Echte Morde
wirklich hören wollte. Zum ersten Mal in meinem Leben sehnte ich mich nach einem Anrufbeantworter.
„Mich rufen sie auch an", sagte Arthur düster. „Ich bin es nicht gewohnt, so direkt im Zentrum des Medieninteresses zu stehen."
„Ich auch nicht", sagte ich, „und ich finde es schrecklich. Ich bin froh, dass man als Bibliothekarin normalerweise nicht mal Pressekonferenzen veranstalten muss. Glaubst du, du konntest alle Verdachtsmomente gegen dich ausräumen?"
„Ja. Jedenfalls hat man mich nicht suspendiert oder vom Fall abgezogen. Wenigstens dazu scheint der Respekt ja zu reichen, den ich mir hier erworben habe."
„Ich bin froh", sagte ich und war wirklich froh, dass Arthur noch dabei war. Solange er in den Mordfällen ermittelte, hatte ich das Gefühl, bei der Polizei jemanden auf meiner Seite zu wissen. Es hätte mir nicht nur um Arthurs wegen leid getan, hätte man ihn suspendiert. Ohne ihn hätte ich mich noch machtloser gefühlt, noch mehr ohne jeglichen Einfluss.
„Leg einfach den Hörer daneben", riet Arthur mir. „Aber erst rufst du deine Mutter an und sagst, sie soll auf deinem Parkplatz ein riesengroßes Schild aufstellen lassen: Privatbesitz, Betreten verboten, Zuwiderhandlungen werden angezeigt."
„Gute Idee. Danke."
Leicht verunsichert verabschiedeten wir uns. Keiner von uns wusste, was als nächstes geschehen, wem als nächstes etwas zustoßen würde.
Meine Mutter weckte ihre Handwerker noch in derselben Nacht, versprach dreifachen Lohn für rasche Arbeit und brachte es fertig, dass noch vor sieben Uhr morgens ein Schild meinen Parkplatz zierte. Sie flehte mich an, die Stadt zu verlassen oder wenigstens zu ihr zu ziehen, bis diese ganze Sache ein Ende fand. Sie hatte die Buckleys gekannt, der Gedanke an all das Schreckliche, das sie hatten durchleiden müssen, ehe sie starben, erschütterte sie schwer. Die Buckleys waren in ihrem Alter gewesen.
„John musste auf die Wache und mit der Polizei reden", informierte sie mich. „Natürlich ist es wunderbar, wenn er ihnen helfen kann, aber ich wollte ihn gar nicht gehen lassen. Wärst du dieser verdammten Gruppe doch nie beigetreten. Aber was bringt es, darüber zu klagen! Möchtest du nicht bitte, bitte herkommen und hier übernachten?"
„Würdest du mich denn verteidigen, Mutter?", erkundigte ich mich mit einem müden Lachen.
„Bis zu meinem letzten Atemzug", antwortete sie schlicht. Plötzlich kam es mir so vor, als wäre meine Mutter sicherer, wenn ich mich von ihr fernhielt.
„Ich schaffe das schon allein", sagte ich. „Danke, dass du dich um das Schild gekümmert hast."
KAPITEL DREIZEHN
Ich hatte eine unerfreuliche Nacht.
Ich träumte von Männern mit Kameras, die mein Bad stürmten, während ich mich anzog. Einer von ihnen war ein Mörder.
Erschrocken fuhr ich aus dem Tiefschlaf hoch, hörte den Regen an meine Fensterscheibe klopfen und schlief wieder ein.
Als ich endlich aufwachte, groggy und erschöpft, linste ich erst einmal durch die Vorhänge des Fensters im ersten Stock, um sicher sein zu können, dass unten niemand auf der Lauer lag. Die Autos, die auf dem Parkplatz standen, gehörten auch dorthin.
Vor dem Haus parkte niemand. Neben der Einfahrt zum hinteren Parkplatz prangte unübersehbar ein Verbotsschild. Auf leisen Sohlen tappte ich nach unten, kochte Kaffee, nahm ihn aber mit nach oben. Mit dem Kaffeebecher in der Hand sah ich zu, wie Robin zur Arbeit in der Stadt aufbrach. Ich sah Bankston seine Zeitung hereinholen. Teentsys Wagen fuhr vom Parkplatz, kehrte aber nach zehn Minuten wieder zurück. Höchstwahrscheinlich hatte sie etwas zum Frühstück besorgt. Anders als zwei Tage zuvor hatte der Regen in der Nacht nicht viel gebracht: Was es an Pfützen gegeben haben mochte, war bereits wieder verschwunden. Nachdem nebenan Teentsy zurückgekehrt war, hatte ich mich so weit gefangen, dass ich hinuntergehen und meine Zeitungen hereinholen konnte. In denen tobte sozusagen der Bär: Es gab ein Foto von Arthur, ein Hochzeitsfoto von Gerald und Marnie, ein Foto von Lizanne mit Arnie und seiner Frau auf deren Silberhochzeit, ein Foto von Morrison Pettigrue, aufgenommen, als der seine Kandidatur für das Bürgermeisteramt bekanntgab, im Hintergrund der strahlende Benjamin, ganz der stolze Vater.
Immerhin schien niemand zu glauben, Arthur und Melanie könnten etwas anderes sein als unschuldige Opfer eines bösen Streiches. Wann würde wohl das Beil auftauchen, mit dem die Buckleys erschlagen worden waren oder das
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