Echte Biester: Roman (German Edition)

gegen eine Zypresse gefahren.«
    »Logisch.« Gerry Germaine spielte im Geiste alle Möglichkeiten durch. »Wie willst du ihn denn ausfindig machen?«
    »Na ja, der Sheriff hier verfügt über einen Suchtrupp.«
    »Ausgeschlossen. Ich will nicht, dass die Sache in die Medien kommt.«
    »Aber er ist verletzt«, entgegnete Raven. »Er braucht Hilfe.«
    »Wie schwer verletzt? Glaubst du, er könnte … sterben ?« Ein solches Szenario hatte sich Gerry Germaine in all seiner Kaltschnäuzigkeit schon öfter ausgemalt. Wenn Derek Badger eine seiner Expeditionen nicht überleben würde, würde dass die Einschaltquoten der Sendung in ungeahnte Höhen schnellen lassen. Außerdem könnte er dann durch einen anderen Schauspieler ersetzt werden, der nicht so aufgeblasen, anspruchsvoll und tölpelhaft war. Um den Job würden sich die Leute nur so reißen – für die Hälfte der Gage.
    »Es ist möglich, dass die Fledermaus Tollwut hatte«, sagte Raven. »Das könnte dazu führen, dass Derek den Verstand verliert.«
    Aus reiner Neugier gab Gerry Germaine das Stichwort »Tollwut« in seinen Laptop ein.
    »Das müssen wir absolut geheim halten«, sagte er, »vor allem, wenn er übergeschnappt ist. Diese Art von Publicity kann die Sendung überhaupt nicht gebrauchen.«
    Er konnte sich ohne Weiteres vorstellen, wie Derek – mit irrem Blick und Unsinn faselnd – von Polizisten aus dem Sumpf gerettet wurde. Und wer weiß, was für einen Blödsinn der Typ von sich geben würde, wenn erst einmal die Kameras der Nachrichtensender auf ihn gerichtet waren. Der Untamed Channel war ein Sender für die ganze Familie und wurde von pingeligen Geschäftsleuten betrieben, die etwas gegen peinliche Situationen hatten.
    »Keine Cops. Jedenfalls jetzt noch nicht«, legte Gerry Germaine fest.
    Raven schwieg.
    »Trommel das Team zusammen und tu dein Möglichstes, um ihn zu finden.«
    »Und wenn uns das nicht gelingt?«, fragte Raven.
    »Dann ruf mich wieder an.«
    »Dafür werden wir den Hubschrauber brauchen, Gerry.«
    »Nun krieg dich mal wieder ein, Kindchen. In Badgers Vertrag steht, dass er jeden Abend mit dem Hubschrauber ins Hotel zurückgebracht wird. Dass wir einen dieser Benzinsäufer chartern, wenn Badger durchdreht und wegläuft, wird im Vertrag mit keinem Wort erwähnt. Weißt du, was ein Hubschrauber pro Stunde kostet?«
    »Achthundert Dollar«, sagte Raven, »wenn ich mich recht erinnere.«
    »Wohl eher tausend.«
    Raven war wie vor den Kopf geschlagen, dass Gerry Germaine solch einen Aufstand wegen des Hubschraubers machte.
    »Vier Stunden«, sagte er, »und keine Minute länger.«
    »Aber es geht hier um das Leben eines Menschen!«
    »Viel Glück«, sagte Gerry Germaine.
    Dann legte er auf und las den Artikel auf dem Bildschirm weiter. Tollwut war offenbar eine höchst unangenehme Krankheit.
    Als die zwei anderen Sumpfboote Sicklers an der Bauminsel eintrafen, war Derek Badger seit über einer Stunde verschwunden, und Link kochte vor Wut. Weitere dreißig Minuten verplemperte man damit, darüber zu debattieren, wie und wo die Suche durchgeführt werden sollte. Schließlich einigte man sich darauf, dass Mickey Cray und Raven Stark mit dem einem, Link und der Regisseur mit dem anderen Boot fahren sollten. Keiner hatte jedoch damit gerechnet, dass das erste Boot dann erst mal vom zweiten abgeschleppt werden musste, weil sein Motor versagte. Auf diese Weise ging der ganze Vormittag dahin und die Stimmung wurde immer gereizter.
    Aus dem Reservat der Miccosukee forderte man vier große Sumpfboote an, um das Team samt Equipment sowie die Catering-Leute zu Sicklers Anlegestelle zurückzubringen. Während man in gespannter Atmosphäre lunchte – Sickler servierte gegrillte Hühnerflügel, zum kriminellen Preis von acht Dollar pro Portion –, studierten Raven und der Regisseur eine Karte der Umgebung.
    Mickey beschloss, seine Ausrüstung auf den Pick-up zu laden.
    »Wo ist das Mädchen?«, fragte er Wahoo.
    »Im Laden.«
    »Dann hol sie. Wir verschwinden von hier.«
    »Momentchen mal«, sagte Raven und lugte über den Rand ihrer Lesebrille. »Sie wollen uns doch wohl nicht im Stich lassen, wie?«
    Mickey sah sie überrascht an. »Ich dachte, die Sache sei gelaufen, da Mr. Beaver sich davongemacht hat. Aber wenn Sie mich fürs Rumhängen bezahlen wollen, Madam, bin ich gern bereit zu bleiben.«
    »Lassen Sie’n ruhig gehen«, schaltete Link sich ein. »Den brauchen wir nich’.«
    »Ich glaube doch«, erwiderte Raven und tippte mit dem