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Ed King

Ed King

Titel: Ed King Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Guterson
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letztlich gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt war.
    Mit Tracy an der Achtspuranlage rauschte Ed mit einhundertvierzig, manchmal auch mit über einhundertsechzig Sachen über den Highway in Richtung Osten. Am Nachmittag wechselte er den Benzinfilter auf einer Bergkuppe, während Tracy ihn mit einer Bierflasche in der Hand von hinten umarmte. Das Festival in The Dalles war ein Reinfall. Bei der Stonehenge-Nachbildung teilten sie sich eine Acid-Tablette. Später schliefen sie neben Pappeln unter freiem Himmel. Tracy trug bloß ihre schwarze Lederjacke und einen Mastodonzahn an einer Kette um den Hals, der vor Eds Gesicht baumelte, als sie sich aufihn legte. Ed hatte das Gefühl, in einem Traum zu leben, und dass dies der Höhepunkt seines Lebens sei.
    In Pullman besuchten sie mit Tracys Freunden das zweite Festival, zu dem sie eine Flasche Mezcal mit einem Agavenwurm am Flaschenboden und jede Menge anregender Thai-Sticks mitnahmen. Am nächsten Morgen gegen elf Uhr, nach einer letzten, verkaterten Nummer, starteten sie in Richtung Westen, die Anlage aufgedreht, während Ed mit Vollgas durch die sanfte Hügellandschaft von Palouse brauste. Die Strecke führte über abgelegene Straßen durch endlose Weizenfelder. Sie sahen Farmen, aufgereihte Landmaschinen und Ackergeräte, Scheunen, Ställe und Eisenbahngleise, aber kaum eine Menschenseele. Hin und wieder entdeckten sie eine riesige Landmaschine auf einem Feld, meistens so weit entfernt, dass sie aussah wie ein Spielzeug. Einmal kamen sie an einem Farmer auf einem Traktor vorbei, aber ansonsten war die Gegend menschenleer. Ed nutzte die Gelegenheit für eine Spritztour über namenlose Schotterpisten ohne Beschilderung, eine Staubwolke wie ein Tornado hinter sich herziehend. Einige Straßen hatten Spurrillen und konnten mit maximal sechzig Stundenkilometern befahren werden, aber Ed donnerte mit einhundertfünfzig und schlitterndem Heck darüber, Schlaglöchern ausweichend und nach Kreuzungen Ausschau haltend, auf denen er seine Schleuderwenden vorführen konnte. »Pass auf!«, sagte er, worauf Tracy sich festhielt und Ed den GTO in einer Wolke aus Staub und aufspritzendem Schotter quer über die Fahrbahn schlittern ließ, die beiden inneren Räder beinahe in der Luft. Johlend und schreiend brachte er den Wagen in einer auslaufenden Schlangenlinie unter Kontrolle, um anschließend in entgegengesetzter Fahrtrichtung zu beschleunigen und wild durch die Gänge zu schalten.
    Sie gelangten auf eine zweispurige, sich in weiten Bögen durch Weizenfelder ziehende Straße, die von Stromleitungen gesäumt wurde. Ed nahm sie, als wäre es die Rennstrecke von Indianapolis, und beschleunigte zweimal von null auf hundert, war aber mit dem Ergebnis unzufrieden. Tauben flatterten von der Straße auf oder flüchteten von den Stromleitungen, und Spreu wirbelte am Straßenrand auf. Nach wie vor war kein anderes Fahrzeug zu sehen, sodass Ed den Wagen aufseine persönliche Bestmarke von zweihundertzwanzig Stundenkilometern hochzog. Zufrieden hielt er an einer verlassenen Scheune und stieg aus, um zu pinkeln, während Tracy bei laufendem Motor und dröhnender Musik im Auto sitzen blieb.
    Er betrachtete die vermeintlichen Überreste einer Kornmühle und lenkte seinen Strahl auf einen Stapel ausgeblichener Balken, als sich ein BMW mit dem surrenden Klang eines kleinen Motors näherte. Der Fahrer umkurvte Eds Wagen, drückte auf die Hupe und zeigte Ed den Mittelfinger. »Was ist mit dem los?«, dachte Ed und erwiderte die Geste mit beiden Händen. Dann zog er den Reißverschluss zu, stieg ein und sagte zu Tracy: »Weißt du was? Der Typ ist erledigt.«
    Ein paar Minuten lang klemmte er sich dicht hinter den Wagen und verfluchte dessen Fahrer gemeinsam mit seiner nervös lachenden Freundin, aber der Kerl fuhr hartnäckig unter hundert, außer wenn sich eine Überholmöglichkeit bot und er beschleunigte, damit Ed nicht vorbeikam. Danach ging er wieder runter auf hundert und zeigte Ed immer wieder den Finger. »Was hat das Arschloch vor?«, fragte Tracy.
    »Den kaufe ich mir«, antwortete Ed. »Der Typ ist am Arsch.«
    Schließlich kamen sie zu einer langen Geraden zwischen Weizenfeldern. »Okay«, dachte Ed. »Los geht’s. Mir zeigt keiner ungestraft den Finger.« Dann trat er das Gaspedal durch und schwenkte mit heulendem Motor auf die Gegenfahrbahn. Im nächsten Moment war er auch schon auf gleicher Höhe mit seinem Rivalen und blickte zu ihm hinüber: irgend so ein arroganter,

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