Echte Morde
hier draußen passiert ist - und noch eins: vielen Dank!" Gerald saß, wie ich annahm, noch im Konferenzzimmer, Mamie lag in der Küche: Ich konnte also nirgendwohin, außer in den Saal zu den anderen. Es sei denn, er wollte, dass ich in der Toilette herumstand.
Ich drückte die Tür auf. In meinem Herzen herrschte ein wildes Durcheinander an Gefühlen, bei dem allerdings Erleichterung überwog. Ehe ich in den Saal gehen konnte, spürte ich eine Hand auf meinem Arm. „Entschuldigung!", wisperte Arthur.
Über seine Schulter hinweg sah ich den karierten Rücken des Dienststellenleiters: Burns hielt gerade einigen schwer mit Ausrüstung beladenen uniformierten Gesetzeshütern die Hintertür auf. „Wenn Sie nichts dagegen haben, komme ich morgen früh bei Ihnen vorbei, um über die Wallace-Sache zu reden", fuhr Arthur fort. „Wo sind Sie dann? Auf der Arbeit?"
„Nein, morgen ist mein freier Tag", entgegnete ich. „Ich bin zu Hause, wenn Sie vorbeikommen wollen."
„Ist neun Uhr zu früh?"
„Nein, neun ist in Ordnung."
Während ich in den Saal ging, in dem sich meine Clubgefährten aneinander drängten, dachte ich darüber nach, welch krankes Superhirn sich da gegen die Intelligenz eines Arthur Smith verschworen hatte. Das Gehirn eines Menschen, der auf höchst clevere, perverse Weise, mit großer Sorgfalt und fast künstlerischer Liebe zum Detail vorging. Der Mord an Marnie stellte eine Herausforderung dar, die sich an alle richtete, die bereit waren, sie anzunehmen - wer immer das sein mochte.
„Findet doch raus, wer ich bin, ihr Amateurdetektive!", lautete die Herausforderung. „Wenn ihr könnt! Ich bin real! Seht mein Werk!"
Mir war klar, dass ich über diese Gedanken nicht sprechen durfte, also verbannte ich sie strikt aus meinem Kopf, während ich versuchte, den Blicken meiner Clubkameraden auszuweichen. Der ganze Saal wartete neugierig auf mich. Sally Allison war eine Meisterin im Auffangen von Blicken, die sie nicht fangen sollte. Nicht lange, und sie war auch bei mir erfolgreich. Ich sah, wie sich ihr Mund öffnete. Gleich würde sie herkommen und fragen, ob ich Marnie gefunden hätte. Aber Sally war nicht dumm: Als ich den Kopf schüttelte, blieb sie, wo sie war.
„Geht es Ihnen gut?" John Queensland näherte sich mir mit der Würde, die einer der Schlüssel zu seinem Charakter war.
„Ihre Mutter wird sich schrecklich aufregen, wenn sie hört ..."
Aber weiter kam John nicht, musste er doch feststellen, dass er gar nicht wusste, was meine Mutter vielleicht bald hören würde. Der Satz blieb unbeendet, was John gar nicht passte, denn immerhin war er auch einen Tick hochnäsig. Fragend hob er die Brauen.
„Tut mir leid", sagte ich flüsternd mit schriller Stimme. Ekelhaft, dieses Piepsen! Verärgert schüttelte ich den Kopf. „Es tut mir leid", wiederholte ich fester. „Detective Smith will nicht, dass ich mit Ihnen rede, ehe er nicht selbst mit Ihnen gesprochen hat." Ich warf John ein schiefes, verkniffenes Lächeln zu und setzte mich auf einen Stuhl neben der Kaffeemaschine, in einigem Abstand zu den anderen, die mich mit empörten Blicken musterten und ungehalten vor sich hin murmelten. Beides versuchte ich zu ignorieren. Gifford Doakes tigerte unruhig auf und ab, die Polizisten vor der Tür schienen ihn extrem nervös zu machen. Robin Crusoe, der Schriftsteller, wirkte neugierig und gespannt, Lizanne dagegen weiterhin eher gelangweilt. LeMaster Cane, Melanie und Bankston und Jane Engle unterhielten sich leise. Erst jetzt fiel mir auf, dass ein weiteres Clubmitglied fehlte: Benjamin Greer. Benjamin nahm nur gelegentlich an unseren Treffen teil. Überhaupt verlief sein Leben nicht in geregelten Bahnen, weswegen ich seinem Fehlen keine allzu große Bedeutung beimaß. Sally saß dicht neben ihrem Sohn Perry, dessen kleiner Mund zu einem sehr merkwürdigen Lächeln verzogen war. Perrys Fahrstuhl hielt, wie man so sagt, nicht in jedem Stockwerk.
Ich schenkte mir eine Tasse Kaffee ein und wünschte, es wäre ein ordentlicher Schuss Bourbon darin. Der Kaffee ließ mich an Marnie denken, die extra früher zum Treffen gekommen war, um alles nett herzurichten und Kaffee zu kochen, damit wir nicht Sallys scheußliches Gebräu zu trinken brauchten ... prompt brach ich in Tränen aus und vergoss Kaffee auf meinem schönen gelben Pullover. Diese furchtbaren türkisen Schuhe! Immer wieder sah ich diesen leeren Schuh vor mir, wie er da aufrecht in der Türöffnung gestanden hatte.
Neben mir
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