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Echo Park

Echo Park

Titel: Echo Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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das Handy in der Tasche seiner Jeans zu vibrieren begann. Er blieb stehen, holte es heraus und sah auf dem Display, dass der Anruf von Jerry Edgar kam. Bosch hatte ihm, während er nach Hause gefahren war, eine Nachricht hinterlassen.
    »Wie geht’s Kiz?«
    »Besser. Du solltest sie mal besuchen, Mann. Das wäre doch endlich eine Gelegenheit, das Kriegsbeil zwischen euch zu begraben. Du hast sie gestern nicht mal angerufen.«
    »Keine Angst, das mache ich schon noch. Ich hatte eigentlich vor, heute früher Schluss zu machen und bei ihr vorbeizuschauen. Kommst du auch hin?«
    »Vielleicht. Melde dich, wenn du losfährst, dann versuche ich, auch hinzukommen. Aber deshalb hab ich nicht angerufen. Da ist Verschiedenes, was ich dir sagen wollte. Zuerst, sie haben heute bei der Autopsie die Identität bestätigt. Es war Marie Gesto.«
    Edgar schwieg einen Moment, bevor er antwortete.
    »Hast du schon mit ihren Eltern gesprochen?«
    »Nein, noch nicht. Ihr Vater arbeitet als Landmaschinenverkäufer. Ich wollte heute Abend anrufen, wenn er zu Hause ist.«
    »Würde ich auch so machen. Und was gibt es sonst noch, Harry? Ich habe gerade einen Kerl in einem der Vernehmungszimmer sitzen, und ich gehe gleich zu ihm rein und nehme ihn wegen eines Sexualmords in die Mangel.«
    »Tut mir leid, wenn ich störe. Aber schließlich hast du mich gerade angerufen.«
    »Habe ich auch, Mann. Aber nur deshalb, weil ich dachte, es ist was Wichtiges.«
    »Es ist wichtig. Jedenfalls kann ich mir vorstellen, dass es dich interessiert. Dieser Vermerk, den sie in den 51ern gefunden haben, ist wahrscheinlich gefälscht. Ich glaube, wenn die Sache endgültig geklärt ist, wird sich zeigen, dass uns keine Schuld trifft.«
    Diesmal kam die Reaktion seines ehemaligen Partners ohne Zögern.
    »Was sagst du da? Waits hat uns damals gar nicht angerufen?«
    »Nein, hat er nicht.«
    »Wie kommt dann dieser Vermerk in die Chrono?«
    »Jemand hat ihn nachträglich eingefügt. Erst vor Kurzem. Um mir eins auszuwischen.«
    »Nicht zu fassen!« Bosch konnte den Ärger und die Erleichterung in Edgars Stimme hören. »Ich habe nicht mehr geschlafen, seit du angerufen und mir diese Scheiße erzählt hast, Harry. Dieser Kerl hat nicht nur dir eins ausgewischt.«
    »Ich weiß. Deshalb habe ich ja auch angerufen. Was genau dahintersteckt, kann ich noch nicht sagen, aber bisher deutet alles darauf hin. Wenn ich Genaueres weiß, sage ich dir Bescheid. Aber jetzt kümmre dich um dein Verhör, und heiz diesem Kerl ordentlich ein.«
    »Harry, ich sag dir, was Besseres hättest du mir nicht erzählen können. Ich gehe jetzt zu diesem Sack rein und breche ihm sämtliche Knochen.«
    »Na wunderbar. Und ruf mich an, wenn du Kiz besuchst.«
    »Alles klar, Mann.«
    Bosch wusste, das war nur ein Lippenbekenntnis von Edgar. Er würde Kiz nicht besuchen, nicht, wenn er, wie er gesagt hatte, gerade in der entscheidenden Phase eines Falls steckte. Nachdem Bosch das Handy wieder in die Tasche geschoben hatte, machte er sich daran, seine Umgebung zu studieren. Er spähte nach oben und unten, vom Boden zum Blätterdach über ihm, entdeckte aber keinerlei augenfällige Markierungen. Er nahm an, dass keine Hänsel-und-Gretel-Wegzeichnung nötig gewesen war, solange Waits dem deutlich erkennbaren Pfad gefolgt war. Wenn irgendwo Markierungen angebracht worden waren, mussten sie am Fuß des Steilhangs beginnen. Er marschierte los.
    Als er den Absturz erreichte, befestigte er das Seil am Stamm der Weißeiche und hangelte sich daran nach unten. Dort angekommen, ließ er das Seil hängen und sah sich aufmerksam um. Auf den ersten Blick fiel ihm nichts auf, was den Weg zu der Stelle markierte, wo Marie Gesto gefunden worden war. Er näherte sich langsam ihrem Grab und hielt dabei Ausschau nach Einritzungen in Baumstämmen, von Zweigen hängenden Haarbändern oder sonstigen Orientierungshilfen, die Waits den Weg zum Grab hätten weisen können.
    Bosch erreichte die kleine Lichtung, ohne eine versteckte Wegmarkierung entdeckt zu haben. Er war enttäuscht. Es widersprach der Theorie, die er Rachel Walling vorgetragen hatte. Aber er war sicher, dass er grundsätzlich auf dem richtigen Weg war, und wollte sich deshalb noch nicht damit abfinden. Vielleicht waren die Markierungen von den zahlreichen Ermittlern und Technikern, die am Tag zuvor über den Wald hereingebrochen waren, niedergetrampelt und unkenntlich gemacht worden.
    Nicht bereit, schon aufzugeben, kehrte Bosch zum Fuß des Erdrutsches

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