Echte Vampire haben Kurven
Aber ich musste zurück in den Laden, um Ryans Erinnerungen auszulöschen, ihm Befehle zu erteilen und ihn nach Hause zu schicken.
Wenigstens funktionierte das Licht am Hinterausgang wieder. Valdez und ich betraten soeben den Lagerraum, als mein Handy klingelte.
»Ich verlasse gerade Ryans Wohnung. Ich habe seine gesamte Computerausrüstung in mein Auto verfrachtet.«
»Großartig. Hoffentlich hat dich niemand gesehen.«Soweit ichweiß, können Werkatzen weder Sterbliche hypnotisieren noch Erinnerungen auslöschen.
»Alles bestens. Ich bin auf Zehenspitzen reingeschlichen, hab den ganzen Krempel zusammengepackt, und dann hab ich mich wieder davongestohlen.« Lacy kicherte. »Auf dem Weg zu Ryans Wohnung habe ich noch einen Eimer Farbe besorgt. Seine heiß geliebte Garderobe ist offiziell Geschichte.«
Ja, ja, so ein kleiner Racheakt hebt die Laune ungemein. »Welche Farbe?«
»Rot, genau wie das Blut, das in seinen Adern fließt. Du solltest diesen Hurensohn leersaugen, Glory.«
Ich betrachtete Ryan, der mit geschlossenen Augen friedlich dasaß und auf meinen nächsten Befehl wartete. Ich verspürte eher Übelkeit als Blutgier. Wenn ich daran dachte, dass er jede unserer Unterhaltungen aufgezeichnet hatte, bekam ich zwar gute Lust, ihn um ein paar Liter Blut zu erleichtern, aber ich würde es trotzdem bleiben lassen. Westwood hielt Vampire für Tiere, und Ryan war zweifellos seiner Meinung. Doch ich würde mich garantiert nicht auf dieses Niveau begeben, und außerdem ekelte ich mich bei der Vorstellung, meine Zähne in den Körper dieses Widerlings zu versenken.
»Nein danke. Wie geht’s dir jetzt?«
Lacy seufzte. »Erst hat es sich gut angefühlt, aber jetzt bin ich bloß noch müde und …«
»Ich weiß. Der Knabe ist ein Mistkerl. Ich werde ihn nach Houston schicken, damit du ihn ein für alle Mal los bist.«
»Danke, Glory.« Als Lacy aufgelegt hatte, widmete ich mich Ryan.
»Du bist ausgeraubt worden, Ryan, und du kehrst nach Houston zurück, um dort dein Studium zu beenden. Du wirst
nicht mehr für Westwood arbeiten. Und lass deinen Vater ruhig selbst mit seinen Problemen fertig werden.«
Ryan nickte. Ich führte ihn zum Hinterausgang, wo Valdez bereits wartete und ihm zum Abschied ein großes Loch in den Hosenboden biss. Darunter kamen Boxershorts aus roter Seide zum Vorschein.
»Wie gut, dass unser kleiner Hobbybiologe die Farbe Rot so mag.«
Der Hund spie das Stück Stoff aus und schnaubte. »Verdammter Schnüffler. Wir sollten ihm den Computer ans Bein binden und ihn in den See werfen.«
Ich tätschelte Valdez den Kopf und schob Ryan nach draußen. »Zu einfach. Soll er doch sehen, wie er seinem Daddy beibringt, dass er hier in Austin Mist gebaut hat. Er wird sich an gerade so viel erinnern, dass er nicht so bald wieder hier aufkreuzt.«
»Kann nicht behaupten, dass ich dem jungen Mann eine Träne nachweine.« Harvey materialisierte sich im Lager.
»Mochtest du ihn etwa nicht?« Ich holte eine Bloody Merry aus dem Kühlschrank und ging in den Laden, wo ich mich in den bequemen Sessel fallen ließ, den ich noch immer nicht verkauft hatte. Noch eine Stunde bis Tagesanbruch. Ich freute mich auf mein Bett.
»Harvey war eifersüchtig, weil ich Ryan attraktiv fand.« Emmie Lou erschien auf dem Tresen.
»Tja, Schönheit schützt vor Torheit nicht, Emmie Lou.« Ich deutete mit dem Kopf auf Harvey. »Ich muss Harvey Recht geben; dieser Schleimer soll sich hier bloß nicht mehr blicken lassen.«
»Arme Lacy. Sie hat eindeutig etwas Besseres verdient.« Emmie sah zu ihrem Göttergatten. »Ich schätze, es gibt Schlimmeres als Untreue.«
»Zum allerletzten Mal: Ich war dir nie untreu.« Harvey marschierte aufgebracht im Laden auf und ab. Vor dem Ständer mit der Damenunterwäsche blieb er stehen und hielt ein Korsett aus schwarzer und roter Spitze in die Höhe. »Wenn du natürlich mal so etwas getragen hättest, dann hätte ich die Kassierin im Supermarkt keines Blickes gewürdigt. Nicht, dass sich da je etwas abgespielt hätte.«
»Hast du das gehört, Glory?«, fauchte Emmie Lou. »Neununddreißig Jahre waren wir verheiratet, und da erwartet er von mir, dass ich aufgedonnert wie ein Callgirl vor ihm im Schlafzimmer herumspaziere.« Sie hüpfte vom Tresen und schwebte auf Harvey zu.
»Lass dir eines gesagt sein, Mister. Wenn du mich nach all den Jahren noch so geküsst hättest wie Mr. Blade unsere Glory hier küsst, dann wäre ich jeden Abend wie ein Showgirl vor dir herumstolziert. Ich
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