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Echo Park

Echo Park

Titel: Echo Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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zurück und blickte von dort in Richtung Grab. Er versuchte, sich in Waits’ Lage zu versetzen. Er war noch nie an diesem Ort gewesen, musste aber ohne Zögern entscheiden, welche Richtung er einzuschlagen hatte, während alle anderen ihn aufmerksam beobachteten.
    Wie hat er es gemacht?
    Bosch stand reglos da und blickte in Richtung Grab nachdenklich in den Wald hinein. Fünf Minuten lang rührte er sich nicht von der Stelle. Dann hatte er die Lösung.
    Auf halbem Weg zum Grab stand ein hoher, sich auf Bodenhöhe gabelnder Eukalyptusbaum, dessen zwei ausgewachsene, mindestens fünfzehn Meter hohe Stämme deutlich über die umstehenden Bäume hinausragten. Etwa drei Meter über dem Boden hatte sich ein abgefallener Zweig waagrecht zwischen den zwei Stämmen verkeilt. Der geteilte Stamm und der Zweig bildeten ein deutlich zu erkennendes auf dem Kopf stehendes A, das von jemandem, der gezielt danach Ausschau hielt, rasch zu finden war.
    Bosch war sich sicher, die erste Markierung entdeckt zu haben, mit deren Hilfe sich Waits orientiert hatte. Er ging auf den Eukalyptusbaum zu. Als er ihn erreicht hatte, blickte er erneut aufmerksam in Richtung Grab und bemerkte schon nach Kurzem eine weitere Anomalie, die in dieser Umgebung augenfällig und einzigartig war. Er ging darauf zu.
    Es war eine junge Kalifornische Eiche. Sie war Bosch schon aus der Ferne aufgefallen, weil einer ihrer unteren Äste fehlte, sodass die natürliche Symmetrie ihrer Krone gestört war. Bosch ging zu dem Baum und schaute zum Ansatz des zehn Zentimeter dicken abgebrochenen Asts hinauf, der in zweieinhalb Meter Höhe vom Stamm abstand. Um die Bruchstelle genauer untersuchen zu können, zog sich Bosch an einem Ast nach oben und stellte fest, dass der Ast nicht von selbst abgebrochen war. An der oberen Hälfte des Astansatzes war ganz deutlich eine glatte Schnittfläche zu erkennen. Irgendjemand hatte den Ast von oben angesägt und dann von unten daran gezogen, bis er abgebrochen war. Bosch war zwar kein Baumdoktor, aber seiner Meinung nach sahen Schnitt und Bruch frisch aus. Das freigelegte innere Holz war hell und wies keine Spuren von Nachwachsen oder natürlicher Heilung auf.
    Bosch sprang zu Boden und sah sich im Unterholz um. Der abgebrochene Ast war nirgendwo zu sehen. Er war weggezogen worden, damit niemand auf ihn aufmerksam würde und Verdacht schöpfte. Für Bosch ein weiterer Beweis, dass für Waits eine Hänsel-und-Gretel-Spur ausgelegt worden war.
    Er blickte in die Richtung, in der sich die Lichtung befand. Er war keine zwanzig Meter mehr vom Grab entfernt und entdeckte rasch, was er für die letzte Markierung hielt. Hoch oben in der Eiche, in deren Schatten das Grab lag, befand sich das Nest eines großen Vogels, einer Eule oder eines Bussards.
    Er ging zu der Lichtung und schaute nach oben. Das Haarband, das laut Waits’ Aussagen die Stelle markiert hatte, war von der Spurensicherung entfernt worden. Das weiter oben befindliche Nest war von hier aus nicht zu sehen. Olivas hatte alles sehr geschickt geplant. Er hatte drei Markierungen verwendet, die nur aus einiger Entfernung zu erkennen waren und Waits’ Begleitern nicht auffallen würden, während sie ihm selbst zuverlässig den Weg zum Grab wiesen.
    Als Bosch auf das offene Grab hinabblickte, erinnerte er sich, dass ihm am Tag zuvor an dieser Stelle die aufgewühlte Erde aufgefallen war. Er hatte angenommen, es seien Nahrung suchende Tiere gewesen. Inzwischen glaubte er jedoch, dass jemand die Erde aufgegraben hatte, um sich zu vergewissern, dass es tatsächlich die richtige Stelle war. Olivas war vor allen anderen schon einmal hier oben gewesen. Er hatte den Weg markiert und sich vergewissert, wo das Grab lag. Entweder hatte er die Stelle beschrieben bekommen, oder er war vom wahren Mörder zu ihr geführt worden.
    Während Bosch auf das Grab hinabstarrte und den Hergang rekonstruierte, hörte er plötzlich Stimmen näher kommen. Mindestens zwei Männer, die sich miteinander unterhielten. Bosch konnte sie durchs Unterholz gehen hören. Ihre Schritte auf dem laubbedeckten schlammigen Boden waren laut. Sie kamen aus der gleichen Richtung, aus der auch er gekommen war.
    Rasch überquerte Bosch die kleine Lichtung und suchte hinter dem mächtigen Stamm einer Eiche Deckung. Es dauerte nicht lang, und die Männer hatten die Lichtung erreicht.
    »Genau hier«, sagte die erste Stimme. »Dreizehn Jahre lang hat sie hier gelegen.«
    »Irgendwie unheimlich.«
    Um nicht entdeckt zu werden,

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