Echo Park
Bosch kannte die Stelle. Sie befand sich am äußersten Rand des Dodger-Stadium-Geländes und oberhalb des Teils von Echo Park, den die CRT-Teams beobachteten. Offensichtlich waren die Cops nach gängiger CRT-Strategie vorgegangen: Sie hatten sich am Rand des zu überwachenden Viertels postiert, um jedem verdächtig erscheinenden Fahrzeug auf dem Weg dorthin zu folgen.
Ihrem Bericht zufolge schöpften Gonzalez und Fennel Verdacht, als um zwei Uhr nachts ein Kastenwagen mit der Aufschrift ClearView Residential Glass Cleaners an ihnen vorbeikam. Sie folgten ihm in einigem Abstand, und nachdem es Gonzalez gelungen war, mithilfe eines Nachtglases das Kennzeichen des Fahrzeugs abzulesen, gab er es in den Bordcomputer ein – die Polizisten entschieden sich gegen eine Funkdurchsage, weil nicht auszuschließen war, dass der in dem Viertel aktive Einbrecher einen Polizeifunk-Scanner benutzte. Die Informationen, die ihr Computer ausspuckte, weckten zusätzlich ihren Argwohn. Unter diesem Kennzeichen war ein Ford Mustang mit einer Adresse in Claremont registriert. In der Überzeugung, dass die Nummernschilder des Lieferwagens gestohlen waren, und somit ein berechtigter Grund bestand, ihn anzuhalten, stieg Fennel aufs Gas, machte die Zusatzscheinwerfer an und stoppte das verdächtige Fahrzeug in der Figueroa Terrace, nicht weit von der Kreuzung mit der Beaudry Avenue.
»Der Fahrer des Fahrzeugs«, hieß es im Festnahmeprotokoll, »machte einen aufgeregten und nervösen Eindruck und beugte sich aus dem Fenster des Kastenwagens, als er mit Officer Gonzalez sprach, offensichtlich um den Officer daran zu hindern, das Wageninnere in Augenschein zu nehmen. Officer Fennel näherte sich dem Fahrzeug von der Beifahrerseite und richtete den Strahl seiner Taschenlampe in den Kastenwagen. Ohne sich in das Innere des Fahrzeugs begeben zu müssen, konnte Officer Fennel feststellen, dass vor dem Beifahrersitz mehrere schwarze Müllsäcke auf dem Boden lagen. Es war zu erkennen, dass aus der zugeschnürten Öffnung eines der Plastiksäcke eine Flüssigkeit auf den Boden des Fahrzeugs sickerte, bei der es sich offensichtlich um Blut handelte.«
Weiter hieß es: »Der Fahrer wurde gefragt, ob es Blut sei, was da aus einem der Müllsäcke tropfte, woraufhin dieser erklärte, er habe sich an diesem Tag bei der Arbeit verletzt, als ein großes Fenster während des Reinigens zerbrach. Er erklärte, das Blut mit mehreren Putzlumpen aufgewischt zu haben. Als der Fahrer des Kastenwagens aufgefordert wurde, die Stelle zu zeigen, an der er sich geschnitten hatte, lächelte er und unternahm plötzlich den Versuch, den Motor des Fahrzeugs zu starten. Officer Gonzalez langte durch das Fenster, um ihn daran zu hindern. Nach kurzem Kampf wurde der Fahrer aus dem Fahrzeug entfernt, und es wurden ihm Handschellen angelegt. Anschließend wurde er auf dem Rücksitz des zivilen Einsatzfahrzeugs untergebracht. Officer Fennel öffnete den Lieferwagen, um in die Müllsäcke zu schauen. Dabei stellte Officer Fennel fest, dass der erste Sack, den er öffnete, menschliche Körperteile enthielt. Daraufhin wurden unverzüglich Ermittlungseinheiten angefordert.«
Laut Führerschein handelte es sich beim Fahrer des Kastenwagens um einen gewissen Raynard Waits. Während sein Fahrzeug und die Müllsäcke noch an Ort und Stelle in der Figueroa Terrace durchsucht wurden, wurde Waits in eine Arrestzelle der Northeast Division geschafft. Erst nachdem die Detectives Olivas und Colbert, die in dieser Nacht Bereitschaftsdienst hatten, die Ermittlungen übernommen und einige der von Gonzalez und Fennel durchgeführten Maßnahmen überprüft hatten, stellte sich heraus, dass der junge Polizeianwärter versehentlich ein falsches Kennzeichen in die Datenbank eingegeben hatte. Statt eines E hatte Gonzalez ein F getippt und deshalb die Daten des Ford Mustang aus Claremont erhalten.
Im Polizeijargon war das ein »Irrtum in gutem Glauben«. Mit anderen Worten, der berechtigte Grund für das Anhalten des Lieferwagens bliebe weiterhin gegeben, weil die Polizisten in bestem Wissen und Gewissen gehandelt hatten, als ihnen der unbeabsichtigte Fehler unterlaufen war. Bosch nahm an, dass das der Grund für den Revisionsantrag der Verteidigung war, den Rick O’Shea bei ihrer Besprechung erwähnt hatte.
Bosch legte die Ermittlungsunterlagen beiseite und öffnete die Akte der Anklage. Rasch sah er die einzelnen Dokumente durch, bis er eine Kopie des Revisionsantrags fand. Er überflog das
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