Echten Maennern gibt man ein Kuesschen - Roman
abstrampeln und seine Beinmuskeln wie Kolbenpumpen arbeiten lassen?
Sie hatte so hohe und unterschiedliche Erwartungen, und die Journalisten waren so neugierig gemacht worden, dass sie mit einer furchtbaren Enttäuschung rechnete.
Am Abend zuvor, als sie nicht hatte einschlafen können, hatte sie noch ein bisschen gegoogelt und sich die Berichterstattung über die letzte Tour de France angesehen, um sich auf diesen Part ihrer Geschichte vorzubereiten. Die Radfahrer waren allesamt schlank, muskulös und sehnig gewesen, ohne ein Gramm Fett am Leib. Gestern hatte sie sich den aufgepumpten Arnold Schwarzenegger vorgestellt, wie er um die Insel rannte; für die Disziplinen Gewichtheben, Autoziehen und Elefantenjonglieren mussten die Wettkämpfer doch wohl Muskeln wie Atlas persönlich haben. Wie konnte ein Mann die richtige Konstitution für alle Disziplinen haben?
Was für eine Art Mann würde der ProTrain-Champion sein?
Und genau in dem Moment hatte Alex einen Geistesblitz. Sie hatte die erste Zeile ihres Artikels. Sie holte ihr Notebook hervor, das sie immer in ihrer Handtasche bei sich hatte, fuhr es hoch und vergaß alles um sich herum und begann zu schreiben.
Remy wäre nicht einmal dann imstande gewesen, die Landschaft um sie herum zu ignorieren, wenn Colin Farrell persönlich vorne im Bus mit nichts am Leib als einer knappen Badehose nur für sie einen Stangentanz vollführt hätte.
Nachdem sie die meiste Zeit ihres Lebens umgeben von Land verbracht hatte, war sie in nur zwei Tagen auf Jersey zu dem Schluss gekommen, dass sie schlicht und ergreifend am Meer leben musste. Es faszinierte sie. Wenn sie ihrer poetischen Ader freien Lauf ließe, würde sie sagen, dass es ihren Herzschlag aufklingen ließ. Und wenn sie ihrem Gefühl freien Lauf ließe - und warum sollte sie das nicht tun, Impulsivität schien momentan das Wort des Tages zu sein -, würde sie
sagen, dass sie sich erneut verliebt hatte. Jersey verband das Beste der beiden Länder, die sie liebte, England und Frankreich, ineinander verrührt und zu einem Kuchen gebacken, der eine perfekte Mischung aus britischem Teegebäck und französischem Croissant war.
Sie war regelrecht neidisch auf die Teilnehmer des ProTrain-Wettkampfes, die die Gelegenheit hatten, so viel von einer so herrlichen Insel vom Fahrradsattel aus zu sehen zu bekommen. Was für eine schöne Art, den Tag zu verbringen. Genau genommen hatte Remy gerade selber einen kleinen Geistesblitz: Vielleicht sollte sie sich ein Fahrrad leihen und die Etappe selber einmal ausprobieren?
Um kurz nach vier waren sie zurück im Hotel, womit sie nicht einmal drei Stunden hatten, sich auf die ProTrain-Party am Abend vorzubereiten, die laut der goldgeränderten Einladung, die in Alex’ Pressemappe gesteckt hatte, um Punkt sieben Uhr begann. Es würden keine Zuspätkommer und keine ungebetenen Gäste eingelassen; zwischen neunzehn Uhr und Mitternacht würde die Tür fest verschlossen sein.
Die Party war die offizielle Eröffnung der gesamten Veranstaltung.
Alex versprach sich viel von der groß angekündigten Feier und hatte sich dementsprechend angezogen. Sie hatte sich für eines ihrer Lieblingskleider entschieden: ein perfektes kleines Schwarzes, das ihrer Figur sowohl an dicken wie auch an dünnen Tagen schmeichelte.
Im Moment half sie gerade Remy, irgendetwas zu finden, das sie sich ausleihen konnte.
»Unglaublich, wie du es geschafft hast, so viele Klamotten in einem einzigen Koffer unterzubringen«, stellte Remy voller Bewunderung fest, als Alex ihren Schrank öffnete und ihr eine ganze Stange voller Kleider präsentierte.
»Jahrelange Erfahrung aus meiner Zeit als Reisejournalistin der Sunday Best . So, dann wollen wir mal …« Sie nahm ein königsblaues Seidenkleid aus dem Schrank und hielt es vor sich. »Ich glaube, darin wirst du umwerfend aussehen, und ich kann es nur an den Tagen tragen, an denen ich mich ausgesprochen schlank fühle, also müsste es dir passen. Ich habe heute definitiv keinen meiner schlanken Tage, bestimmt bin ich noch aufgebläht vom Fliegen.« Sie kniff sich in ihre Speckrolle und runzelte die Stirn. »Die war gestern mit Sicherheit noch nicht so dick wie heute.«
»Du siehst toll aus.«
»Ja, ja, wie eine Wuchtbrumme.«
»Nein, ganz und gar nicht. Du siehst in diesem Kleid einfach umwerfend aus, mit diesem Dekolletee … Willst du, dass ich dich jetzt schminke? Ich habe eine tolle neue Grundierung.«
»Kannst du damit nicht meinen Körper anmalen?
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