Ed King
demütigen Geste hin, als handelte es sich um eine Opfergabe. »Nimm die Karten«, sagte sie. »Und formuliere eine Frage, eine persönliche Frage, die dir wirklich wichtig ist, und wiederhole sie im Stillen, während du die Karten sorgfältig ineinanderschiebst.«
»Wer hat Ihnen die Geheimnisse des Tarots beigebracht?«
»Sarkasmus soll oft nur etwas verbergen«, antwortete die Leserin, »ist es nicht so, Fragesteller?«
»Sind Sie auch Psychiaterin?«, fragte Ed.
Die Tarotleserin wirbelte einen Pashminaschal durch den Rauch, als wollte sie die gereizte Atmosphäre zwischen ihnen vertreiben. Ed begann die Karten zu mischen. Sie waren länger, aber genauso breit wie normale Spielkarten und auf der Rückseite mit einem Sternenhimmel bedruckt. Ed sah blinzelnd auf das Muster, während die Karten durch seine Finger glitten. »Denkst du auch an deine Frage?«, fragte die Leserin. »Du musst jetzt fest an deine Frage denken und sie beim Mischen im Stillen immer wieder aufsagen.«
»Ach ja«, sagte Ed. »Habe ich ganz vergessen.«
Ed hatte fertig gemischt. »Nun lege drei Stapel«, erklärte die Leserin. »Den ersten legst du links von dir ab, den zweiten in die Mitte und den dritten rechts von dir – nur zu.«
»Drei Stapel«, sagte Ed und verteilte die Karten.
Dann übernahm die Leserin wieder. Sie schob den Ritter der Stäbe in die Mitte des Tischs, schob die anderen Karten zusammen, blickte Ed an und legte eine Karte quer über den Ritter der Stäbe. »Der Narr«, sagte sie. »Auf dem Kopf stehend.«
»Stimmt«, sagte Ed. »Der Narr auf dem Kopf.«
»Der Ritter der Stäbe, gekreuzt mit dem umgekehrten Narren«, sagte die Leserin, legte eine weitere Karte über die beiden anderen und sagte: »Fünf Kelche als Krone.«
»Genau«, sagte Ed.
»Die Kraft umgekehrt«, fuhr die Leserin fort und legte die Karte mit besonderer Sorgfalt auf die Tischplatte. »Rechts vom Ritter der Stäbe; sie steht für die entfernte Vergangenheit.«
»Ich war vor ewigen Zeiten mal Superman«, sagte Ed. »Das erklärt die Sache.«
Die Leserin sagte: »Die fünfte Karte kommt unter beziehungsweise südlich vom Ritter der Stäbe. Sie bezieht sich auf Ereignisse der jüngsten Vergangenheit, und bei dir ist es« – sie legte eine Karte auf den Tisch – »das Ass der Münzen.«
Ed verkniff sich eine weitere geistreiche Bemerkung. Die Tarotleserin deckte die nächste Karte auf. »Die sechste Karte kommt nach links. Sie zeigt die nähere Zukunft, die kommenden Jahre. Die Neun Kelche – das ist sehr vielversprechend.« Als Nächstes fuhr sie mit der flach ausgestreckten Hand über die Karte, wie ein Zauberkünstler, der ein Kaninchen aus einem Hut zaubert. »Und das ist es auch schon«, sagte sie. »Das keltische Kreuz.«
»Wow«, sagte Ed.
Die Tarotleserin ignorierte ihn. »Karte Nummer sieben«, sagte sie, »kommt hierher. Außerhalb des Kreuzes, unten zu meiner Rechten. Sie spiegelt die gegenwärtige Einstellung des Fragestellers wider, bezogen auf die von ihm gestellte Frage, und es ist« – sie drehte die Karte um – »der Gehängte umgekehrt. Karte acht«, fuhr sie fort, »kommt gleich über die sieben. Sie bezeichnet den Einfluss anderer Personen. Das, was deine Freunde und deine Familie bezüglich deiner Frage vielleicht denken. In deinem Fall« – sie drehte eine weitere Karte um – »ist es der Ritter der Schwerter, was interessant ist, ausgesprochen interessant, weilder Ritter der Schwerter unterschiedliche Bedeutungen haben kann. Ob positiv oder negativ, kann ich nicht sagen. Und damit kommen wir zur neunten Karte, die deine Emotionen anzeigt. Nicht deine zynische und sarkastische Fassade, sondern deine tatsächlichen Hoffnungen und Ängste, deine Sehnsüchte, dein inneres Selbst. Und diese Karte ist für dich« – sie drehte eine Karte um –, »der Einsiedler. Umgekehrt.«
»Tatsächlich«, sagte Ed in dem einmal angeschlagenen Tonfall. »Der Einsiedler umgekehrt.«
»Die letzte Karte«, sagte die Leserin. »Das, wohin dein Anliegen führt.« Sie drehte eine Karte um und legte sie auf den Tisch. »Und deine letzte Karte ist«, sagte sie, »der Tod.«
»Großartig«, sagte Ed, sein Unbehagen überspielend. »Genau aus diesem Grund mag ich kein Tarot.«
»Wie lautete die Frage? Jetzt musst du sie mir sagen.«
»Was machen Sie später am Abend?«
»Das war die Frage?«
»Um ehrlich zu sein, ja.«
Unten verklang Somebody to Love . Aus dem Saal war Beifall zu hören. Die Leserin warf ein Schalende
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