Echte Biester: Roman (German Edition)

Geschichte reingezogen. Ich hätte nie weglaufen dürfen, sondern mich stattdessen bei Walmart verstecken sollen.«
    »Verstecken? Wie meinst du das?«
    »Die Gartenabteilung bei denen ist riesig. Um mich da zu finden, würde Daddy eine Woche brauchen.«
    »Was für eine Schnapsidee«, sagte Wahoo.
    Eifrig schöpften sie weiter, sodass in alle Richtungen Wasser spritzte.
    Tuna biss die Zähne zusammen, um nicht in Tränen auszubrechen. »Ich hätte nie gedacht, dass er jemanden anschießen würde. Nie im Leben.«
    »Vielleicht war es ja wirklich nur ein Versehen.«
    »Nein, er ist endgültig übergeschnappt. Was, wenn er jemanden tötet, Lance?«
    Wahoo vermied es, sie anzusehen. »Mein Vater kann ganz gut auf sich aufpassen.«
    In dem Moment knallten kurz hintereinander drei Schüsse. Wahoo und Tuna hörten auf, Wasser zu schöpfen, und lauschten. Derek hatte nichts mitbekommen und schlummerte weiter.
    »Wie weit weg?«, flüsterte Tuna.
    »Näher als vorhin.«
    Höchstwahrscheinlich war es Jared Gordon, der geschossen hatte. Vielleicht war ihm ein Rotluchs oder ein Python in die Quere gekommen – vielleicht hatte Mickey Cray aber auch einen Fluchtversuch unternommen. Bei dem Gedanken wurde Wahoo ganz flau im Magen.
    Ein Windstoß trug undeutliche Gesprächsfetzen heran. Zwei unterschiedliche Männerstimmen waren zu hören, was wahrscheinlich bedeutete, dass Mickey noch am Leben war – zumindest entschied sich Wahoo für diese Interpretation.
    »Hört sich so an, als kämen sie in unsere Richtung«, sagte er zu Tuna.
    Derek erwachte und fragte, was los sei.
    »Wir müssen uns verstecken«, teilte Wahoo ihm mit. »Stehen Sie auf.«
    »Verstecken? Vor wem denn? Vor Vampiren?«
    »Vor jemandem, der schlimmer ist als ein Vampir«, erklärte Tuna. »Geh voran, Lance.«

24
    Sobald das Wetter etwas besser wurde, schickte Sergeant Ramirez den Suchtrupp aus. Vier Sumpfboote mit je einem Polizisten an Bord fuhren in aller Eile von Sicklers Anlegestelle los. Aus Miami kam ein Polizeihubschrauber mit Infrarotausrüstung und auch die Küstenwache in Opa-locka stellte einen Hubschrauber zur Verfügung.
    Raven Stark hatte sich mittlerweile in Derek Badgers Wohnmobil eingeschlossen, um den unzähligen Reportern zu entfliehen, die erfahren hatten, dass der berühmte Überlebenskünstler vermisst wurde. Die Reporter hätten nur zu gern eine Verbindung zwischen Dereks Verschwinden und dem »Irren« hergestellt, der die Leute in Sicklers Laden terrorisiert hatte, doch ein Sprecher der Polizei versicherte, die beiden Vorfälle hätten nichts miteinander zu tun.
    Der Regisseur von Expedition Überleben! sorgte hingegen dafür, dass der Medienhype noch weiter angekurbelt wurde. Er erzählte einem Kolumnisten der Boulevardpresse von Dereks blutiger Auseinandersetzung mit der Bulldoggfledermaus, was sofort zu Spekulationen darüber führte, ob Derek von Tollwut befallen sei und nun einsam und allein im Sumpf sterben würde. Tausende von aufgelösten Fans posteten Nachrichten auf Dereks Facebook-Seite und twitterten aufgeregte Kommentare.
    Raven war extrem sauer auf den Regisseur, während Gerry Germaine sich von alldem nicht aus der Ruhe bringen ließ. Der leitende Produzent von Expedition Überleben! glaubte, dass die momentane Publicity viele neue Zuschauer anlocken würde, ganz gleich, wie die Sache ausging. Das würde die Werbeeinnahmen steigern, was wiederum zur Folge hätte, dass Untamed Channel mehr Profit machte.
    Für den mäßig tragischen Fall, dass Derek tastsächlich an Tollwut (oder irgendeiner tropischen Krankheit) starb, sah Gerry Germaine eine zweistündige Gedenksendung vor, in der die Highlights der einzelnen Folgen gezeigt werden sollten. Das würde zu geradezu traumhaften Einschaltquoten führen.
    »Wir sollten eine Presseerklärung abgeben«, schlug Raven vor, »und sagen, dass wir überzeugt sind, dass Derek, ein erfahrener Überlebensspezialist, gesund und munter ist.«
    »Nun mal langsam«, entgegnete Gerry Germaine. »So schrecklich ist das gar nicht, wenn die ganze Welt sich um ihn Sorgen macht. Erinnerst du dich noch an diese Bergarbeiter in Chile, die im Bergwerk verschüttet waren? Als die gerettet wurden, waren sie absolute Stars.«
    Der Vergleich hinkte. Die chilenischen Bergarbeiter waren echte Überlebenskünstler gewesen. Derek Badger hätte nicht einmal vierundzwanzig Stunden in Kälte und Finsternis ausgehalten, ohne den Verstand zu verlieren. Das wussten Raven und ihr Boss sehr gut.
    »Bei uns wird