Echo: Roman (German Edition)
einen Adler über einer Wolkenlandschaft, umrahmt von dem Licht eines teilweise verborgenen Halbmonds. Wiley tat, als hätte sie auch von mir bereits gehört, stolperte aber über meinen Namen. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie. »Haben Sie die Absicht, eine Reise bei uns zu buchen?«
»Nein«, gestand Alex, »ich bedauere. Aber wir sind geschäftlich hier.«
»Sicher auf der Suche nach einem kostbaren Artefakt.«
»Sicher.« Alex lächelte. Beide lächelten. Miriam war offenkundig auf der Pirsch.
»Wie bedauerlich. Ich hätte Ihnen zu gern unseren speziellen VIP-Tarif angeboten. Sie könnten dann feststellen, dass eine Reise mit uns eine herrliche Erfahrung ist.« Sie richtete ihre dunklen Augen auf mich. Es war die recht unverblümte Aufforderung, darüber nachzudenken, Alex ein wenig zu bedrängen, damit er das Angebot annähme. Damit ich mich amüsieren konnte.
»Miriam«, sagte Alex, »haben Sie schon mal was von Sunset Tuttle gehört?«
»Von wem?«
»Sunset Tuttle. Das war der Mann, der unentwegt nach Außerweltlern gesucht hat.«
»Ach, ja, natürlich. Vor ein paar Jahren habe ich ein Video über ihn gesehen.«
»Okay. Wir untersuchen die Möglichkeit – es handelt sich wirklich nur um eine vage Möglichkeit –, dass er etwas Bedeutendes entdeckt haben könnte und es dabei einen Zusammenhang mit einem Flug von World’s End Tours gibt.«
»Einen Zusammenhang mit einem unserer Flüge? Um was für eine Entdeckung geht es denn?«
»Zunächst einmal um eine, die vor circa dreißig Jahren gemacht wurde.«
Wiley lachte, und es war ein wohlklingendes Lachen. »Das ist weit vor meiner Zeit. Ich bin erst seit sechs Jahren hier.«
»Sind Sie selbst Touren geflogen?«
»Natürlich«, erwiderte sie, »das gehört zum Job. Also, was für eine Entdeckung könnte dieser Tuttle gemacht haben? Hat er bei einer unserer Reisen Außerweltler entdeckt?« Das Lächeln wurde noch strahlender. Plötzlich kam ich mir regelrecht dumm vor.
»Nein, nicht, soweit wir es beurteilen können.«
»Okay, sondern ...?«
»Es gibt eine minimale Chance, dass eine Ihrer Pilotinnen eine außerweltliche Zivilisation entdeckt hat.«
Wieder lachte Wiley, und nun hörte sie sich noch skeptischer an. »Welche?«
»Rachel Bannister. Wäre es möglich, einen Blick in ihre Logbücher zu werfen?«
»Da sehe ich kein Problem. Allerdings muss ich die Logs erst bearbeiten.«
»Wie bearbeiten?«
»Ich muss die Namen der Passagiere entfernen. Für Einsicht in diese Daten braucht man eine gerichtliche Anordnung.«
»Okay. Nein, die Passagiere interessieren uns nicht. Das wäre dann also kein Problem für uns.«
»Gut. Welche Logbücher wollen Sie sich ansehen? Aus welchem Jahr?«
»Es geht um das Jahr 1403.«
»Oh, nein!«, sagte sie. »Das tut mir wirklich leid. Darüber hatte ich nicht nachgedacht. Ich kann Ihnen diese Logbücher leider doch nicht geben.«
»Sind die in irgendeiner Form gesperrt?«
»Nein. Das Problem ist, dass es aus dieser Zeit keine Logbücher gibt! Sie reichen nur bis 1405 zurück. Zehn Jahre vor der Zeit, als der heutige Eigentümer die Firma übernommen hat. Mir hätte gleich klar sein müssen, dass ich Ihnen nicht helfen kann, als Sie erwähnt haben, dass es um eine Sache geht, die dreißig Jahre zurückliegt.«
»Sehr bedauerlich.«
»Wir sind lediglich verpflichtet, die Daten zehn Jahre aufzubewahren, Alex. Walter – er war früher Geschäftsführer hier – hat sich wortgetreu an die Gesetze gehalten. Heute bewahren wir alles auf. Das tun wir schon, seit das neue Management die Arbeit aufgenommen hat. Aber unser ältestes Material stammt von 1405.«
»Was wissen Sie über die Reisen zurzeit der Jahrhundertwende? Waren das die gleichen Touren, die Sie heute anbieten?«
»Weitgehend schon. Wir fliegen zu spektakulären Orten. Und wir bieten Sonderflüge an. Jagen, Campen, so was in der Art. Wir organisieren interstellare Hochzeiten. Wir bringen Leute zum Asteroidenreiten raus. Wir haben sogar ein paar Ordinationen begleitet, eine vor zwei Jahren, die andere ein Jahr früher. Also, viel hat sich nicht geändert. Wir haben natürlich heute andere Flugziele, weil wir viele Gäste haben, die mehrmals mit uns fliegen, und die Leute wollen etwas Neues sehen. Aber was den Reiseablauf betrifft, hat sich kaum etwas verändert.«
»Haben Sie je jemanden verloren, Miriam? Hat es je einen Unfall gegeben?«
»Nein. Zumindest nicht, soweit ich weiß.« Sie sah sich im Raum um und betrachtete die
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