Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag
vorbereiten wollte – wogegen die sich aber äußerst erfolgreich gewehrt haben.
Am Ende der Stunde und meiner Kräfte habe ich sogar noch einen Schüler vor die Tür gestellt und ihn draußen mit finsterster Miene angezischt: »Aus dir wird nichts werden!« Dreimal habe ich das wiederholt: »Nichts wird aus dir werden – GAR NICHTS!« Der hat mich nur ungläubig angeglotzt, und ich bin wütend zurück in die Klasse gegangen.
In der Pause tat mir das schon wieder leid. So etwas Gemeines und Vernichtendes habe ich noch nie zu einem Schüler gesagt. Aber der hat so dermaßen gestresst, dass ich einfach nicht mehr konnte. Ich werde mich irgendwann bei ihm entschuldigen. Aber er muss mir auch ein wenig entgegenkommen. Nicht mitarbeiten und meinen Unterricht non stop stören, fetzt ja auch nicht.
»Also, ihr Lieben, dann bleibt mal so schön ruhig. Wie gesagt, mein Kopf tut weh, und die Stunde wird schon schnell vorbeigehen.« Ruhig bleiben sie ÜBERHAUPT nicht. Immer wieder muss ich rummeckern, den Unterricht unterbrechen und auf der Metaebene diskutieren: »So geht das hier nicht! So kann ich euch nicht unterrichten!«
Die neuste Masche des neuen Ibo: Immer, wenn ich mich an die Tafel drehe, flüstert er: »Mama.« Jedes Mal, wenn ich sein »Mama« höre, bin ich so heilfroh, nicht seine Mama zu sein, dass ich mich über diese Unterrichtsstörung gar nicht aufregen kann. Sie macht mich eher zufrieden. »Mama.« Hihi, zum Glück bin ich das nicht!
Gegen Ende der Stunde brechen jegliche Dämme. Jetzt schnattern sie alle durcheinander. Unterricht ist nicht mehr erkennbar. Jetzt geht es nur noch ums nackte Überleben bis zum Klingeln. Mit letzter Kraft flüstere ich: »Seid doch noch die letzten fünf Minuten leise. Ich habe Kopfschmerzen.«
»Da hilft Aspirin«, schreit mir Firat freudig entgegen. »Das isst meine Mutter auch immer, wenn sie Kopfschmerzen hat.« Firat sitzt direkt vor meiner Nase.
»Es würde schon helfen, wenn du nicht so schreien würdest.«
»Oder Sie nehmen diese Punkte, die man im Wasser tut«, schlägt er mir jetzt noch begeisterter vor. Woher hat er nur diese Energie?
Irgendwann das erlösende Klingeln. Stühle hoch, tschüs, und ab nach Hause auf die Couch. Und nachdem ich diese Punkte ins Wasser getan und diese Aspirinbrause zu mir genommen habe, geht es mir langsam wieder etwas besser. Ich wollte ja Action, aber so viel dann auch wieder nicht.
Fass mein Piiiep an!
Es weht ein leichter Hauch von Pubertät durch meine Klasse. Die Mädchen sind noch immun, aber bei den Jungen taucht erstes sexuelles Interesse auf. Endlich!
»Frau Freitag, wissen Sie, was die Jungs immer zu uns sagen?«, fragt Rosa auf dem Hof.
»Nein, was denn?«
Jetzt kichert sie und guckt auf ihre Schuhe.
»Die sind sooo eklig!«, mischt sich Dilay ein.
»Na, was sagen sie denn jetzt?« Langsam interessiert mich das auch. Aber es scheint sooo eklig zu sein, dass man es nicht mal wiedergeben kann.
Irgendwann traut sich Dilay: »Die sagen immer so Sachen wie: Fass mein Piiiep an.« Nach dieser Mitteilung guckt sie peinlich berührt in die andere Richtung. Jetzt steht auch Selina neben uns und berichtet entrüstet: »Ja, und sie sagen immer: Willst du mir einen blasen?«
Dilay und Rosa schütteln sich vor Empörung. Nun reden sie alle durcheinander: »Jaaa, das ist sooo eklig.«
»Immer sagen sie das. In Deutsch und in Erdkunde. Am schlimmsten ist Anil, aber Volkan macht auch immer mit, und dann kichern sie immer voll lange darüber.«
»Frau Freitag, das ist schrecklich. Die sollen damit aufhören.«
Das pubertäre Verhalten der Jungs scheint ihnen wirklich gegen den Strich zu gehen. Ich kann mir gut vorstellen, wie die Empörung der Mädchen die Jungs zu immer ekligeren Fragen anstachelt. Ihre explizite Sprache erzielt ja auch die erwünschte Wirkung: Die Mädchen schocken, damit sie die Jungs beachten.
»Wisst ihr, Mädels, die sind wie kleine Kinder, die sich darüber freuen, wenn sie Popo und Kacke sagen können.« »Kacke« wollen meine Schülerinnen aber auch nicht hören. Wahrscheinlich schon gar nicht von ihrer Klassenlehrerin. Das sind richtige kleine Damen. Ich kann mir noch nicht mal vorstellen, dass es stinkt, wenn die aufs Klo gehen.
»Also, meine Lieben, das geht natürlich nicht, dass sich die Jungs so vor euch benehmen. Ich überleg mir was. Versprochen.« Zufrieden hüpfen sie in Richtung Freizeitbereich.
Später folgt die große Ansage: »Jetzt mal was für die Jungen! Es gibt hier in
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