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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Und anschließend regieren sie sich selbst?«
    »Ja«, sagte Lotosblüte.
    »Und zwar mit Hilfe der Volkskomitees«, erklärte Schmetterling.
    Rincewind preßte sich beide Hände an den Kopf.
    »Na so was«, murmelte er. »Komisch, ich hatte gerade eine Vision.«
    Die Zuhörer wirkten beeindruckt.
    »Ja, ich konnte einen kurzen Blick in die Zukunft werfen«, fuhr Rince-
    wind fort. »Und dort sah ich Volkskomitees, denen kaum Wasserbüffel-
    leinenhalter angehörten. Seltsam. Ich hörte eine Stimme, die mir zuflü-
    sterte, daß die meisten Mitglieder der zukünftigen Volkskomitees direkt
    vor mir stehen.«
    »Das ist natürlich nur zu Anfang so«, sagte Schmetterling. »Immerhin können die Bauern nicht lesen und schreiben.«
    »Wahrscheinlich wissen sie nicht einmal, worauf es bei richtigem Ak-
    kerbau ankommt«, vermutete Rincewind. »Schließlich hatten sie nur drei-
    oder viertausend Jahre Zeit, es zu lernen.«
    »Wir sind davon überzeugt, daß viele Verbesserungen möglich sind«,
    erwiderte Schmetterling. »Wenn wir gemeinsam handeln.«
    »Die Bauern freuen sich bestimmt, wenn ihr ihnen zeigt, wie man die
    Leinen der Wasserbüffel richtig in der Hand hält«, sagte Rincewind.
    Er starrte bedrückt zu Boden. Der Job des Wasserbüffelleinenhalters
    übte einen gewissen Reiz auf ihn aus; er schien fast so perfekt zu sein wie der des Schiffbrüchigen. Er sehnte sich nach einem Leben, in dem man
    sich auf die Matschigkeit des Schlamms konzentrieren und Bilder in den Wolkenmustern suchen konnte. Nach einem Leben, das es einem er-möglichte, in al er Ruhe nachzudenken und stundenlang darüber zu spe-
    kulieren, wann der Wasserbüffel das nächste Mal den Boden düngte. Ein
    solches Leben war auch so schon schwer genug, selbst ohne Leute, die
    versuchten, es zu verbessern.
    Er wol te sagen: Wie könnt ihr so nett und gleichzeitig so dumm sein?
    Wenn ihr den Bauern helfen wol t, dann laßt sie in Ruhe. Gebt ihnen die
    Möglichkeit, so zu leben, wie sie es gewohnt sind. Wenn Leute, die
    schreiben und lesen können, für andere Leute kämpfen, denen diese
    Kenntnisse fehlen, ist das Ergebnis nur eine neue Art von Dummheit.
    Wenn ihr etwas für sie tun wol t, baut irgendwo eine Bibliothek und laßt
    die Tür offen.
    Aber so kann man in Hunghung nicht denken. Hier haben die Leute
    gelernt, einfach zu gehorchen. Die Horde weiß das.
    Im Achatenen Reich gibt es Schlimmeres als Peitschen. Hier gibt es
    blinden Gehorsam. Peitschen in der Seele. Wer auch immer hier Anwei-
    sungen erteilt – man befolgt sie. Freiheit bedeutet, von jemandem Befeh-
    le entgegenzunehmen.
    Ihr werdet al e sterben.
    Ich bin ein Feigling. Und selbst ich weiß mehr über Kämpfe als ihr Ich bin vor einigen wirklich großen weggelaufen.
    »Ach, laßt uns von hier verschwinden«, sagte er laut. Vorsichtig nahm
    er einem der toten Wächter das Schwert ab, und beim zweiten Versuch
    gelang es ihm, die Waffe richtig herum zu halten. Einige Sekunden lang
    wog er sie nachdenklich in der Hand, schüttelte dann den Kopf und warf
    sie fort.
    Der Kader seufzte erleichtert.
    »Aber ich führe euch nicht an«, betonte Rincewind. »Ich zeige euch nur
    den Weg. Und damit meine ich den Weg hinaus, verstanden?«
    Die jungen Soldaten der Roten Armee wirkten so verlegen wie Kinder
    und Jugendliche, die einige Minuten lang mit al em Nachdruck ausge-
    schimpft worden waren. Niemand gab einen Ton von sich, bis Zwei-
    blum flüsterte:
    »Solche Vorträge hält er oft. Und anschließend tut er etwas Tapferes.«
    Rincewind schnaubte.
    Am oberen Ende der Treppe lag die Leiche eines weiteren Wächters.
    Der plötzliche Tod schien ansteckend gewesen zu sein.
    Ein Bündel Schwerter lehnte an der Wand. Eine Schriftrolle hing dar-
    an.
    »Der Große Zauberer zeigt uns den Weg erst seit zwei Minuten, und
    schon haben wir zusätzliches Glück«, kommentierte Lotosblüte.
    »Rührt die Schwerter nicht an«, sagte Rincewind.
    »Und wenn wir Soldaten begegnen?« fragte Schmetterling. »Sollten wir
    ihnen dann nicht bis zum letzten Blutstropfen Widerstand leisten?«
    »Nein«, erwiderte Rincewind sofort. »In einem solchen Fal solltet ihr
    möglichst schnell weglaufen.«
    »Ah ja«, ließ sich Zweiblum vernehmen. »Man laufe weg, um auch
    noch am nächsten Tag kämpfen zu können. So lautet ein altes Sprich-
    wort in Ankh-Morpork.«
    Rincewind hatte immer angenommen, daß man weglief, um auch am
    nächsten Tag noch weglaufen zu können.
    »Es geschieht nur selten, daß Gefangene auf

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