Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Großvater Shibo Yangcong-san gespielt hatte. Der Alte gewann immer. Ganz gleich, wie sorgfältig er die Strategie plante: Sein Großvater
    setzte wie beiläufig einen Stein an genau die richtige Stelle, bevor er
    selbst zum entscheidenden Zug kam. Der Vorfahr hatte sein ganzes Le-
    ben damit verbracht, Shibo zu spielen. Mit diesem Kampf verhielt es sich ähnlich.
    »Meine Güte«, sagte er.
    »Ja«, erwiderte Herr Zervelatwurst. »Diese Leute haben jahrzehntelange
    Erfahrung darin, nicht zu sterben. Darin sind sie wirklich perfekt gewor-
    den.«
    »Aber… warum hier? Warum sind sie hier?«
    »Wir beabsichtigen, etwas zu stehlen«, antwortete Herr Zervelatwurst.
    Sechs Wohltätige Winde nickte langsam. Die Schätze in der Verbote-
    nen Stadt genossen einen legendären Ruf. Vermutlich hatten auch blut-
    saugende Geister davon gehört.
    »Die sprechende Vase des Kaisers P’gi Su?« spekulierte er.
    »Nein.«
    »Den Jadekopf von Sung Ts’uit Li?«
    »Nein. Du bist auf der völlig falschen Fährte.«
    »Ihr habt es doch nicht etwa auf das Geheimnis der Herstel ung von
    Seide abgesehen, oder?«
    »Meine Güte! Der Hintern von Seidenraupen. Das weiß doch jeder.
    Nein. Unser Interesse gilt etwas weitaus Kostbarerem.«
    Sechs Wohltätige Winde war gegen seinen Willen beeindruckt. Nur
    noch sieben Ninjas waren auf den Beinen, und Cohen kämpfte gegen
    einen von ihnen: Mit der einen Hand schwang er das Schwert, mit der
    anderen drehte er sich eine Zigarette.
    Herr Zervelatwurst beobachtete, wie das Licht der Erkenntnis in den
    Augen des Steuereintreibers zu glühen begann.
    So war es ihm auch ergangen.
    Cohen platzte in das friedliche Leben anderer Leute wie ein neuer Pla-
    net in ein wohlgeordnetes Sonnensystem. Man fühlte sich von ihm mit-
    gerissen, weil man sofort wußte, daß so etwas nie wieder passieren wür-
    de.
    Was sein eigenes Erlebnis betraf: Während der Schulferien hatte er in
    aller Ruhe nach Fossilien gesucht, als er durch Zufall ins Lager dieser
    lebenden Fossilien, die sich »Graue Horde« nannten, geraten war. Sie
    waren recht freundlich zu ihm gewesen, weil er weder Waffen noch Geld
    mit sich führte. Und sie fanden ihn interessant, weil er sich mit Dingen
    auskannte, von denen sie nichts wußten. Tja, auf diese Weise bekam die
    Horde ein neues Mitglied.
    Es fiel ihm gar nicht schwer, sich zu entscheiden. Vielleicht lag es an
    der besonderen Atmosphäre. Innerhalb weniger Sekunden sah er auf
    sein ganzes vergangenes Leben zurück und fand darin nicht einen einzi-
    gen Tag, an dem er wirklich Spaß gehabt hatte. Er begriff: Entweder
    schloß er sich Cohen und seinen Gefährten an, oder er kehrte zur Schule
    zurück, um in einigen Jahren einen schlaffen Händedruck, etwas Applaus
    und dann eine armselige Pension zu bekommen.
    Cohen strahlte etwas aus. Vielleicht konnte man es Charisma nennen,
    auf jeden Fal war es noch stärker und eindrucksvoller als sein typischer
    Geruch – er erinnerte an eine Ziege, die jede Menge Spargel gefressen
    hatte. Er verstieß gegen alle Regeln. Er verfluchte Leute und pflegte
    Fremden gegenüber eine Ausdrucksweise, die Herr Zervelatwurst für
    unverschämt und sogar beleidigend hielt. Er rief Worte, für die man an-
    deren die Kehle durchgeschnitten hätte. Aber er kam damit durch, und
    zwar aus zwei Gründen. Erstens steckte bei ihm keine echte Boshaftig-
    keit dahinter. Zweitens war er Cohen, eine Art Naturkraft auf Beinen.
    Es funktionierte immer. Wenn er nicht gerade gegen Trolle kämpfte,
    kam er besser mit ihnen klar als Leute, nach deren Ansicht Trolle die
    gleichen Rechte hatten wie al e anderen Personen. Selbst die Horde
    konnte sich der Wirkung seiner besonderen Ausstrahlungskraft nicht
    entziehen, obgleich sie aus den individuel sten aller Individualisten be-
    stand.
    Doch Herr Zervelatwurst hatte auch Ziellosigkeit im Leben der barba-
    rischen Helden gespürt, weshalb er eines Abends auf die besonderen
    Möglichkeiten im Aurient hingewiesen hatte…
    Hoffnung erstrahlte in der Miene von Sechs Wohltätige Winde.
    »Braucht ihr einen Steuerberater?« fragte er.
    »Eigentlich nicht.«
    »Wird die Beute als Einkommen oder als Kapital verbucht?«
    »Darüber habe ich bisher noch nicht nachgedacht. Die Horde bezahlt
    keine Steuern.«
    »Was? Sie bezahlt keine Steuern? An niemanden?«
    »Nein. Es ist seltsam, aber aus irgendeinem Grund sind Cohen und die
    anderen nicht fähig, Geld über längere Zeit zu behalten. Es geht immer
    schnel für Getränke, Frauen und

Weitere Kostenlose Bücher