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Echtzeit

Echtzeit

Titel: Echtzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Reitz
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Stein zu Stein, um auf dem Weg in das Gebäude nicht im Matsch zu landen. Von außen zumindest hatte sich seit ihrem letzten Besuch hier vor Jahren nichts geändert. Nur widerwillig hatte sie sich überzeugen lassen, zumindest an einem Gespräch unter ihnen vier teilzunehmen. Das war sie Lolli nach all dem Chaos, was sie verursacht hatte, schuldig. Fast hätte sie ihn und den Rest der Band in den Ruin getrieben. Nur mit viel Glück hatten sie einen angemessenen Betrag für jedes Mitglied retten können.
    Fest schlug Lolli mit der Faust gegen die Stahltüre und es dauerte eine Weile, bis sie sich quietschend öffnete.
    »Nina!«, rief Jo, machte einen Satz nach draußen, wickelte seine Arme um sie und nahm sie in eine schraubzwingenähnliche Umarmung. Sie keuchte, als er sie endlich wieder losließ, um dann Lolli nicht weniger herzlich zu begrüßen. Wenn er auch seine Hände ein klein wenig länger auf dessen Schultern beließ als nötig.
    »Los kommt rein.«
    Er trieb die beiden regelrecht wie zwei entlaufenen Ziegen, die er zu seiner Herde zurückbringen musste, vor sich her. »Einfach geradeaus, aber das kennt ihr beide ja.«
    Lolli duckte sich und ging unter dem zu niedrigem Sturz hindurch. Nina lief einfach weiter und hinter ihr bückte sich Jo wie selbstverständlich.
    »Na, ihr seht, viel hat sich hier nicht verändert«, witzelte er.
    Modriger Geruch von feuchtem Stein stieg ihr in die Nase, und als sie in einen der vielen kleinen Räume spähte, entdeckte sie den Schutthaufen, der schon seit Jahren dort lag. An den Fußleisten entlang spannten sich Kabel um Kabel, die irgendwann urplötzlich in einem unfachmännisch gebohrten Loch verschwanden, nur um an anderer Stelle in neuer Konstellation wieder aufzutauchen. Der letzte Raum, der sich hinter der angelehnten Tür befand, war ihr auch bekannt. Er war der Größte und diente als Probenraum, Wohnzimmer und Küche zugleich.
    Die Tür kratzte über den Teppich, als Lolli sie aufschob. »Hey, Tom!«, rief er und sogleich begrüßten sich die beiden Männer mit einer freundschaftlichen Umarmung.
    Nina hatte nicht genug Mut, um diese Türschwelle nun zu übertreten. Sie hatten sich weder gesehen noch gehört in den letzten zwei Jahren. Und ihr letztes Gespräch war ein handfester Streit gewesen.
    Plötzlich schubste Jo sie. Nina stolperte in das Zimmer und landete beinahe zu Toms Füßen. Doch stattdessen hatte sie sich in seinen Unterarm gekrallt. Ein Tattoo schwebte direkt vor ihrer Nase. Die Buchstaben »True Love« tanzten vor ihren Augen und sie erkannte eine Gitarre – ihre Gitarre.
     
    Geistesgegenwärtig hatte er seine Arme ausgestreckt, um sie aufzufangen. Dieses Mal hatte er genügend Zeit gehabt, sich auf ihr Wiedersehen vorzubereiten, sich Worte zurechtzulegen und nicht nervös zu sein. Er war nicht mehr der verliebte Trottel, er war ein Mann und er konnte sehr vernünftig sein. Und nun war sie förmlich in sein Leben zurück gestolpert und direkt in seinen Armen gelandet.
    Sie richtete sich auf und sortierte ihre blondgefärbten Haare. »Tschuldige«, sagte sie verschämt.
    So war es also. Sie hatten sich ewig nicht gesehen, waren im Streit auseinandergegangen und »Tschuldige« war das erste Wort, das sie wechselten.
    »Hi!«
    Er hatte sich vorgenommen, ganz cool zu bleiben und ihr zu zeigen, dass er über sie hinweg war. Nicht, um ihr weh zu tun, nein, um ein professionelles Miteinander möglich zu machen und nun hing sie in seinen Armen und zwinkerte ihm hilflos mit ihren hübschen Augen zu.
    Zum Glück kam ihm Jo zur Hilfe. »Setzt euch doch. Tom holst du uns was zu trinken?«
    Tom nickte. Nina stand wieder auf und er schob sich an Lolli vorbei hinter die Theke, um eine Flasche Cola und ein paar Gläser zu holen.
    Nina und Lolli hatten sich derweil auf die alte Eckbank gesetzt. Jo saß ihnen gegenüber und Tom nahm den letzten freien Stuhl neben Nina. Dieser Platz war ideal: Er war weit genug weg und stand so, dass er sie nicht ständig ansehen musste.
    Jo wuchtete einen dicken Ordner auf den Tisch. »Also, ich hab hier mal unsere Finanzlage und das«, er zog einen weiteren Ordner hervor, »ist eine Aufstellung aller Dinge, die dringend benötigt werden, samt Kostenvoranschläge.«
    Nina machte dicke Backen, winkte den Ordner aber zu sich. Geschäftig schlug sie ihn auf und sogleich flogen lose Papiere heraus und segelten zu Boden. »Na, mit Ordnung habt ihr es ja nicht so, Jungs.«
    Sie schmunzelte, was für Tom ein untrügliches Zeichen war,

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