Ed King
frostigen Nachtluft ungestört über den Präsidenten herziehen konnten. Ms Klein sagte, Reagan sei ein Handlanger Hoovers gewesen und habe dafür gesorgt, dass schwule Schauspieler ausspioniert und auf eine schwarze Liste gesetzt wurden. Ed erwiderte, wenn er Reagan sehe, erkenne er in ihm einen gebrechlichen, mit Rouge geschminkten schwulen Schauspieler. Vielleicht, fügte er hinzu, erkläre das einiges.
Beim Anblick von Ms Klein im jetzt offenen Mackintoshmantel, den engen Blue Jeans, Wollsocken und Mary-Jane-Schuhen, vor allem aber ihrem Rüschentop, dessen Bund gleich unter der Brust saß und Eds Aufmerksamkeit automatisch auf ihren üppigen Busen lenkte, bekam Ed trotz der Kälte eine Erektion. Unter den eisigen Sternen der Steppe, den stechenden Geruch gefrorenen Salbeis in der Nase, genoss er den Anblick seiner Lehrerin, die unter dem Licht einer Natriumdampflampe stand und vor Kälte mit den Zehen wippte. Sie war mindestens fünfzehn Jahre älter als er, aber zum ersten Mal, seit er sie kannte, kam es ihm vor, als sollte ihn dies nicht daran hindern, bei ihr vorzufühlen. Tatsächlich war es gerade der Altersunterschied, wie er mit Freuden erkannte, der ihn anstachelte, sich der leidenschaftlich ihre politischen Überzeugungen vertretenden Ms Klein zu nähern.
Um zehn Uhr trafen sie im Holiday Inn in Spokane ein, das fest in der Hand der Wettbewerbsteilnehmer war. Schüler wanderten pitschenass zwischen einem kleinen Innenpool und einem an der Decke aufgehängten Fernseher in der Lobby hin und her, sprangen in den Fluren von einem Zimmer zum anderen, hingen in Trauben lärmend vor Spielautomaten herum, rannten die Treppen rauf und runter und kicherten verstohlen im Aufzug. Yaels Zimmernachbarin, Linda Dorman, ging schwimmen, sodass Ed die Tür abschloss und ein Gummi hervorzog. Als Linda zurückkam, war die Tür unverschlossen und er und Yael saßen unschuldig vor dem Fernseher. Er sagte gute Nacht und ging.
Ed teilte sich ein Zimmer mit Simon. Simon hatte die Angewohnheit, zum Schutz vor Keimen in den Hotellaken komplett angekleidetauf dem Bett zu liegen und fernzusehen. Ed machte sich einen Spaß daraus, ihn mit Fragen zu provozieren wie: »Also, wen an der Schule würdest du denn gerne bumsen?« Er war gerade dabei, Si aufzuziehen, als Ms Klein um elf Uhr an die Tür klopfte und sie daran erinnerte, morgen früh pünktlich um acht in der Lobby zu sein und sich rechtzeitig schlafen zu legen. Sie redete wie eine Mutter, die ihre Kinder flüsternd ans Zubettgehen mahnte. Ihre nackten Füße steckten in Flipflops, und man sah ihre lackierten Zehennägel. Ed dachte einen Moment nach und sagte, er brauche den Schlüssel für den Bus, weil er seinen Taschenrechner auf der Rückbank liegen gelassen habe. Ms Klein erwiderte, das sei nicht möglich, weil sie die Schlüssel nicht aus der Hand geben dürfe. »Dann gehen wir eben zusammen«, schlug Ed vor.
Ms Klein blickte Si an, als wollte sie sich von dessen Arglosigkeit überzeugen, während sie gleichzeitig über Eds Vorschlag nachdachte. Dann sagte sie: »Also gut, ich hole meinen Mantel.«
»Super«, sagte Ed. »Ich begleite Sie.«
Beim Blick in ihr Zimmer stellte Ed fest, dass Ms Klein eine Ordnungsfanatikerin war. Ihre Reisetasche stand mit zugezogenem Reißverschluss auf dem Kofferständer, der Mantel hing an der Wand, der Reisewecker war aufgeklappt und ihre Kulturtasche stand neben dem Waschbecken. Einzig ein Kaugummipäckchen und ein zusammengeknülltes Papier auf dem Nachttischchen störten den perfekten Eindruck. Das Zimmer roch wie Ms Klein, nach Parfüm und weiblichen Hormonen.
Als Ms Klein den Reißverschluss ihrer Tasche aufzog, um ein Paar Socken herauszunehmen, erhaschte Ed einen Blick auf pinkfarbene Unterwäsche. Sie saß auf dem Bett und schlüpfte in einen Schuh. Die Choreographie ihrer Bewegungen spornte Ed an. Doch andererseits war es vielleicht besser, nicht durch einen fehlgeschlagenen Annäherungsversuch eine dauerhafte Verlegenheit zwischen ihm und Ms Klein entstehen zu lassen. Aber ihr plötzlich zu beobachtender Exhibitionismus, die Art, wie sie ihren Fuß bog und in die Socke schlüpfte, diese hochzog, den zweiten Schuh überstreifte, die lockigen Fransen aus der Stirn schüttelte und sich mit den Zähnen auf die Unterlippe biss,schien ihn unmissverständlich dazu aufzufordern, weiterzumachen. Was sollte er tun?
Sie gingen hinaus. Im Flur, in der Lobby und auf dem Parkplatz verfolgte Ed interessiert, wie Ms Klein
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