelte. »Es würde ja keinen Spaß machen, reich zu sein, wenn man den Reichtum nicht mit vollen Händen ausgeben kann.«
»Aber all das Gold, die Diamanten und das Silber sind doch inzwischen gefunden?«, wollte Beth wissen.
»Nicht unbedingt. Teile von Amerika sind noch völlige Wildnis, und wer weiß, was da unter der Erde liegt? Aber aufblühende Städte können auch aus anderen Gründen entstehen. Wegen der Eisenbahn zum Beispiel – wo immer sie hinfährt, wollen die Leute Häuser, Läden und den Rest haben.«
»Wie Spielsalons?«, fragte sie und hob fragend eine Augenbraue.
Er lächelte, und in seinen Augen lag ein schelmisches Glitzern. »Wie Spielsalons.«
»Also, falls du etwas von einer aufblühenden Stadt hörst, dann vergiss nicht, Sam und mir davon zu erzählen. Wir würden sehr gerne mitkommen.«
Theos Arm hatte bis jetzt auf der Lehne der Bank gelegen, aber jetzt legte er ihn ihr um die Schultern. »Ich kann mir keine zwei Menschen denken, die besser geeignet wären, mich zu begleiten«, erwiderte er. »Sam ist jemand, mit dem man rechnen muss, weil er so entschlossen ist. Und was dich angeht, mit deiner Geige bist du überall ein Gewinn.«
Beth glaubte, dass Theo sie küssen würde, aber er musste sich daran erinnert haben, dass es sich nicht gehörte, eine junge Frau öffentlich zu umarmen, denn plötzlich sagte er, dass es kalt geworden sei und es Zeit würde, sich ein Café zu suchen, um sich aufzuwärmen.
Während sie den Park verließen, dachte Beth, wie perfekt er war – gut aussehend, ein Gentleman und so amüsant.
Es hatte auch Spaß gemacht, mit Jack zusammen zu sein, aber im Vergleich zu Theo war er nur ein Junge, ohne Manieren oder Bildung. Wenn er ihre Hand nahm, dann war es ungeschickt, er
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