Echte Morde
rasch ausbreitenden Wasserfleck. Damit stand der Plan für meine Mittagspause fest: Ich würde sie mit dem Aufspüren eines Klempners zubringen.
Wunder über Wunder: Obwohl eigentlich alles dagegen sprach, landete ich gleich mit meinem ersten Versuch einen Treffer. Voller Bewunderung wurden die Crandalls Zeugen, wie ich Ace Plumbing dazu überredete, meinen Mietern noch innerhalb der nächsten Stunde einen Besuch abzustatten. Da es sich bei Ace Plumbing um eine der beiden Klempnerfirmen handelte, die Mutter bei sämtlichen Arbeiten an ihren Häusern hinzuzog, konnte man es wahrscheinlich noch nicht einmal als umwerfend bezeichnen, dass sie willens und bereit waren, mir zu helfen. Aber dass sie sofort kommen wollten - na ja, das kam eigentlich so gut wie nie vor. Als mir Teentsy nach diesem erfolgreichen Telefonat einen Teller mit Steak, Kartoffeln und grünen Bohnen vorsetzte, musste ich mir eingestehen, dass das Leben als Hausverwalterin auch Vorteile hatte. Halbherzig protestierte ich, das sei wirklich nicht notwendig gewesen, ehe ich über den Teller herfiel. In Teentsys Küche spielte die Sorge um Kalorien oder Cholesterin keinerlei Rolle, weswegen das Essen nicht nur absolut köstlich, sondern auch gleich noch mit einer kleinen Prise Schuldgefühl gewürzt war.
Teentsy und Mr. Crandall schienen erfreut, jemanden zum Reden zu haben. Die beiden gaben ein interessantes Paar ab: sie mit ihrem ausladenden Busen, den Löckchen und der kindlichen Stimme, er mit seinem faltigen Gesicht, das wie aus Fels gemeißelt wirkte.
Während ich aß, überzog Teentsy einen Kuchen mit Zuckerguss, und Mr. Crandall sprach von seinem Hof, den er im Jahr zuvor verkauft hatte und wie nett und angenehm es doch war, jetzt in der Stadt zu leben, dicht bei ihren Ärzten, der Familie und besonders den Enkelkindern. Er gab sich wirklich alle Mühe, begeistert zu klingen, überzeugte mich aber nicht. Ganz offensichtlich fühlte er sich unterbeschäftigt und brannte darauf, wieder etwas zu tun zu bekommen.
„Das war ein charmanter junger Mann, mit dem wir Sie gestern gesehen haben", mischte sich Teentsy ein. „Hatten Sie einen angenehmen Abend?"
Wetten, dass Teentsy genau wusste, wann Robin mich heimgebracht hatte? „Es war sehr schön, danke", sagte ich so gelassen wie möglich. Verstohlen sah ich mich um. Wo bei mir lange Bücherregale alle Wände des Wohnbereichs zierten, hingen bei den Crandalls Schusswaffen. Ich wusste so gut wie nichts über Schusswaffen und war entschieden dagegen, diesen Zustand zu ändern. Aber selbst ich sah, dass es sich hier um eine ansehnliche Sammlung handelte. Einige der Waffen wirkten sehr alt, keine war doppelt.
Was sie wohl wert sein mochten? Von dieser Frage war es kein weiter Schritt zur Frage nach der Versicherung: Würde die Summe, mit der Mutter diese Reihenhäuser versichert hatte, im Fall eines Diebstahls ausreichen und war sie verantwortlich, wenn die Waffen gestohlen wurden? Wobei wohl ein Dieb, der sich mit Mr. Crandall anlegte und versuchte, ihm seine Waffen zu entwenden, nicht ganz bei Trost sein konnte.
Da ich gerade dabei war, über Gefahren und Sicherheit nachzudenken, schweiften meine Gedanken gleich auch noch in eine andere Richtung, und ich warf einen Blick auf die Hintertür der Crandalls - und bitte: Es war genau so, wie ich es mir gedacht hatte. Sie hatten zwei zusätzliche Schlösser anbringen lassen.
Ich legte meine Gabel hin. „Mr. Jed, über die beiden zusätzli-chen Schlösser müssen wir uns dringend unterhalten", verkündete ich sanft.
Er kannte seinen Mietvertrag, er hatte ihn sich sorgfältig durchgelesen. Das harte, alte Gesicht wirkte plötzlich gar nicht mehr so hart, sondern eher so, als hätte man ein Kind auf frischer Tat ertappt.
„Jed!", schalt Teentsy gutmütig. „Ich habe dir doch gesagt, dass du mit Roe über diese Schlösser sprechen musst."
Crandall zuckte hilflos die Achseln. „Sie sehen doch selbst, Roe, dass man bei dieser Waffensammlung mehr als ein simples Schloss an der Hintertür braucht."
„Ich verstehe Ihren Standpunkt und würde Ihnen in dieser Frage sogar zustimmen." Ich bemühte mich um möglichst unbestimmte Formulierungen. ,,Aber Sie wissen doch: Wenn Sie in diesem Haus zusätzliche Schlösser anbringen, dann müssen Sie mir jeweils einen Schlüssel geben, und beim Auszug müssen Sie die Schlösser hierlassen und mir sämtliche Schlüssel aushändigen. Natürlich hoffe ich sehr, dass Sie nie ausziehen, aber Sie müssen mir jetzt die
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