Echt zauberhaft
weißt
sicher, daß dein Vater, der König…« Er hatte bisher nicht an Legenden
geglaubt. Nicht einmal an die von dem Bauern, der jedes Jahr pünktlich
eine vol kommen ehrliche Steuererklärung ablieferte.
»Ja, genau«, sagte Cohen.
Er schritt zum Thron und stieß das Schwert in den Boden. Zitternd
blieb es darin stecken.
»Einige von euch bekommen den Kopf abgehackt, zu ihrem eigenen
Besten«, sagte er. »Aber ich habe noch nicht entschieden, wer auf diese
Weise kürzer wird. Da fällt mir ein: Jemand soll dem Jungen Willie den
Abort zeigen.«
»Ist nicht mehr nötig«, erwiderte der Junge Willie. »Als die roten Statu-
en so plötzlich hinter mir auftauchten, hat sich das Problem von al ein
gelöst.«
»Berge von…«, begann Kriecher.
»Weiß nichts von Bergen«, brummte Cohen.
»Und wo ist der Große Zauberer?« fragte Sechs Wohltätige Winde ner-
vös.
»Der Große Zauberer«, wiederholte Cohen.
»Ja«, bestätigte der Steuereintreiber. »Ich meine den Zauberer, der die
Rote Armee aus dem Boden gerufen hat.«
»Weiß nichts von ihm«, sagte Cohen.
Die Menge wankte nach vorn, als noch mehr Leute in den Saal dräng-
ten.
»Sie kommen!«
Ein Terrakottakrieger stapfte herein. Auf seinem Gesicht zeigte sich
das übliche Lächeln.
Er blieb stehen und taumelte ein wenig. Regenwasser floß an ihm her-
ab.
Die Leute duckten sich entsetzt. Abgesehen von der Horde. Wenn die
Horde mit unbekannten schrecklichen Gefahren konfrontiert wurde,
reagierte sie entweder mit Zorn oder mit Neugier.
Die Miene des früheren Lehrers erhel te sich. Cohen und die anderen
waren nicht besser, nur anders. Es machte ihnen nichts aus, Ungeheuern
gegenüberzutreten. Aber wenn man sie bat, über die Straße zu gehen und
eine Tüte Reis zu kaufen, kamen sie in Schwierigkeiten.
»Und jetzt, Lehrer?« flüsterte Cohen.
»Nun, du bist der Kaiser«, entgegnete Herr Zervelatwurst. »Viel eicht
solltest du etwas sagen.«
Cohen stand auf und nickte dem Terrakottahünen fröhlich zu.
»Morgen«, begann er. »Gute Arbeit da draußen. Ich gebe dir und dei-
nen Kameraden den Rest des Tages frei, damit ihr Geranien in euch
pflanzen könnt oder was weiß ich. Äh… gibt es bei euch viel eicht einen
Oberboß, mit dem ich reden kann?«
Der Terrakottakrieger knirschte, als er einen Finger hob.
Er preßte zwei Finger an den Unterarm und hob erneut einen Finger.
Alle Leute in der Menge sprachen gleichzeitig.
»Was bedeutet das?« fragte Sechs Wohltätige Winde.
»Es ist kaum zu glauben«, meinte Herr Zervelatwurst. »Aber mir
scheint, es handelt sich um eine besondere Kommunikationsmethode
aus dem Land der blutsaugenden Vampirgeister.«
»Verstehst du, um was es dabei geht?«
»Ich denke schon. Man muß versuchen, das Wort oder den Satz zu er-
raten. Der Krieger möchte uns mitteilen… hm… ein Wort, zwei Silben.
Die erste Silbe, nein, die zweite klingt wie…«
Der Riese neigte den Kopf ein wenig vor, breitete die Arme wie Flügel
aus und bewegte sie hin und her.
»Fliegen?« vermutete Herr Zervelatwurst. »Segeln? Gleiten? Reiten?
Äh… nein. Luft? Wolken? Wind?«
Der rote Krieger klopfte sich an die Nase und führte einen kurzen
Freudentanz auf, wobei seine Terrakottarüstung laut klapperte.
»Aha«, sagte Herr Zervelatwurst zufrieden. »Die zweite Silbe des Wor-
tes lautet also Wind.«
»Äh…«
Eine recht mitgenommen wirkende Gestalt trat durch die Menge. Sie
trug eine Brille, ein Glas war gesprungen.
»Äh«, sagte der kleine Mann. »Ich glaube, ich weiß, von wem die Nach-
richt stammt…«
Lord Fang und einige Krieger, die sein besonderes Vertrauen genossen,
standen am Hang des Hügels. Ein guter General wußte immer, wann er
das Schlachtfeld verlassen mußte, und Lord Fang hielt den kritischen
Zeitpunkt immer dann für gekommen, wenn sich der Feind näherte. Die
Männer waren bestürzt. Sie hielten nichts davon, gegen die Rote Armee
zu kämpfen. Wer es versucht hatte, zählte jetzt nicht mehr zu den Le-
benden.
»Wir… gruppieren uns neu«, schnaufte Lord Fang. »Dann warten wir
bis zum Einbruch der Nacht und… Was ist das?«
Ein rhythmisches Geräusch erklang hinter einigen Büschen weiter
oben am Hang – ein Erdrutsch hatte dort eine Senke geschaffen.
»Hört sich nach einem arbeitenden Zimmermann an«, meinte einer der
Soldaten.
»Hier oben? Während ein Krieg stattfindet? Stell fest, was da los ist!«
Der Mann kletterte nach oben. Nach einer Weile hörte das
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