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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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kaiserlichen Gemächern
    führte.
    »Wie kommt es eigentlich, daß man euch al e lebend gefangengenom-
    men hat?« flüsterte Rincewind. »Die Soldaten, die ich gesehen habe, hat-
    ten große Schwerter. Wieso seid ihr nicht tot?«
    »Vermutlich sollten wir gefoltert werden«, erwiderte Schmetterling. »Es
    gelang uns, zehn Wächter zu verletzen.«
    »Ach? Indem ihr sie mit Plakaten beklebt oder revolutionäre Lieder ge-
    sungen habt? Meine Güte, jemand wollte euch lebend.«
    Der Boden sang im Dunkeln. Jeder Schritt bewirkte unterschiedliches
    Quietschen und Knarren wie auf den Dielen der Unsichtbaren Universi-
    tät. Doch Derartiges erwartete man nicht an einem so erhabenen Ort wie
    dem Palast.
    »Man nennt es Nachtigal enboden«, sagte Schmetterling. »Al e Nägel
    sind mit kleinen Ringen und Manschetten versehen. So kann sich nie-
    mand unbemerkt nähern.«
    Rincewind blickte auf die beiden Toten hinab – keiner von ihnen hatte
    sein Schwert gezogen. Er verlagerte sein Gewicht auf das linke Bein, und
    es quietschte. Als er sich nach rechts beugte, knarrte es.
    »Hier stimmt was nicht«, raunte er. »Auf einem solchen Boden kann
    man sich an niemanden heranschleichen. Die beiden Wächter wurden
    von jemandem umgebracht, den sie kannten. Verschwinden wir von
    hier…«
    »Wir gehen weiter«, sagte Schmetterling fest.
    »Es ist eine Falle. Jemand will euch benutzen, um seine schmutzige
    Arbeit zu erledigen.«
    Die junge Frau zuckte mit den Achseln. »An der großen Jadestatue
    nach links.«

    Vier Uhr morgens, eine Stunde vor Sonnenaufgang. In den Prunksälen
    hielten sich Wächter auf, aber nicht viele. Immerhin lag dieser Bereich
    tief im Innern der Verbotenen Stadt mit ihren hohen Mauern und
    schmalen Toren. Hier rechnete man nicht mit Zwischenfäl en.
    Man brauchte einen ganz besonderen Verstand, um die ganze Nacht
    leere Zimmer zu bewachen. Eins Großer Fluß hatte solch einen
    Verstand, der sanft durch einen ansonsten völlig hohlen Schädel driftete.
    Er wurde Eins Großer Fluß genannt, weil er ebenso groß und schnel
    war wie der Hung. Zunächst hatte er ein Tsimo-Ringer werden wol en,
    war aber beim Intelligenztest durchgefallen, weil er den Tisch nicht ge-
    gessen hatte.
    Er konnte sich nicht langweilen, weil es ihm an der dafür notwendigen
    Phantasie fehlte. Aber er hatte schließlich die schwierige Kunst erlernt,
    im Stehen zu schlafen.
    Derzeit döste er zufrieden vor sich hin und hörte nur ein gelegentliches
    Quietschen wie von einer sehr vorsichtigen Maus.
    Das Visier seines Helms schwang nach oben, und jemand fragte:
    »Möchtest du lieber sterben, als deinen Kaiser zu verraten?«
    Eine zweite Stimme fügte hinzu: »Das ist keine Fangfrage.«
    Eins Großer Fluß blinzelte, dann glitt sein Blick nach unten. Eine Er-
    scheinung in einem Rol stuhl mit quietschenden Rädern hielt ein ziem-
    lich großes Schwert so, daß die Spitze genau an die Stelle zeigte, wo der
    obere Teil der Rüstung nicht ganz bis an den unteren heranreichte.
    Eine dritte Stimme sagte: »Mindestens neunundzwanzig Personen ga-
    ben die falsche Antwort und sind nun… getrockneter, zerriebener
    Fisch… äh… tot.«
    Eine vierte Stimme verkündete: »Und wir sind keine Eunuchen.«
    Eins Großer Fluß stöhnte leise vor Anstrengung, als er nachdachte.
    »Ich glaube, ich lieber leben möchte«, sagte er schließlich.
    Jemand klopfte ihm auf die Schulter, ein Mann, der statt Zähnen Dia-
    manten im Mund hatte. »Ausgezeichnet. Willkommen in der Horde. Wir
    könnten jemanden wie dich gebrauchen. Zum Beispiel als Belagerungs-
    waffe.«
    »Wer ihr seid?« fragte Eins Großer Fluß.
    »Das ist Dschingis Cohen«, stellte Herr Zervelatwurst vor. »Vollbringer
    großer Taten. Drachentöter. Städteplünderer. Einmal kaufte er einen
    Apfel.«
    Niemand lachte. Herr Zervelatwurst wußte längst, daß die Horde nicht
    die geringste Idee von Sarkasmus hatte. Cohen und die anderen waren
    diesem Phänomen nie begegnet.
    Eins Großer Fluß entstammte der Tradition des Gehorsams. Sein gan-
    zes Leben lang hatte er Anweisungen befolgt. Er schloß sich dem Mann
    mit Diamantzähnen an, weil man diesem Mann folgte, wenn er »Folge
    mir!« sagte.
    »Aber bestimmt gibt es hier Tausende von Soldaten, die tatsächlich lie-
    ber sterben, als ihren Kaiser zu verraten«, flüsterte Sechs Wohltätige
    Winde, als sie durch den Flur schritten.
    »Oh, gut«, erwiderte Cohen.
    »Nein, das ist schlecht«, sagte Herr Zervelatwurst. »Bei den Ninja wart
    ihr nur ein

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