Ecstasy: Drei Romanzen mit chemischen Zusätzen (German Edition)
einen Hut.
6 Lloyd
Ich kam mit den Suppenzutaten vom Supermarkt zurück und war kaum durch die Tür, als hinter mir penetrant die Klingel ging. Es war die Ätzfotze, und sie hatte das Opfer im Schlepptau, auf deren Zifferblatt ein nervöser, krampfiger Blick gefroren war, den selbst mein freundlichstes Lächeln nicht auftauen konnte.
Das Opfer war eine notorische Jammergestalt. Solche Leute schien die Ätzfotze magisch anzuziehen. Im Gegenzug hielt sie deren Selbstachtung auf Sparflamme und sorgte dafür, dass sie in einem Zustand seelischer Verelendung verharrten. Sie war ein Kurator toter Seelen. Ich machte mir Sorgen, weil es mir so vorkam, als würde ich immer mehr Zeit mit der Ätzfotze verbringen; wir schusterten uns gegenseitig Drogen und gute Deals zu. Einmal hatte ich mit dem Opfer gefickt, es an nem Abend, als ich dicht war, ins Bett gelockt … ins Bett, schön wär’s, eigentlich war es auf dem Boden, dem Boden hinter dem Sofa, auf dem Ally diese Perle fickte, die er im Pure aufgerissen hatte. Egal, das Opfer ging mir noch Wochen danach auf den Wecker, mit Anrufen, in Clubs etc. Sie war so veranlagt, sich alles bieten zu lassen, und war dankbar für jede Form von Zuwendung. Deswegen blieb sie dauernd in Beziehungen hängen, in denen sie nur ausgenutzt wurde.
– Hallihallo, zwei schöne Frauen, trällerte ich sie mit einer Herzlichkeit an, die ich gar nicht empfand, als ich sienach drinnen schob, und erntete zum Dank eisige Kälte. Die Ätzfotze stülpte ihre Unterlippe vor wie nen auf links gerollten roten Teppich. Sie hatte die müde, gereizte Ausstrahlung einer jungen Frau, die schon mehr gesehen hat, als gut für sie war, nur immer noch nicht das, was sie sehen wollte, und sich gerade entschlossen hatte, sich das alles abzuschminken, anstatt sich weiter umzusehen.
– Warte hier, schnauzte sie das Opfer an, das leise zu blubbern anfing. Ich wollte hingehen und pro forma einen filmreifen Tröstungsversuch starten, aber die Ätzfotze bog mir den Arm um und zerrte mich in die Küche, schloss die Tür hinter uns und senkte ihre Stimme so weit, dass ich nur noch ihre Lippenbewegung sehen konnte.
– Was?, fragte ich sie.
– Sie ist total daneben.
– Erzähl mir was Neues, sagte ich mit einem Schulterzucken, aber ich glaube nicht, dass die Ätzfotze mich verstand.
– Ich hab ihr gesagt, dass sie sich was vormacht, erklärte sie, während sie an einer Kippe sog und ihr Gesicht zu einer Maske hasserfüllter Geringschätzung verzog.– Du lebst verdammt noch mal in ner Traumwelt, altes Mädchen, hab ich ihr gesagt, Lloyd. Aber sie wollte nicht hören. Jetzt hat sie den Ärger. Und zu wem kommt sie als Erstes angerannt?
– Verstehe … verstehe … nickte ich so teilnahmsvoll, wie ich konnte, während ich meine Lebensmittel aus der Einkaufstasche in den Schrank und den Kühlschrank packte.
– Ständig setzt ihre verfickte Periode aus und sie macht sich mit ihrem ›Ich-bin-schwanger‹-Scheiß verrückt. Am liebsten hätte ich ihr gesagt: Du kannst nicht davon schwanger werden, dass er dich in den Arsch fickt. Hab ich aber nicht. Am liebsten hätte ich ihr gesagt: Deine Tage setzendauernd aus, weil du so von der Rolle bist, Schätzchen; dein Leben ist ein Chaos, und wenn du dermaßen von der Rolle bist, muss sich das auf den Körper auswirken.
– Verstehe … verstehe … sie und Bobby wieder.
Der momentane Hauptausbeuter des Opfers war ein irrer Bikertyp namens Bobby, den ich schon ewig kannte. Bobby hatte ne gespaltene Persönlichkeit: Ein Teil von ihm war abgrundtief böse, der andere ein totales Arschloch.
– Aber ich hab’s mir verkniffen. Sache ist, dass er rüberkam und anfing, Psychospielchen mit ihr abzuziehen, Lloyd. Solo lachte bloß bescheuert, also mussten wir da raus. Wir wollen hier bloß n bisschen sitzen und chillen, bis Bobby, dieses Arschloch, weg ist.
– Hör zu, gar kein Problem, aber das müsst ihr alleine machen, ja? Weißt du, ich muss diesen Knaben treffen, der die Pink Champagnes, die Speedballs, haben soll.
– Besorg mir fünf … nee, sechs … krächzte sie und kramte in ihrer Tasche nach dem Portemonnaie.
– Wenn er überhaupt welche hat, meinte ich und nahm ihr Geld. Ich wollte gar nicht los und was besorgen, ich wollte nur zu meinem Bruder und was essen. Es war nicht so, dass es mir zu uncool war, um der Ätzfotze das zu erzählen; es war nur so, dass sie ne üble, neugierige Ratte ist und ich nicht wollte, dass sie zu viel von mir weiß.
Ich
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