Echten Maennern gibt man ein Kuesschen - Roman
meine Liebe!«, rief die Fußballerfrau lüstern kichernd über den Tisch, schwenkte ihr Champagnerglas in Alex’ Richtung und zwinkerte ihr übertrieben zu.
Jecca musterte die Gesichter der Journalisten und lächelte innerlich.
»Ein Mann für alle Jahreszeiten. Ein Mann für alle Anlässe. Ein Mann für alle Geschmäcker.« Sie wiederholte die Sätze unhörbar, die ihr Mantra gewesen waren, seit der ProTrain-Wettkampf zum allerersten Mal in ihrem Kopf Gestalt angenommen hatte.
Sie hatte jeden einzelnen Wettkampf teilnehmer persönlich auf Herz und Nieren geprüft und manchmal zwei Länder an einem Tag bereist, um den perfekten Wettkämpfer ausfindig zu machen.
Sie wollte, dass dieser Wettkampf die Menschen weltweit in ihren Bann zog, dass er Angehörige jeder Generation, jedes Geschlechts und jeder sexuellen Orientierung ansprach. Deshalb hatte sie auf eine Mischung von bekannten und unbekannten Sportlern geachtet und auf eine Mischung von erfahrenen Athleten und absoluten Neulingen.
Und sie hatte eine gute Wahl getroffen, wobei sie ursprünglich geplant hatte, aus jedem Land einen Wettkämpfer zu engagieren, aber das war natürlich viel zu ambitioniert gewesen
und hatte sich sowohl logistisch als auch politisch als absolut unrealisierbar erwiesen. Dennoch erlaubte sie sich beim Anblick all der Flaggen, die im Saal flatterten, ein selbstgefälliges Lächeln; die Farben leuchteten hell, die Bühne war beeindruckend und die Männer noch beeindruckender. Es war ihre Idee gewesen, jeden Teilnehmer mit der Flagge seines Landes auf die Bühne marschieren und ein ProTrain-Trikot tragen zu lassen, das speziell in den Farben der jeweiligen Flagge designt worden war.
Besonders gefielen ihr der Engländer in seinem rot-weißblauen Outfit, ihr umwerfender Grieche in seinem Piet Mondrian nachempfundenen Trikot mit den blau-weißen Rechtecken und der Deutsche, der in seinen gelb-roten Shorts einfach klasse aussah. Sie hatte ihre Sache gut gemacht. Die Firma würde höchst zufrieden mit ihr sein. Aber es war zu früh, sich selbstgefällig zurückzulehnen, denn genau dann geschahen Fehler.
Trotzdem wollte sie sich zur Feier des Tages ein Glas Champagner gönnen; sie stieg von ihrem Podest hinab und steuerte das Publikum an, unter das sie sich mischen wollte.
Während sie hinunterging, nickte Bonnie dem Techniker in den Kulissen kurz zu, woraufhin dieser einen Knopf drückte und die Podien, auf denen die Wettkämpfer standen, sich zu senken begannen.
Im nächsten Moment erschien eine Auswahl ortsansässiger Schuljungen, die die gleichen blauen Trainingsanzüge trugen wie die Begleitpersonen der Wettkämpfer, und nahm diesen ihre Flaggen ab, bevor strategisch günstig postierte Platzanweiser herbeihuschten und die Wettkämpfer ganz vorne im Saal an einen Tisch führten, der etwas größer war als die anderen.
Als die Wettkampfteilnehmer alle Platz genommen hatten, ließ Jecca sich am Tisch neben ihnen nieder, an dem nur Leute saßen, die viel mehr waren als bloße VIPs oder Promis und die
umturtelt wurden wie Mitglieder des Königshauses. Und dann begann das Essen.
Obwohl der Alkohol so reichlich floss wie das Meerwasser, das die Insel umspülte, war es den Wettbewerbsteilnehmern an diesem Abend strikt verboten, irgendetwas Alkoholisches zu trinken. Jeccas Meinung nach waren sie nicht nur Repräsentanten ihrer Länder, sondern auch Repräsentanten von ProTrain. Eigentlich durften sie natürlich grundsätzlich nicht dem Alkohol zusprechen, doch Seamus McGarians Trainer Padraic O’Mahoney hatte Paddy Tebbit vom New Sportsman , mit dem er am gleichen Tisch saß, bereits anvertraut, dass das Geheimnis seines Erfolg darin lag, zu jeder Mahlzeit einen halben Liter Guinness zu trinken und sich vor dem Zubettgehen einen Whiskey zu gönnen. Trotzdem hatte Jecca ihre Leute angewiesen, die Wettkämpfer nicht aus den Augen zu lassen.
Jeccas persönliche Gefolgschaft, ein diskretes Team, das aus sechs Männern und vier Frauen bestand, unter ihnen ein Anwalt, ein Arzt und ein ausgebildeter Berater, waren schon jeder für sich der oder die Beste, die man für Geld kaufen konnte, doch gemeinsam waren sie eine ruhig und mit unerbittlicher Effizienz arbeitende Maschine. Von den Journalisten, die am Abend zuvor allesamt um Punkt Mitternacht aus der Hotelbar komplimentiert worden waren, waren sie bereits »die Spaßverderber-Polizei« getauft worden, und jetzt kreisten sie wie Geier durch den Saal, bereit, sich auf jeden Wettkämpfer
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