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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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echten Wolf wird.«
    »Es ist nur eine Phase«, antwortete Alice. »Er ist eben ein Teenager.«
    Die Phase verschärfte sich in Eds zweitem Jahr an der Highschool, obwohl seine Eltern nicht die leiseste Ahnung von Cannabis, Bier, LSD und Kokain hatten. Zum Teil lag das daran, dass Ed seine Drogenvorräte und das Zubehör an einem Ort versteckte, wo sie sie niemals finden würden, und zum Teil an Visine-Augentropfen, Kaugummi, Sonnenbrillen und Pfefferminzpastillen. Ed, der sich mehr und mehr mit den älteren Schülern einließ, wurde ein regelmäßiger Gast auf nächtlichen Privatpartys und bei Saufgelagen in den dunklen Winkeln öffentlicher Parks. An den meisten Abenden gab es jedoch nichts anderes zu tun, als bekifft oder betrunken oder auch beides mit Leuten in der Gegend herumzufahren, die einen Führerschein hatten. Eines Samstagnachts musste Dan um zwei Uhr früh bei strömendem Regen zu einer Polizeiwache fahren und Ed abholen, der kaum noch stehen konnte. »Wir reden später«, sagte Dan mit zusammengebissenen Zähnen auf der Fahrt nach Hause. »Im Augenblick ist es mir wichtiger, dass du nicht in den Wagen kotzt.« Was Ed prompt tat.
    Nach einem langen Gespräch mit Alice, das im Streit endete, gab Dan Ed vier Wochen Hausarrest. Eingesperrt in sein Zimmer, strich er sich durch seine Haartolle und zupfte an einer Gitarre, die er an einen gebrauchten Verstärker angeschlossen hatte. Zu Eds sechzehntem Geburtstag arrangierte Alice einen Sonntagsbruch im Roosevelt, wo sie und Dan Eggs Benedict und Räucherlachs aßen, während Simon Die Kinder des Wüstenplaneten las und Ed schwer verkatert schwarzen Kaffee trank, gähnte und ständig zur Toilette lief. Sie gaben ihm eine Karte, auf der »Wir sind stolz auf dich, Sohn« stand, und einen Scheck über zweihundert Dollar.
    Von der Summe, den Einnahmen von seiner Bar-Mizwa und dem Geld, das er durch den Verkauf von Shit verdient hatte, kaufte Ed sich einen 66er Pontiac GTO, in den er eine Achtspuranlage mit Quadrophonieklang einbaute. Da der Wagen eine hässliche grüne Farbe hatte, ließ Ed ihn schwarz umlackieren und klebte selbst Rennstreifen auf. Ed liebte es, im Sportsitz hinter dem Lenkrad zu sitzen, eine Hand am Steuerknüppel, und andere Fahrer herauszufordern. Genauso liebte er es, auf leeren Parkplätzen Schleuderwenden zu üben. Dan zahlte widerwillig die Kfz-Versicherung, und Alice gab Ed Spritgeld, wenn er danach fragte. Sie zahlte außerdem für seinen Gitarrenunterricht und den Karatekurs, für den Ed sich anmeldete, nachdem er Bruce Lee in Der Mann mit der Todeskralle gesehen hatte. Wie sich herausstellte, war Ed gut im Sparring, mit erstaunlich flinken Füßen für jemanden, der gut einen Meter neunzig groß war und zweihundert Pfund wog. Der Karateunterricht hätte einen Hoffnungsschimmer für Simon bedeuten können, weil Eds Sensei die Maxime »Gewinnen, ohne zu kämpfen«verfolgte. Stattdessen empfand Ed ein neues geschwisterliches Vergnügen daran, Simon wehzutun, unter dem Vorwand, ihm Tricks zur Selbstverteidigung beizubringen.
    Gegen Ende seines zweiten Highschool-Jahrs lernte Ed ein Mädchen namens Tracy Stolnitz kennen, die gerade ihren Abschluss an der Nathan Hale gemacht hatte und in einem mexikanischen Restaurant kellnerte. Sie trieben es das erste Mal auf dem Rücksitz von Eds GTO und danach den ganzen Sommer über so oft sie konnten. Tracy nahm nicht nur die Pille, sondern sie zeigte ihm Dinge, die er sich nicht hätte träumen lassen. Es mochte hübschere Mädchen in der Gegend geben, aber Tracy war schlagfertig und komisch, wenn sie mit ihrer Zigarette im Mund redete. Sie war nicht besonders auffällig, aber im Bett war sie eine Granate. Sie trug schwarzes Nietenleder und lehnte den Ellbogen stets aus dem Autofenster, weil sie so leichter die Asche von ihrer Zigarette schnippen konnte. Oder sie aschte in eine Bierflasche. Sie und Ed fuhren im Sommer zu Konzerten nach Vancouver, Portland und Spokane.
    Zum Ende des Sommers wollten sie noch einmal eine größere Tour machen. In The Dalles fand ein Rock-Festival statt, und ein Kumpel von Ed hatte ihm von einer Art Stonehenge-Kopie ganz in der Nähe erzählt. Freunde von Tracy hatten ein Haus in Pullman, wo sie einige Tage bleiben und von dort zu einem anderen Festival wollten. Auf dem Rückweg nach Seattle kannte Tracy an der Strecke ein paar Typen mit Trikes, mit denen sie in der Gegend herumfahren konnten. Dan und Alice erzählte Ed, er fahre zum Campen in die Blue Mountains, was

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