Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
man dem Essen vertrauen.
    Barbaren vergifteten keine Nahrungsmittel, weil sie nie wußten, wann sie
    selbst mal den einen oder anderen Bissen brauchten.
    »Entschuldige bitte, Euer Exzel enz«, sagte Sechs Wohltätige Winde,
    der in der Nähe gewartet hatte. »Ich glaube, Lord Kriecher hat recht. Ich
    kenne mich ein bißchen mit der Geschichte aus. Der richtige Weg zum
    Thron führt durch Meere aus Blut. Genau das hat Lord Hong vor.«
    »Tatsächlich? Meere aus Blut, sagst du?«
    »Oder man klettert über Berge aus Totenschädeln. Das ist die zweite
    Möglichkeit.«
    »Aber… aber… ich dachte, die Kaiserkrone wird vom Vater an den
    Sohn weitergegeben«, wandte Herr Zervelatwurst ein.
    »Nun, ja«, meinte Sechs Wohltätige Winde. »Ich schätze, das kann rein
    theoretisch geschehen.«
    »Du hast behauptet, al e würden uns gehorchen, wenn wir an der Spit-
    ze der Pyramide sind«, sagte Cohen zu dem früheren Lehrer.
    Kriecher musterte sie beide nacheinander. »Ihr habt es geplant?« fragte er vorwurfsvol . »Darum ging es die ganze Zeit, nicht wahr? Die Sache
    mit der Zivilisation und dem zivilisierten Verhalten… Und ganz zu An-
    fang hieß es, wir bekämen Gelegenheit, etwas sehr Kostbares zu stehlen.
    Ha! Ich dachte, wir würden uns irgendwelche Dinge unter den Nagel
    reißen und dann verschwinden. Plündern und rauben, so haben wir es
    immer…«
    »O ja, plündern und rauben, plündern und rauben!« entfuhr es Herrn
    Zervelatwurst. »Meine Güte, ich habe die Nase vol von eurem Plündern
    und Rauben! Könnt ihr nur daran denken, ans Plündern und Rauben?«
    »Nun, früher gab es auch Vergewaltigungen«, fügte der alte Vincent
    sehnsüchtig hinzu.
    »Ich gebe es nicht gern zu, Lehrer, aber meine Freunde haben recht«,
    sagte Cohen. »Wir haben immer gekämpft und geplündert. Dies mit dem
    Verbeugen und Herumkriechen… Ich bin mir nicht sicher, ob ich für die
    Zivilisation geschaffen bin.«
    Herr Zervelatwurst rollte mit den Augen. »Selbst du, Cohen? Ihr seid
    alle so… dämlich! Warum gebe ich mir nur solche Mühe mit euch! Ich meine, seht euch nur an! Wißt ihr, was ihr seid? Legenden!«
    Die Horde wich zurück. Niemand hatte je erlebt, daß Herr Zervelat-
    wurst die Beherrschung verlor.
    »Das kommt von legendum, was soviel bedeutet wie ›etwas Niederge-
    schriebenes‹«, sagte Herr Zervelatwurst. »Bücher. Schon mal davon ge-
    hört? Lesen und schreiben. Ich schätze, das ist euch ebenso fremd wie
    die Verlorene Stadt von Iieeh…«
    Kriecher hob ein wenig nervös die Hand.
    »Ich habe sie einmal besucht, die Verlorene Stadt von…«
    »Sei still! Ich… Wo war ich stehengeblieben? Ah, ja… ihr lest nicht,
    oder? Niemand von euch hat je lesen gelernt, stimmt’s? Dann habt ihr
    euer halbes Leben vergeudet. Ihr hättet Perlen der Weisheit sammeln
    können. Statt dessen wart ihr immer nur auf schäbigen Tand aus. Ihr
    könnt von Glück sagen, daß die Leute immer nur von euch lesen, ohne
    euch jemals zu begegnen, denn ihr seid eine Riesenenttäuschung!«
    Rincewind beobachtete das Geschehen fasziniert und rechnete damit,
    daß Herr Zervelatwurst gleich einen Kopf kürzer wurde. Aber seltsa-
    merweise geschah das nicht. Vermutlich war er zu zornig, um enthauptet
    zu werden.
    »Was habt ihr eigentlich vol bracht, meine Herren? Und erzählt mir jetzt bloß nicht, daß ihr diese Juwelen gestohlen und jene Dämonen getötet
    habt! Könnt ihr irgendwelche echten Leistungen vorweisen?«
    Kriecher hob erneut die Hand.
    »Nun, mir ist es einmal gelungen, mit nur einem Schwerthieb gleich
    vier…«
    »Ja, ja, ja«, sagte Herr Zervelatwurst. »Ihr habt dies getötet und das gestohlen und außerdem die riesigen menschenfressenden Avocatobirnen
    von Ichweißnichtwo besiegt, aber das ist alles… banal. Es hat nicht mehr Bedeutung als… als… die Tapeten an den Wänden eines Zimmers.
    Niemand schert sich darum! In Ankh-Morpork habe ich Jungen unterrichtet, die euch für einen Mythos halten. Das habt ihr erreicht. Die Leute glauben nicht, daß es euch jemals gegeben hat. Sie halten euch für erfun-dene Gestalten, für Teile von Geschichten. Wenn ihr sterbt, wird niemand davon erfahren, weil die Leute davon überzeugt sind, daß ihr längst tot
    seid.«
    Herr Zervelatwurst legte eine kurze Pause ein, um wieder zu Atem zu
    kommen. »Aber hier…«, fuhr er etwas ruhiger fort, »…hier könntet ihr
    wirklich etwas leisten. Ihr hättet die Chance, ein uraltes und halb versteinertes Reich in die Welt

Weitere Kostenlose Bücher