Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
Vom Netzwerk:
Unannehmlichkeiten nichts auszumachen. »Wir sind außer Kontrolle«, erklärte er seinen Eltern am Telefon. »Die Dinge laufen wie von selbst. Nichts kann uns aufhalten.«
    Si mietete eine Büroetage in Redmond an. Alice tat so, als hätte sie es schon immer gewusst, aber Dan war sich weiterhin unsicher, was er davon halten sollte. In den Frühjahrsferien kam Ed von Stanford herüber, staunend und voller Neid. Er traf Simon in einem Café und sah sofort, dass sein Bruder immer noch ein kauziger Typ war, auch wenn er inzwischen einen schicken Pullover, eine schmale Krawatte und eine dunkle Brille trug. Simon schien gesundheitlich angeschlagen, besonders was seine Nasenhöhlen anging. Er berichtete Ed von trockenen Schleimhäuten, Kopfschmerzen, häufigem Nasenbluten und einem Hämmern im Ohr, wenn er sich überanstrengte. Er fürchtete sich davor, von den Leuten gehasst zu werden, die er in den letzten sechs Monaten entlassen hatte. Er versuchte sich auch mit Dingen außerhalb seines Berufs zu beschäftigen, um »eine gewisse Bodenhaftung zu behalten und nicht zu verkümmern«. Jedes neue Computerspiel, das auf den Markt kam, spielte er so lange, bis er es beherrschte. »Du begreifst ein Spiel erst, wenn du mit Leib und Seele dabei bist«, sagte er. »Dann siehst du, was der Designer draufhat. Du erkennst Dinge, die sonst unterbewusst bleiben. Einige von diesen Leuten sind wahre Genies. Es ist irgendwie faszinierend, für mich jedenfalls, ihre Cleverness und Kreativität zu spüren und zu sehen, wie sie den Spieler manipulieren. Inzwischen gibt es sogar schon die ersten wissenschaftlichen Theoretiker auf dem Gebiet. Und weißt du was? Ich kann dem nur voll und ganz zustimmen. Hier entsteht etwas wirklich Großes und Bedeutungsvolles. Es ist der Beginn des goldenen Zeitalters der Computerspiele. Ich muss mittlerweile gut überlegen, bevor ich grünes Licht für eine Spielidee gebe, und stets die Gesamtentwicklung im Blick behalten. Aber vergiss das alles. Für mich geht es vor allem um Kreativität. Das eigentliche Designen. Tatsächlich suche ich im Augenblick nach jemandem, der mir die geschäftlichen Dinge abnimmt, damit ich selbst wieder Spiele entwerfen kann.«
    GameKings Firmensitz war in der obersten Etage eines Gebäudes untergebracht, das Simon ironisch The Dark Tower nannte. Es ragte inmitten von schwarz geteerten Parkplätzen empor, und seine verspiegelte Fassade deutete auf eine Spaßfabrik hin. Was die landschaftliche Umgebung anging, war The Dark Tower eher schmucklos, abgesehen von einem Kunstobjekt vor dem Eingang: einer glänzenden, sechs Meter hohen Kugel, die im Wechselspiel mit dem Gebäude das Licht reflektierte. Als Simon und Ed gegen vier Uhr zu einer Führung durch die Geschäftsräume von GameKing eintrafen, erstrahlten das Gebäude und die Kugel wie auf Hochglanz poliert. »Kein Geniestreich, aber es gibt Schlimmeres«, sagte Simon, während er und Ed stehen blieben und das Kunstwerk betrachteten. »Nicht zu protzig, einfach nur schlichter Marmor. Zumindest müssen wir uns keine tiefsinnigen Gedanken machen, wenn wir das Gebäude betreten.«
    Sie fuhren mit dem Aufzug ins oberste Stockwerk. Die Aussicht bestand im wesentlichen aus Parkplätzen. Im Eingangsbereich hingeneine Reihe Trompe-l’Œil-Gemälde, die Simon bei einem ortsansässigen Künstler in Auftrag gegeben hatte. Sie zeigten Nick Fling in unterschiedlicher Aufmachung, der aus seiner Videowelt in vier reale Landschaften der Nordwestküste trat – den Regenwald, an den Mount Rainier, die Space Needle und den Puget Sound. »Ein Köder für die Handwerkskammer«, sagte Simon, »das zeigt den gewissenhaften Bürger und ist zugleich leichte Foyer-Kost für die Verkäufer.« Dann lief er schnurstracks, gefolgt von Ed, in sein Büro. »Willkommen in meiner Welt«, sagte er. »Von hier aus versuche ich, wohlgemerkt versuche, die Dinge ins Rollen zu bringen.«
    Die Einrichtung war spartanisch. Es gab zwei tiefe Sessel, die so standen, dass man auf die monotone Parkplatzlandschaft hinausblickte. Dazwischen war eine an der Wand befestigte Anrichte, die völlig überladen war, weil es kein weiteres Möbelstück im Raum gab, nicht einmal einen Schreibtisch. »Setz dich«, sagte Simon. »Ich muss kurz mit jemandem in der Welt da draußen telefonieren. Bin gleich wieder da. Genieße die Aussicht.«
    Ed sah sich die Anrichte genauer an. GamerTheory Journal . TechNews . Ein »Bewerberordner« mit Lebensläufen. Eine Spielanleitung für Enigma

Weitere Kostenlose Bücher