Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag
ausatmen, drehen – nichts. Mist, denke ich, wieder nicht geheilt.
»Frau Freitag, das wird nichts heute. Alles noch viel zu fest. Ich kriege bei Ihnen ja nicht mal den Kopf dahin gedreht, wo er hinmüsste, um die Wirbel einzurenken. Warten Sie mal.« Er geht raus und kommt mit seiner Sprechstundenhilfe wieder rein. Die grinst mich an und sagt hallo. Ich grinse zurück.
»Gucken Sie.« Er nimmt ihren Kopf und dreht ihn bis auf den Rücken. KRACHKNACKKNACK. Jeder einzelne Knochen begibt sich an seinen Platz. So etwas Schönes habe ich die ganze Woche nicht gehört. Der Physio wechselt die Seite und knackt ihr auch noch die restlichen Wirbel ein. Sie lächelt, dreht den Kopf nach links und rechts. »Fühlt sich super an.« Sie grinst und geht wieder raus.
»So muss sich der Kopf drehen lassen, Frau Freitag. Sie brauchen mehr Geduld. Und jetzt hole ich Ihnen die Wärmekissen.«
Mitleid – leider nicht
»Na, gibt’s was Neues?« Ich stehe mit Frau Hinrich am Vertretungsplan. Ich will zu ihr rübergucken, kann meinen Kopf aber immer noch nur ein paar Grad nach rechts drehen. Sie sieht mich fragend an.
»Ich habe doch seit letzter Woche eine Blockade im Nacken«, erkläre ich meine Roboterdrehung und erwarte Mitleid. Oder emphatisches Nachfragen. Frau Hinrich kennt sich aus mit Krankheiten. Sie kennt alle möglichen Störungen des menschlichen Körpers.
Sie guckt mich streng an: »Ich weiß auch genau, woher deine Blockade kommt. Von der Tasche!« Sie zeigt auf den Übeltäter. Ich umklammere meine Tasche.
»Und jetzt hängst du dir sie auch noch schräg über die Schulter.« Sie guckt böse auf den Trageriemen.
»Nein, das ist nicht die Tasche. Ich war zu kalt angezogen und bei der Aufsicht …«
»Quatsch! Die Tasche! Ich weiß, wovon ich spreche! So habe ich mir damals meine Bandscheiben ruiniert. Mach nur weiter so, trag nur weiter so eine schwere Tasche.«
Schuldbewusst nehme ich die Tasche – die gar nicht schwer ist – in den Arm und halte sie wie ein Baby.
»Das ist Gift für deinen Rücken! Und vor allem, wenn du sie so schräg …«
»Was denn? Soll ich die vielleicht auf einer Seite tragen? Das wäre doch noch viel schlimmer.«
Eine junge Kollegin stellt sich zu uns und hört zu.
»Das ist nicht von der Tasche«, sage ich trotzig. »Und das ist auch nicht vom Rauchen!« Kein Mitleid und jetzt auch noch Anmecker. »Das ist von dem dünnen Pulli, ach egal.«
Ich lasse sie stehen und gehe raus zum Rauchen. Eine von beiden erzählt irgendwas, ich höre das Wort Rucksack, drehe mich aber nicht mehr um.
Draußen steht Verena, eine andere Kollegin. Sie guckt mich an und gibt mir Feuer, als sie sieht, wie ich umständlich in meinen Taschen krame.
»Warum hältst du dich so komisch?«, fragt sie.
»Ich habe mir den Nacken blockiert«, sage ich leise und ohne hochzuschauen.
»Nacken blockiert, das gibt es gar nicht«, stellt Verena fachfrauisch fest. »Das sind Blockaden in deinem Kopf!«
»Nein, das ist der Nacken. Ich merke das doch.«
»Nein, nein, das sind deine Gedanken. Du blockierst dich. Du musst mal ein bisschen loslassen.«
»Aber ich habe gar keine blockierten Gedanken. Mir geht es gut. Ich habe da nur Zug bekommen. Letzten Montag bei der …«
Verena grinst und schüttelt den Kopf. Dann tippt sie mir an die Stirn. »Da ist deine Blockade. Da oben.«
Wir rauchen stumm vor uns hin. Plötzlich dreht sie sich zu mir: »Vielleicht bist du auch übersäuert.«
»Ich bin nicht sauer. Vielleicht ein wenig traurig, dass niemand …«
»Nicht sauer. Übersäuert. Dein Körper. Du musst deine Ernährung umstellen. Also ich esse jetzt nur noch basisch. Hier guck.« Sie dreht sich vor mir hin und her. »Schon acht Kilo abgenommen.«
»Basisch, soso.« Ich denke an Seife. Sie wird wahrscheinlich keine Seife essen, aber ich will auch gar nicht hören, was sie essen darf und was nicht. Ich will auch nicht abnehmen. Ich will nur, dass mein Nacken eingerenkt wird. Und vielleicht ein wenig Mitleid. Aber daraus wird wahrscheinlich nichts mehr.
Warum einfach
und nicht kompliziert
»… Tschüs, schöne Ferien. Tschüs, schöne Ferien, Orkan. Tschüs, schöne Ferien …«
Der gute Lehrer ist weitsichtig. Der gute Lehrer plant seinen Unterricht. Der gute Lehrer weiß: Wenn er Donnerstag eine sehr, sehr lange Sitzung hat, muss er seinen Unterricht für Freitag schon am Mittwoch planen.
Als gute Lehrerin sitze ich also am Mittwochabend stundenlang am Schreibtisch. Am Freitag habe ich noch eine
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