Echte Vampire haben Kurven
war, setzten wir uns. Ich war noch ganz aufgewühlt. Wer hätte gedacht, dass ich tatsächlich abheben konnte? Wenn das nicht cool war! Ich hatte von dieser Fähigkeit bislang nicht das Geringste geahnt, aber sie konnte unheimlich nützlich sein. Was sagte ich da, nützlich? Es war ein verdammtes Wunder!
Ich zuckte zusammen, als mir die rosa Lady einen Klaps verpasste. Sie musste meine Gedanken gelesen haben. Tja, dass Fluchen in der Kirche tabu ist, hatte man mir von frühester Kindheit an eingebläut.
Ein Laienprediger erklomm die Kanzel, um die Verlautbarungen für die kommende Woche zu verlesen. Es gab jede Menge Aktivitäten für die Kirchgänger, viele davon zu nächtlicher Stunde und im Freien. Mir war bereits aufgefallen, dass die Bewohner von Austin richtige Naturfreaks sind.
Nach den Verlautbarungen trat eine Solistin ans Mikrofon, um die Liebe Gottes und unser Wiedersehen mit ihm im Jenseits zu besingen. Was für eine Stimme! Ich achtete darauf, nicht wieder abzuheben, wog mich aber im Takt zur Musik.
Plötzlich packte mich Flo am Arm und sah sich mit gerunzelter Stirn um. »Hass. Ich orte Hass, Glory.«
»Was?«
»Hier ist jemand voller Hass. Hass auf uns.«
»Quatsch.« Ich spähte nach rechts und links. Nichts als lächelnde Gesichter, Menschen, die sich zur Musik bewegten. »Sieh dich um. Alle sind fröhlich.«
»Nicht alle.« Sie schauderte. »Wir müssen hier raus.«
»Aber die Messe ist doch noch gar nicht zu Ende.«
»Egal. Komm mit.« Flo zog mich aus der Bankreihe und in Richtung Ausgang. Ich schielte über die Schulter und erblickte einen Mann mit weißen Haaren und einer unmissverständlich feindseligen Miene. Mainwaring? Hier?
»Da ist Richard. Siehst du ihn?«
Flo blickte zurück. »Ricardo? Die Schwingungen gehen von ihm aus?« Sie schüttelte bedrückt den Kopf. »Es schmerzt mich, ihn so zu sehen. Er kann sehr … gefährlich sein.«
Ich wandte mich noch einmal zu ihm um. Eindeutig gefährlich. Flo zerrte mich hinaus vor die Tür. Valdez sprang alarmiert auf.
»Ich verstehe nicht, warum er dich hasst, Glory.«
»Wer hasst Glory?« Valdez fletschte die Zähne, bereit zum Angriff.
»Beruhige dich, es ist nichts passiert. Vielleicht hasst er ja dich, Flo. Du hast doch mit ihm Schluss gemacht.« Durch die geschlossene Tür drang gedämpft Musik. Schade. Aber ich war nicht zum letzten Mal hier gewesen. Ich würde auf keinen Fall zulassen, dass ein Irrer wie Mainwaring mich daran hinderte, zu tun, was mir gefiel.
»Unsinn. Ricardo hat mich geliebt. Er liebt mich noch immer.« Flo stieg in den Wagen und kramte ein Taschentuch hervor. »Aber er ist eine gequälte Seele.«
»Er geht in die Kirche; das ist doch ein gutes Zeichen, würde ich sagen.« Andererseits kam ich allmählich zu der Überzeugung, dass er, obwohl er es leugnete, doch der betende Vampir sein musste. Hoffentlich ging er mittlerweile etwas diskreter vor und löschte die Erinnerungen seiner »Spender« aus, wenn er schon unbedingt auf die Jagd gehen musste. Sonst würde ihm wohl oder übel jemand mit Gewalt Vernunft beibringen müssen.
»Er schämt sich dafür, dass er ein Vampir ist.« Flo schnaubte. »Das ist doch eine Beleidigung für mich, findest du nicht?«
»Nun, irgendwie kann ich es nachvollziehen.« Aber ich hatte beschlossen, mein Dasein von der positiven Seite zu betrachten. »Er ist gefangen, Florence. Wie wir alle. Allerdings habe ich mir vorgenommen, das Beste daraus zu machen.«
»Ich weiß. Er tut auch manchmal so geheimnisvoll und verschweigt mir allerhand. Aber er war ein wunderbarer Liebhaber.« Sie sah zu Valdez. »Sehr selbstlos, wenn du weißt, was ich meine.«
»Selbstlos?« Prompt geisterten mir ein paar gar nicht jugendfreie Bilder durch den Kopf. »Du Glückliche.« Ich startete den Wagen. »Wohin fahren wir jetzt? Es ist noch früh.«
Valdez’ Schnauze erschien zwischen den Sitzen. »Blade möchte, dass ihr zum Schloss kommt. Er hat ein Meeting einberufen, bei dem Tony berichten wird, was er in Erfahrung gebracht hat.«
»Eines Tages musst du mir verraten, wie ihr zwei miteinande kommuniziert.«
»Auch nicht anders als du und ich, Blondie. Mental, nur eben über weitere Distanzen.« Valdez spitzte die Ohren. »Dieserunheimliche weißhaarige Vampir ist gerade herausgekommen. Der Kerl riecht nach Ärger.«
»Da hast du leider Recht, Valdez.« Flo sah mich an. »Also, auf zum Schloss.«
Flo hatte sich offenbar noch nicht von ihrer Nahtod-Erfahrung neulich erholt. Konnte ich
Weitere Kostenlose Bücher