Echte Vampire beißen sanft
nachzuziehen und die Haare etwas aufzuschütteln.Wenn ich geahnt hätte, dass ich vor eine Fernsehkamera treten würde, hätte ich ein anderes Outfit gewählt. Eine Bluse aus den 1950er-Jahren, das wäre werbetechnisch viel geschickter gewesen, oder ein Kostüm mit einem kessen Hut aus den 1950er-Jahren. Ich bedeutete Valdez, mich ins Lager zu begleiten, und schloss die Tür hinter uns.
»Wie seh ich aus?« Zu dumm, dass sich Vampire nicht im Spiegel sehen können. »O Gott, in diesem Rock sieht mein Hintern riesig aus, nicht? Und dank der Kamera wirkt man bekanntlich ohnehin fetter, als man ist.«
»Du siehst gut aus. Du hast lediglich Lippenstift auf den Zähnen.«
»Danke.« Ich fuhr mir mit dem Zeigefinger über die Schneidezähne. »Besser?«
» Ja .« Valdez legte den Kopf schief. »Man sieht dir nicht an, dass du ein Vampir bist, wenn du das meinst.«
»Äh, ja, danke.« Daran hatte ich ehrlich gesagt überhaupt nicht gedacht. Ich fuhr mir mit der Zungenspitze über die Stellen im Zahnfleisch, an denen meine Fänge verborgen waren – solange kein Sterblicher mit der Blutgruppe AB negativ in meine Nähe kam. Bei AB negativ werde ich leicht mal
schwach, vor allem, wenn es sich um einen Mann handelt. Ihr erinnert euch an Steve, den Feuerwehrmann?
»Hoffentlich vergesse ich nicht zu erwähnen, dass wir auch Männerkleidung auf Lager haben.« Ich setzte mich kurz auf einen Hocker. »Womöglich war diese ganze PR-Geschichte doch keine so gute Idee. Westwoods Männer werden den Bericht garantiert sehen, und dann sind da noch die EVs. Ich frage mich, ob sie fernsehen. Greg muss einen Fernseher haben; er hat erzählt, er hätte das Interview mit mir in den Nachrichten gesehen.« Wenn meine Nerven mit mir durchgehen, werde ich geschwätzig.
»Tja, für einen Rückzieher jetzt ist es zu spät, Blondie. Außerdem musst du an deine Firma denken. Und was Westwoods Männer angeht: Ich hoffe, sie berichten ihrem Boss, dass du dich nicht von seinen Drohungen einschüchtern lässt.«
Es klopfte. »Der Kameramann ist da, Glory« Lacy öffnete die Tür. »Du siehst gut aus. Der Sixties-Look ist gerade total angesagt. Aber du wirkst ein bisschen blass.« Sie reichte mir ihr Necessaire. »Hier, trag ein bisschen Rouge auf.«
»Natürlich ist sie blass. Sie geht ja auch nie an die Sonne«, verteidigte mich Valdez.
»Aber das muss ja nicht gleich jeder wissen.«
Eine Zeit lang habe ich Selbstbräuner verwendet; mein geradezu zwanghaftes Bedürfnis nach Anpassung an die Sterblichen hat mich dazu gebracht, und diese Taktik hat mir auch eine Menge Ärger erspart. Aber als ich nach Austin gezogen bin, habe ich festgestellt, dass das Leben viel mehr Spaß macht, wenn man mit Art- und Leidensgenossen rumhängt. Und mit diversen anderen Nachtschwärmern. Ich sah zu Lacy, demWerkätzchen.Sie betrachtete mich prüfend,nachdem ich mit dem Pinsel einen Hauch Wangenrot aufgetragen hatte.
»Perfekt. Vergiss nicht, die Adresse mindestens drei Mal zu
erwähnen, damit sich die Zuschauer daran erinnern können.«
»Mach ich.« Ich atmete einmal tief durch, dann trat ich nach draußen und stieß geradewegs mit Donna zusammen.
»Ah,Glory. Bitte stellen Sie sich hier hin.« Donna hatte ebenfalls ihr Make-up aufgefrischt und war in einen grünen Seidenblazer geschlüpft. »Wir haben bereits ein paar Aufnahmen vom Laden im Kasten, und das Intro haben wir draußen vor dem Schaufenster gefilmt. Zusammengeschnitten wird das alles dann später.« Sie nickte ihrem Kameramann zu und drehte sich zu mir um, und als ich ihre Gedanken sah, hätte ich am liebsten kreischend das Weite gesucht.
VIERZEHN
»Wir befinden uns hier bei Gloriana St. Clair, der Besitzerin eines Secondhandladens namens Vintage Vamp’s Emporium. Sie erinnern sich vielleicht an unseren Bericht vor ein paar Wochen, als das Geschäft, in dem wir hier stehen, mehr oder weniger vollständig ausgebrannt war. Die städtische Feuerwehr hat inzwischen festgestellt, dass eine Brandbombe die Ursache für das Feuer war. Leider gibt es jedoch bislang keine Hinweise auf den oder die Täter. Gloriana, wir freuen uns, dass Sie wieder geöffnet haben.« Donna hielt mir das Mikrofon unter die Nase.
»Vielen Dank, Donna.« Ich stählte mich, weil ich bereits wusste, was mich erwartete. »Es war nicht einfach, aber ich freue mich, berichten zu können, dass das Geschäft wieder brummt. Besuchen Sie uns! Vintage Vamp’s Emporium, Ihr Vintage-Kleiderladen in der historischen Sixth Street in
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