Echte Morde
Treffen etwas erreichen. Ich dachte, wenn wir uns alle zusammensetzen und nachdenken, erinnern wir uns vielleicht an etwas, das zur Aufklärung dieses schrecklichen Mordes beiträgt."
Aber inzwischen hörte mir niemand mehr richtig zu, war doch jeder zu sehr damit beschäftigt zusammenzusuchen, was oder wen er mitgebracht hatte.
Zum Abschluss stellte John Queensland ein unerwartetes Gespür für Drama zur Schau.
„Hiermit erkläre ich die letzte Sitzung des Clubs Echte Morde für geschlossen", verkündete er.
KAPITEL NEUN
Ich sah wundervoll aus. Als Aminas Mutter hörte, ich sei auf der Suche nach etwas Neuem und Hübschem für eine Einladung zum Mittagessen in der Stadt, es müsse aber etwas sein, was ich auch hinterher zur Arbeit tragen könnte, hatte sie nachdenklich genickt und war mit professionellem Blick die vollbeladenen Kleiderstangen durchgegangen. Das mit der Arbeit war auf meinem Mist gewachsen, das hatte Amina mir nicht aufgetragen, sie musste ja aber auch nicht die Rechnung bezahlen. Mrs. Day ließ ihren Blick zwischen verschiedenen Blusen und mir hin und her wandern, während ich versuchte, nicht allzu albern oder hoffnungsvoll auszusehen, obwohl ich mir reichlich albern (und hoffnungsvoll) vorkam.
Endlich war sie fündig geworden: eine elfenbeinfarbene Bluse, an der grüne Ranken emporklommen, dazu eine dunkelgrüne Schleife, die meiner wilden Lockenpracht eindeutig Weiblichkeit bescherte. „In deinem Alter keine hellen Schleifchen mehr, Schätzchen, das wirkt zu verspielt", hatte Mrs. Day befunden, ehe sie mir zur Bluse eine khakifarbene Hose mit breitem Gürtel und extravaganten Bügelfalten heraussuchte, außerdem ein Paar Schuhe, das ich gleich anbehielt. Beim Anblick meines Lippenstifts schüttelte sie bedenklich den Kopf (nicht dunkel genug), aber ich blieb stur. Ich hasste dunklen Lippenstift.
Die Sachen, die ich gekauft hatte, waren beileibe nichts Auffälliges, stellten für mich aber eine deutliche Veränderung dar.
Sie sorgten dafür, dass ich mich großartig fühlte, und auf dem kurzen Weg zur Interstate, die mich in die Stadt bringen sollte, war ich fest davon überzeugt, dass Robin von meinem Anblick beeindruckt sein würde.
Die Zuversicht wich ein wenig, als ich durch die Glasscheibe in der Tür des Seminarraums spähte. Amina hatte wieder einmal richtig geraten: In Robins Kurs über kreatives Schreiben hockten jede Menge hübscher junger Collegeküken. Bestimmt schrieben sieben von ihnen Verse über den Hunger in der Welt und das traurige Ende hoffnungsvoller Liebesbeziehungen. Mindestens fünf trugen keinen BH. Die vier Männer im Kurs waren von der ernsten, eher ungekämmten Sorte. Wahrscheinlich schrieben sie existentialistische Theaterstücke oder Gedichte über das traurige Ende hoffnungsvoller Liebesbeziehungen.
Als die Studenten aufstanden, um zu gehen, blieben zwei der attraktiven Küken zurück. Zweifellos hatten sie vor, Robin zu beeindrucken. Mit einem Lächeln gedachte ich Aminas War-nungen und stieß die Tür auf.
Robin bezog das Lächeln auf sich und strahlte zurück. „Schön, dass Sie hergefunden haben!", sagte er, woraufhin sich die jungen Frauen — denn Mädchen waren es ja nicht mehr — umdrehten und mich anblickten. Höflich stellte Robin uns vor. „Lisa, Kimberley - Aurora Teagarden." Darauf war ich nicht vorbereitet gewesen, er hatte aber auch wirklich einwandfreie Manieren.
Die Braunhaarige wirkte total vor den Kopf gestoßen, und die mit den blonden Strähnchen kicherte, ehe sie sich zusammenreißen konnte.
„Fertig? Gehen wir Essen?", fragte Robin, woraufhin die beiden jungen Gesichter im Handumdrehen wieder ernsthaft wurden.
„Danke, Robin", dachte ich. „Ja, lassen Sie uns gehen!", sagte ich überdeutlich. Ich hatte die ganze Zeit über gelächelt.
„Sie beide sehe ich dann Mittwoch wieder", verabschiedete sich meine Verabredung von Lisa und Kimberly, die sich die Arme mit Büchern vollluden und hoch erhobenen Hauptes davon stolzierten. Robin warf ein paar Gedichtsammlungen in seine Aktentasche. „Die bringe ich nur schnell noch in mein Büro", meinte er. Das Büro befand sich gleich gegenübel und war mit Papieren und Büchern vollgestopft, die aber nicht Robin gehörten, wie er mir erklärte. „Eigentlich sollte James Artis in diesem Semester drei Schreibkurse leiten und ein Seminar über die Geschichte des Kriminalromans veranstalten. Nach seinem Herzinfarkt hat er der Uni empfohlen, mich zu engagieren."
„Warum haben Sie das
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