Echo gluecklicher Tage - Roman
überfiel sie mit seinen Küssen, und er hatte ganz sicher nicht die Fähigkeit, Sachen zu sagen oder zu tun, die eine Frau erschaudern oder erbeben ließen.
Wenn Theo ihre Hand nahm, dann streichelte er sie mit seinem Daumen; wenn er seine Hand an ihre Hüfte legte, dann drückte er sie leicht. Sie gingen in ein kleines Café gegenüber vom Park, und als sie sich gesetzt hatten, nahm er ihre Hand und hob ihre Finger an seine Lippen, nicht, um sie zu küssen, sondern um mit der Zunge sanft über jede einzelne Fingerspitze zu fahren.
»Ich möchte dich auf den Mund küssen, aber im Moment muss ich mich damit begnügen«, flüsterte er.
Es war das Unerwartete an den kleinen Berührungen und Komplimenten, das es so aufregend machte.
Er erzählte von der Notlage einiger Einwanderer, die keine Unterkunft gefunden hatten und vor ein paar Tagen unter den Büschen im Central Park erwischt worden waren, aber plötzlich brach er ab, um ihr eine Haarsträhne zurückzustreichen, die unter ihrem Hut hervorgekommen war. »Deine Augen sind wie tiefe Waldseen«, sagte er, und dann redete er weiter über das, was er vorher erzählt hatte.
Er schob einen Finger in ihren Mantelärmel, als wolle er ihren Puls fühlen, und die Intimität dieser Geste ließ sie rot werden. »Deine Haut ist so sanft und weich wie die eines Babys«, flüsterte er. Als sie ihren Teelöffel fallen ließ, weil er sie so durcheinanderbrachte, hob er ihn wieder auf und legte seine Hand an ihr Bein, direkt über ihren Stiefeln.
Aber es waren nicht nur seine Berührungen, die sie entflammten, es war die Art, wie er redete. Seine Stimme war tief, aber weich und kultiviert, und fast alles, was er ihr berichtete, ob nun über sein Leben in England oder über die Leute, die er seit seiner Ankunft in Amerika kennengelernt hatte, schilderte er so lebhaft, dass sie alles deutlich vor sich sehen konnte.
»Miss Marchment, meine Vermieterin, lebt in sehr ärmlichen Verhältnissen«, erzählte er ihr. »Sie hat die Ausstrahlung einer Herzogin, obwohl sie alt und gebrechlich ist, und ihr einziges Einkommen sind die Zimmer, die sie untervermietet. Sie sitzt den ganzen Tag in einem violetten Samtsessel, der schon ganz fadenscheinig ist, trägt einen Spitzenschal um die Schultern und kommandiert ihre Haushälterin herum, als ob sie immer noch über ein zwanzigköpfiges Personal befehligen würde. Das Haus ist völlig verfallen, die Teppiche sind abgelaufen, eine dicke Schicht Staub liegt auf den Bildern, den Spiegeln und den Dekorationen, aber sie lädt mich zum Tee ein und weist die Haushälterin an, ihn in der verbeulten Silberkanne zu servieren. So eine elegante alte Dame!«
»Putzt die Haushälterin dein Zimmer?«, fragte Beth, der die Idee nicht gefiel, dass er im Dreck lebte.
»Ja, das tut sie, ich schätze, sie weiß, dass sie kein Gehalt mehr bekommt, wenn die Mieter ausziehen. Aber die arme Frau hat so viel zu tun, dass ihr einfach keine Zeit bleibt, die Zimmer ihrer Herrin richtig sauber zu machen.«
»Ist sie auch alt?«, wollte Beth wissen.
»Ungefähr fünfzig. Sie hat ihr ganzes Leben lang für Mrs Marchment gearbeitet. Aber du willst bestimmt keine traurigen Geschichten über alte Ladys hören. Erzähl mir von den Leuten in deinem Haus.«
Vielleicht lag es daran, dass er die Menschen so lebhaft beschrieben hatte, dass Beth es ihm gleichtat. Sie erzählte ihm von dem verrückten Iren im ersten Stock, der jedes Mal brüllte, wenn jemand an seiner Tür vorbeiging, und dem komischen kleinen polnischen Mann, der sich immer seine braune Ledertasche vor die Brust presste, wenn er die Straße hinunterging, und der sich hektisch umblickte, so als würde er Staatsgeheimnisse transportieren und glauben, jemand könnte sie ihm entreißen. Theo lachte so laut, dass sich mehrere andere Leute im Café nach ihm umdrehten.
»Ich glaube, es wird Zeit, dass wir etwas essen gehen«, sagte er und schmunzelte, während er erneut ihre Hand küsste. »Es tut so gut, mit einer schönen Frau zusammen zu sein, die mich zum Lachen bringt. Ich habe festgestellt, dass die meisten leider keinen Humor haben.«
An Thanksgiving im November war Beth so verliebt in Theo, dass sie von dem Moment, in dem sie morgens die Augen öffnete, bis zum Abend, wenn sie einschlief, nur an ihn denken konnte.
Sie hatte das Gefühl, dass er sie auch liebte, selbst wenn er das nie gesagt hatte, denn er gab sich immer Mühe, sie einmal in der Woche zu sehen, selbst wenn er New York geschäftlich
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