Echte Vampire haben Kurven
lassen.
»Bist du sicher, dass alles wieder in Ordnung ist?« Wenn ich nicht mit eigenen Augen gesehen hätte, dass Valdez’ Bein unter dem nassen Fell wieder völlig unversehrt war, ich hätte es nicht geglaubt. Ich hatte ihn geheilt! Was für ein Gefühl! Wahre Vampir-Power. Wie lange hatte ich mir selbst nicht eingestehen wollen, dass ich darüber verfügte? Doch das war nun vorbei. Ich war die Größte.
Ich warf die schmutzigen Papiertücher in den Mülleimer. »Wie fühlt es sich an?«
»Nicht übel. Heb mich runter; ich will sehen, ob ich wieder laufen kann. Ich könnte übrigens ein, zwei Twinkies vertragen.«
Als ich ihn hochhob, lehnte er den Kopf an meine Schulter.
»Du bist meine Heldin, Blondie.« Er leckte mir die Wange. Ich setzte ihn vorsichtig ab. »Nein, du bist mein Held. Du hast Jagd auf Westwood gemacht.«
»Aber er ist mir entwischt.« Valdez schüttelte sich und beäugte seinen Hinterlauf.
»Sei lieber vorsichtig. Ich bin nicht Flo. Womöglich bist du noch nicht ganz geheilt.«
»Stell dein Licht nicht unter den Scheffel, Schätzchen. Du hast ein waschechtes Wunder an mir vollbracht.« Er stakste bedächtig im Raum umher. »Nicht mal ein Zwicken. Aber jetzt brauche ich definitiv eine Stärkung.«
»Gleich bekommst du so viele Twinkies wie du willst.« Ich griff nach dem Zettel, der um den Pfeil gewickelt war. Eigentlich wollte ich gar nicht wissen, was darauf stand. »Was für eine Botschaft mag mir Westwood wohl geschickt haben?«
»Sieh nach, Blondie. Wir müssen es wissen. Ich werde inzwischen Blade herbestellen.« Valdez legte sich auf den Boden. »Ich habe keine Schmerzen mehr, aber ich fühl mich immer noch schwach.«
»Du stehst bestimmt unter Schock. Vergiss Blade, wir brauchen ihn nicht.«
»Ich muss ihm Bericht erstatten.« Valdez stöhnte. »Oh, ich fürchte, mein Blutzuckerspiegel ist im Keller. Kein Wunder, ich hab eine Menge Blut verloren. Hast du keine Süßigkeiten im Laden? Ich wette, Ryan hat sich einen Vorrat angelegt.«
Ich ging nach draußen, um die Schubladen hinter dem Tresen zu durchstöbern. Sieh an, eine Packung Erdnussbutter-Kekse. Die mussten von Lacy oder Ryan sein. Ich roch daran und fragte mich zum tausendsten Mal, wie es sich wohl anfühlen würde, wieder zu essen. Ich hatte wirklich nicht die geringste Lust, Westwoods kleines Liebesbriefchen zu lesen,
also warf ich es auf den Tisch und fütterte stattdessen Valdez mit Keksen, bis die Packung leer war.
»So. Besser?«
Er wedelte mit dem Schwanz. »Ja, danke. Jetzt hab ich einen trockenen Hals. Eine Cola zum Runterspülen wäre nicht schlecht.«
»Geht Wasser auch?« Ich öffnete den Kühlschrank. »Oder eine Bloody Merry, um deinen Blutverlust auszugleichen? Ich genehmige mir jetzt auch eine.«
Valdez schüttelte sich und ließ sich mit einem Plumps auf den Boden fallen. »Nichts für ungut, Blondie, aber ich bin kein Blutsauger. Kipp mir bloß etwas Wasser in eine Schüssel.«
Pfff. Wie schön, dass mein Hund schon wieder ganz der Alte war. Ich für meinen Teil hatte mich noch nicht wieder von dem Schreck erholt. Während Valdez gierig schlabberte, nahm ich einen großen Schluck aus meiner Dose, dann griff ich nach dem ominösen Zettel und faltete ihn mit einem flauen Gefühl im Magen auseinander. Ich wechselte einen Blick mit Valdez, dann las ich laut vor: »Versucht nicht, meine Männer mit euren Vampirtricks zu manipulieren. Ich lasse euch – und meine Spaghetti – keine Sekunde aus den Augen. Westwood.«
Jemand hämmerte an die Vordertür. Blade. Ich ließ ihn mit zitternden Knien herein.
»Was ist los, Glory? Geht es dir gut? Valdez hat nur erwähnt, es hätte einen Zwischenfall gegeben.« Blade hielt mich auf Armeslänge von sich entfernt und betrachtete mich eingehend. »Bist du verletzt?«
»Ich nicht, aber Valdez wurde von Westwood angeschossen.« Ich ließ mich in einen der Polstersessel fallen, die CiCi mir letzte Woche vermacht hatte. Jetzt fühlte ich mich plötzlich ganz schwach. Es hatte mich einiges an Kraft gekostet,
Valdez zu heilen, und jetzt auch noch diese ominöse Nachricht … Ich versuchte, mich am Riemen zu reißen.
»Ich hab für deine Lady mein Leben riskiert, Boss.« Valdez kam angetappt und blieb neben meinem Sessel stehen. Ich vergrub die Finger in seinem weichen Fell.
»Auf mich wirkst du kerngesund, Valdez.« Blade ging vor mir in die Knie. »Aber du bist ganz blass, Glory.«
»Ihr sitzt noch der Schreck in den Gliedern. Der blutige Pfeil liegt hinten im
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