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Echo gluecklicher Tage - Roman

Echo gluecklicher Tage - Roman

Titel: Echo gluecklicher Tage - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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den Whiskey in einem Schluck herunter. »Und jetzt geh nach Hause, und rasier dich, und zieh dir ein frisches Hemd an.«
    Jack stand zu seinem Wort; um zwei kam er in den Saloon. Er hatte seine blutbespritzten Arbeitssachen gegen einen sehr schäbigen zweireihigen Matrosenmantel und eine genauso alte Kappe getauscht. »Man hat mir erzählt, dass Fingers ein Gebäude am Mulberry Bend gehört«, flüsterte er Sam über die Bar zu. »Keine Adresse, und das ist ein verdammtes Labyrinth da draußen, aber ich gehe hin und sehe mich dort mal um.«
    »Ich würde gerne mitkommen«, flüsterte Sam zurück. »Aber dann rastet Heaney aus.«
    »Du würdest da auffallen wie ein bunter Hund.« Jack grinste. »Ich gehe allein. Außerdem ist es besser, wenn du hier bist, falls Fingers sich meldet. Wir müssen wissen, was er für Forderungen stellt. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass Heaney uns die Wahrheit sagt.«
    »Ich glaube nicht, dass er irgendetwas bezahlen wird, um Beth zurückzubekommen«, sagte Sam ängstlich.
    »Deshalb müssen wir sie finden, und wenn Fingers ihr etwas antut, dann schwöre ich, bringe ich ihn um.«
    Jack zündete sich vor einem Pfandleihhaus am Mulberry Bend eine Zigarette an und beobachtete ausdruckslos das Gewimmel auf der Straße. Beth hatte ihm erzählt, wie entsetzt und verängstigt sie gewesen war, als sie und Sam sich hierher verlaufen hatten, aber er hatte nicht den Mut gehabt, ihr zu gestehen, dass sich diese Gegend kaum vom Londoner East End unterschied, wo er aufgewachsen war, oder, was das anging, von den Slums in Liverpool.
    Der Hauptunterschied war, dass die Engländer hier eine kleine Minderheit waren und dass rund die Hälfte der anderen wenig oder gar kein Englisch sprach.
    Es waren hauptsächlich Italiener, Deutsche, Polen, Juden und Iren, mit Einsprengseln aus anderen europäischen Ländern, plus Schwarze, die aus den Südstaaten hergekommen waren. Das Einzige, was sie verband, war die Hoffnungslosigkeit ihrer Situation, denn das hier war nicht nur ein Getto für arme Leute, hier befand man sich ganz unten, auf dem Boden des Fasses.
    Wenn man in diese Hölle der Verzweiflung kam, weil man nirgendwo anders mehr hingehen konnte, dann waren die Wände zu steil und hoch, um wieder herauszuklettern.
    Jack wusste, dass die Miete, die hier für ein dreckiges Zimmer voller Ratten und Kakerlaken verlangt wurde, höher war als die für ein anständiges Haus oder eine Wohnung in den vornehmeren Vierteln. Aber für Vermieter dort wären die armen Einwanderer nicht akzeptabel gewesen.
    Überall in der Lower East Side konnten sich die Leute die hohen Mieten nur leisten, indem sie sich die Zimmer mit anderen teilten, normalerweise mit Freunden oder Verwandten. Aber hier war einzig und allein entscheidend, einige Cent pro Nacht bezahlen zu können, um irgendein Dach über dem Kopf zu haben, und dafür schlief man dann mit Dutzenden von anderen auf dem Fußboden.
    Von der Hand in den Mund zu leben, ohne jeden Komfort, jede Wärme oder die Möglichkeit, sich zu waschen, ließ die Leute schnell in einer Spirale landen, die sie immer weiter nach unten zog. Ein Mann konnte keine harte körperliche Arbeit leisten, wenn er kaum schlief oder etwas Anständiges zu essen bekam; eine Frau konnte nicht nähen oder Streichhölzer machen, wenn sie kein Zimmer oder Licht dafür hatte. Wer fing nicht an zu trinken, wenn es das Einzige war, was einen diese völlige Verzweiflung für eine Weile vergessen ließ?
    In Jacks direktem Umfeld befanden sich allein fünf Kneipen, drei Saloons, zwei Secondhand-Läden und zwei Pfandleihhäuser. Er fand, dass sie die Bedürfnisse der Bewohner hier gut widerspiegelten.
    Der einzige Lebensmittelhändler bot Obst und Gemüse an, bei dem man schon von Weitem erkennen konnte, dass es nicht mehr besonders frisch war, und im Laden mit den konservierten Waren sah es nur unwesentlich besser aus.
    Überall auf dem Bordstein boten Leute Sachen an. Zwei gebeugte alte Frauen verkauften trockenes Brot, und er beobachtete, wie ihre dreckigen Hände in noch dreckigere Tüten griffen, die aus altem Matratzenstoff gemacht waren, um einen weiteren unförmigen Laib herauszuholen. Ein anderer Mann schlachtete eine Ziege auf einem Stück Holz, das er auf einer der Aschentonnen auf der Straße balancierte. Aber noch schlimmer waren die beiden Italiener, die schales Bier verkauften, den übrig gebliebenen Bodensatz aus den Kneipen, den sie aus alten Zinktonnen ausschenkten.
    Der »Bend«, wie er

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