Echte Vampire haben Kurven
ihr nicht verdenken. Die beruhigende Wirkung der Messe gerade eben war auch verpufft. Ich war wieder einer dieser verhassten Dämonen aus der Hölle. Ich lenkte den Wagen auf die Straße und schlug den Weg zu Damian ein. Zum Glück konnte mich Valdez lotsen, ich kannte mich in Austin noch immer nicht besonders gut aus.
»Folgt uns jemand?«, fragte ich, als der Hund zum wiederholten Male aus dem Rückfenster guckte.
»Ich glaube nicht.« Er sah wieder nach vorn. »Bieg an der nächsten Kreuzung links ab, dann siehst du es schon.«
Das Schloss war von oben bis unten hell erleuchtet, wie für eine Party. Damian begrüßte uns an der Tür, ganz der charmante Gastgeber in einem schwarzen Kaschmirpulli und Jeans. Ich rief mir in Erinnerung, dass sein Charme bis hin zum kleinsten Lächeln nur einem einzigen Zweck diente.
Er war der Einzige, der lächelte. Ansonsten war die Stimmung gedrückt. Etwa zwanzig Vampire hatten sich in seinem Wohnzimmer versammelt, drei Viertel davon Männer. CiCi, Freddy, Derek und Diana waren auch anwesend. Diana stellte mich den anderen vor, doch ich vergaß die meisten Namen auf der Stelle wieder. Mit Ausnahme von Marguerite, einer brünetten Mittzwanzigerin mit vollen Lippen, wie sie sich die Frauen heutzutage mithilfe von Collagen aufspritzen lassen.
Marguerites Begleiter Kenneth Collins war einer der wenigen dunkelhäutigen Vampire, die ich bislang kennengelernt habe. Kenneth wirkte überaus kultiviert und weltmännisch und brauchte keine zwei Minuten, um die Tatsache, dass er den Großteil des zwanzigsten Jahrhunderts in Paris verbracht hatte, in die Unterhaltung einfließen zu lassen.
Als Flo herbeieilte und ihn auf beide Wangen küsste, ehe sie ihn auf Französisch in ein Gespräch verwickelte, verzog Marguerite das Gesicht und nahm mich beiseite.
»Nenn mich Margie. Kenny und ich stammen ursprünglich aus Atlanta, Georgia. Du kannst dir bestimmt vorstellen, weshalb wir von dort ziemlich bald nach Frankreich ausgewandert sind.«
»Kenneth sieht ausnehmend gut aus. Ich kann gut nachvollziehen, warum du ihm gefolgt bist.«
»Es war genau umgekehrt, meine Liebe. Ich bin für Kennys Verwandlung verantwortlich, und er ist mir gefolgt. Ich bin seit 1843 ein Vampir, und 1904 hat er es mir nachgetan.« Sie ließ Flo und Kenny nicht aus den Augen.
»Kanntest du Flo schon in Paris?« Es bestand kein Zweifel, dass Flo und Kenny alte Bekannte waren, so, wie sie sich an ihn heranmachte.
Margie lächelte schmal. »Oh, ja. Wir waren alle ziemlich wild damals. In unseren Salons wimmelte es vor Sterblichen, die nur darum bettelten, gebissen zu werden.« Sie hob ihr Glas Bloody Merry. »Diese Schweinepisse hier kann richtiges Blut nicht ersetzen.«
Wow. Dem war nichts hinzuzufügen. Aber ich war noch ganz aus dem Häuschen, weil ich vorhin in der Luft geschwebt war. Ob es wohl jetzt auch funktionieren würde? Ich starrte auf meine Füße und versuchte mich zu konzentrieren. Fehlanzeige. Ich hob den Kopf und befahl meinem Körper, gefälligst zu schweben, verdammt noch mal. Nichts.
Margie musterte mich neugierig. Natürlich las sie meine Gedanken. Bestimmt konnte sie auf Kommando schweben. Zeit für einen Themenwechsel.
»Tolles Outfit. Vintage?« Sie trug einen Rock, der meinem nicht unähnlich war.
»Danke. Stammt aus den Sechzigerjahren. Meine Blumenkindphase. Wie ich höre, führst du einen Laden für Retro-Mode.«
»Ganz recht. Vintage Vamp’s Emporium.« Ich kramte in meiner Tasche nach den Visitenkarten, die mir Derek am Computer ausgedruckt hatte. »Komm doch mal vorbei und sieh dich um. Vampire bekommen Familienrabatt.«
»Gern.« Sie leckte sich die prallen Lippen. »Hast du zufällig Korsagen? Aus schwarzer oder roter Spitze? Kenny steht auf scharfe Wäsche«, murmelte sie mit einem Seitenblick auf ihren Geliebten, dem Flo inzwischen noch näher auf die Pelle gerückt war. Jetzt steckten die beiden die Köpfe zusammen undlachten, offenbar über irgendeinen Insiderwitz. Das war zu viel des Guten für Margie. »Florence, meine Liebe«, flötete sie, »was ist eigentlich aus dem attraktiven Spanier geworden, mit dem du in Paris eine Affäre hattest?«
»Welchen meinst du, Ricardo oder Pablo?«
»Ricardo war doch Engländer, nicht? Der Spanier war Maler. Ich war bis über beide Ohren in ihn verknallt.« Das hatte gesessen. Kenny presste die Lippen aufeinander.
»Pablo Picasso. Das waren Zeiten, damals in Paris, was, Kenny? Ich habe Pablo verlassen, als er anfing, mich mit drei
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